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Repertorium für Kunstwissenschaft — 2.1879

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Vögelin, Friedrich Salomon: Ergänzungen und Nachweisungen zum Holzschnittwerk Hans Holbeins des Jüngeren
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https://doi.org/10.11588/diglit.61799#0262

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190 Vögelin: Ergänzungen u. Nachweisungen z. Holzschnittwerk H. Holbeins d. J.
Hirsch aus der Vorlage herübergenommen. Im äussere Kreis ist zunächst der
segnende Gott Vater frei und schön umgestaltet, namentlich aber sind die im
Augsburger Holzschnitt ganz einförmigen und sämmtlich mit gefalteten Händen
dastehenden Engel aufs mannigfaltigste belebt. Die obere Hälfte derselben betet
den Schöpfer an, die untere lässt, wieder von betenden unterbrochen, die
himmlische Musik (Orgel, Guitarre, Dreiangel, Posaunen, Trompete, Geige, Horn
und Harfe) erklingen. Endlich die vier die Ecken füllenden Winde sind bei
Holbein nicht nach auswärts, sondern dem Bilde zu gekehrt und blasen mit
gewaltiger Kraft in dasselbe hinein. Die Vortrefflichkeit dieses Holbeinischen
Bildes tritt erst in ihr volles Licht, wenn man die alterthümlich steife Vorlage
kennt, an die dasselbe gebunden war.
Abraham kniet vor den drei Engeln. W. 172. Auch «dieses
Bild schliesst sich in der Disposition — rechts der Baum, dann die drei neben
einander stehenden Engel, dann Abraham, dann die offene Pforte seines stei-
nernen Hauses ohne die lauschende Sara — an die Vorlage an, hält sich aber
in der Zeichnung an das Bild, das sich in Kobergers Lyoner Ausgaben der
Vulgata von 1518, 1520, 1521 und 1522 findet (s. unten).
Das Passamahl. W. 173. Eine völlig freie, Holbein ganz eigen-
thümliche, darum auch so überaus derb gerathene Komposition.
Kleine Nachschnitte dieses Bildes:
a. (Ein flare lluberrid^tung vom ZTacbtmal Cfyrifti burd? Ejulbry^en
(gjivinglt tiitfd) (als vormals nie) etc. (Bebrmft 311 ^iiridj burcfy 3°^anfert
E)ager im M. D. XXVI. Als obere Leiste des Titelblattes verwendet, sehr
gering.
b. Froschauers Deutsche Bibel. Zürich 1531 und in den folgenden Auf-
lagen (s. unten) von der Gegenseite; besser als die vorige Kopie, aber eben-
falls sehr reducirt.
Nadab und Abihu vom Feuer verzehrt. W. 174. Diese Kom-
position schliesst sich wiederum aufs Engste an die Ausgsburger Vorlage an;
während aber diese durch die Unbehülflichkeit der Zeichnung komisch wirkt,
ist bei Holbein mit scheinbar geringer Veränderung Alles Leben und Bewegung-
geworden.
Bileams Eselin. W. 175. Gleichfalls, selbst im Kostüm, dem Vorbild
genau angepasst. Das Bild ist freilich im Schnitt so gering und unholbeinisch
herausgekommen, dass es nicht wie die übrigen von Holbein selbst auf den
Holzstock kann gezeichnet worden sein.
Es ergiebt sich somit, dass sämmtliche fünf Holbeinische Bilder dem
ersten, im Ghristmonat 1523 erschienenen Theil dieses Alten Testamentes
angehören, wonach Weltmanns Datum 1524 (unter Nr. 171 und 172—175
p. 180 also zu korrigiren ist.
Warum aber erhielt oder übernahm Holbein nur den Auftrag für diese
fünf Bilder zum Alten Testament? Die Antwort liegt wohl darin, dass er für
dasselbe Thema gleichzeitig von anderer Seite her engagirt war.

(Schluss folgt)
 
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