Ausstellungen und Versteigerungen.
Loudon. Die Leihausstellung der Royal Academy von 1902.
Die diesjährige Winter-Ausstellung in der Academy war wieder eine
Leihausstellung im gewohnten Stile. Rembrandt und v. Dyck zu ehren,
war man in den letzten Jahren von der Tradition abgewichen. Dies-
mal gab es wieder jenes bunte Durcheinander, das der Veranstaltung
charakteristisch ist und einen Theil ihres Reizes ausmacht. Die Kunst
des XVIII. Jahrhunderts fehlte fast ganz-, englische Gemälde waren aus-
geschlossen worden. Im Uebrigen aber erstreckte sich das Dargebotene
in reicher Mannigfaltigkeit über Zeiten und Länder. In der improvi-
sirten Gemäldegalerie bot die dem Claude de Lorraine gewidmete
Sonderausstellung einen Ort der Ruhe und der Sammlung. Das Ganze
war vielleicht nicht so vornehm wie in früheren Jahren. Die Amerikani-
sirung, die auf dem Kunstmarkt seit einiger Zeit immer stärker fühl-
bar wird, war zum ersten Mal in der Academy zu spüren. Der aristo-
kratische Besitz war zwar noch stattlich genug vertreten, daneben aber
wurde allerlei gezeigt, was noch kurz vorher auf dem Markte gewesen
war. Einige Monstre-Erwerbungen der letzten Zeit gaben der Ausstellung
den Charakter des Sensationellen, wie Pierpont Morgan’s Bilder, die, die
Herrschaft des Dollars symbolisirend, äusserst effectvoll und central aufge-
stellt waren. Der „Colonna-Raffael“ (Nr. 85), der wahrscheinlich bald und
für immer Europa verlassen wird, konnte noch einmal betrachtet werden.
Die grosse Tafel ist doch im Wesentlichen gut erhalten. Die beiden
Cassone-Stücke, deren Verkauf aus der Casa Torrigiani wegen des enormen
Preises Aufsehen gemacht hat, Arbeiten des Francesco Pesellino (Nr. 10, 18,
Lady Wantage), wurden trotz der wirren Composition und der mittelmässigen
Erhaltung eifrig bewundert. Von Pierpont Morgan und der Lady Wantage ab-
gesehen, hatte namentlich Sir Frederick Cook viele Gemälde beigesteuert.
Ich begnüge mich damit, die kunstgeschichtlich bemerkenswerthen
Stücke hier zu notiren, besonders diejenigen, die verhältnissmässig wenig
bekannt sind, diejenigen auch, in deren Beurtheilung ich von den Angaben
des Kataloges abweiche.
Von den Hauptmeistern der Florentiner Frührenaissance war
Botticelli im Kataloge vertreten mit einem schwerfälligen Altarbilde,
der Dreieinigkeit mit dem Täufer und Maria von Aegypten (Nr. 152,
Loudon. Die Leihausstellung der Royal Academy von 1902.
Die diesjährige Winter-Ausstellung in der Academy war wieder eine
Leihausstellung im gewohnten Stile. Rembrandt und v. Dyck zu ehren,
war man in den letzten Jahren von der Tradition abgewichen. Dies-
mal gab es wieder jenes bunte Durcheinander, das der Veranstaltung
charakteristisch ist und einen Theil ihres Reizes ausmacht. Die Kunst
des XVIII. Jahrhunderts fehlte fast ganz-, englische Gemälde waren aus-
geschlossen worden. Im Uebrigen aber erstreckte sich das Dargebotene
in reicher Mannigfaltigkeit über Zeiten und Länder. In der improvi-
sirten Gemäldegalerie bot die dem Claude de Lorraine gewidmete
Sonderausstellung einen Ort der Ruhe und der Sammlung. Das Ganze
war vielleicht nicht so vornehm wie in früheren Jahren. Die Amerikani-
sirung, die auf dem Kunstmarkt seit einiger Zeit immer stärker fühl-
bar wird, war zum ersten Mal in der Academy zu spüren. Der aristo-
kratische Besitz war zwar noch stattlich genug vertreten, daneben aber
wurde allerlei gezeigt, was noch kurz vorher auf dem Markte gewesen
war. Einige Monstre-Erwerbungen der letzten Zeit gaben der Ausstellung
den Charakter des Sensationellen, wie Pierpont Morgan’s Bilder, die, die
Herrschaft des Dollars symbolisirend, äusserst effectvoll und central aufge-
stellt waren. Der „Colonna-Raffael“ (Nr. 85), der wahrscheinlich bald und
für immer Europa verlassen wird, konnte noch einmal betrachtet werden.
Die grosse Tafel ist doch im Wesentlichen gut erhalten. Die beiden
Cassone-Stücke, deren Verkauf aus der Casa Torrigiani wegen des enormen
Preises Aufsehen gemacht hat, Arbeiten des Francesco Pesellino (Nr. 10, 18,
Lady Wantage), wurden trotz der wirren Composition und der mittelmässigen
Erhaltung eifrig bewundert. Von Pierpont Morgan und der Lady Wantage ab-
gesehen, hatte namentlich Sir Frederick Cook viele Gemälde beigesteuert.
Ich begnüge mich damit, die kunstgeschichtlich bemerkenswerthen
Stücke hier zu notiren, besonders diejenigen, die verhältnissmässig wenig
bekannt sind, diejenigen auch, in deren Beurtheilung ich von den Angaben
des Kataloges abweiche.
Von den Hauptmeistern der Florentiner Frührenaissance war
Botticelli im Kataloge vertreten mit einem schwerfälligen Altarbilde,
der Dreieinigkeit mit dem Täufer und Maria von Aegypten (Nr. 152,