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Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

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Schaeffer, Emil: Über Andrea del Castagno's "uomini famosi"
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https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0184

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Ueber Andrea del Castagno’s „uomini famosi“.
Von Emil Schaeffer.
Die Bildnisse antiker Imperatoren und berühmter Helden waren, be-
sonders in Oberitalien, seit dem Trecento ein beliebter Schmuck herrschaft-
licher Prunkräume.1) Der Blick kleiner Tyrannen mochte gern auf jenen
Lichtgestalten ruhen, denen sie von gelehrten Schmeichlern sich oft ver-
glichen hörten. Die Heroen der Vergangenheit wurden gleichsam zu
Fürsten gestempelt, ihre Bildnisse beinahe wie Portraits von Ahnen be-
trachtet. Das ging im demokratischen Florenz nicht an; es führte kein
Weg aus dem Studio eines reichen Banquiers zum Throne des Augustus
oder gar in Simson’s Lager. Das Selbstgefühl des freien florentiner
Bürgers aber war nicht weniger hoch gespannt als das eines Orsini oder
Tyrannen von Verona, und als Andrea del Castagno den Auftrag er-
hielt, den Saal einer Villa zu Legnaja2) mit den Bildnissen „berühmter
Männer“, sog. „uomini famosi“ zu schmücken, da malte er nicht die
stammesfremden Helden der Griechen, Römer oder Juden, sondern Männer,
die, auf toscanischem Boden geboren, Florenz zum Ruhm gereichten. Drei
Krieger und drei dichtende Gelehrte, — sämmtlich florentinischen Ur-
sprungs — hatte Castagno darzustellen, ferner die cumäische Sibylle, die
Königin Tomyris und — als Halbfigur über dem Portal — Esther, des
Ahasverus kluge Gattin. Der Ideengehalt dieser frühesten und vor-
nehmsten Offenbarung des florentiner Privatgeschmackes ist leicht zu er-
fassen: Ein Florentiner soll, demüthig vor Gott, aber seine politische Un-
abhängigkeit wahrend, der Waffentüchtigkeit die Pflege der Wissenschaften
gesellen. Heute sind die einzelnen Portraits, von einander losgelöst, auf
drei Wände des Museo di St. Apollonia vertbeilt. Ihre ursprüngliche An-
x) Ueber „uomini famosi“ s. Schubring im Repert. für Kunstw. XXIII. 1900,
p. 424 und des nämlichen Verfassers Giottino im Jahrbuch der königl. Preuss.
Kunstsammlungen XXI, Heft 3, p. 161, ferner de Blasii’s „Immagini di uomini
famosi“ etc., in „Napoli nobilissima“ 1900, fase. V, p. 65 f. und W. Weisbach
„Pesellino“, Berlin 1902, p. 23.
2) Als Besteller der Fresken galt stets auf Grund einer alten Tradition, der
bereits Albertini folgte (s. Crowe u. Cav., deutsche Ausgabe II, p. 443), Pandolfo
di Gianozzo Pandolfini. Laut Carocci „Dintorni di Firenze“ 1881, p. 180 waren
aber im Jahre 1427 die Strozzi im Besitz der Villa und erst im Jahre 1607 hätten
sie die Pandolfini von den damaligen Eigenthümern, den Jacopi erworben.
 
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