Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

DOI Artikel:
Bruck, Robert: Der Tractat des Meisters Antonio von Pisa über die Glasmalerei
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0255

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
R. Bruck: Der Tractat des Meisters Antonio v. Pisa über die Glasmalerei. 241
eine vorgerückte Phase in der Entwicklung der Glasmalerei bedeutet,
und in der sich durch neue Erfindungen die Technik derselben völlig um-
gestaltet hat. Für das Ausführliche über die Entwicklung und die Ge-
schichte der Glasmalerei, die in drei Phasen eingetheilt wird, verweise
ich auf das Buch von Oidtmann1) und auf den ersten, einleitenden Theil
meiner Arbeit über die elsässische Glasmalerei.2)
Für die zweite Phase, die Periode des Silbergelb, des bunten
Emails und des neu in Gebrauch gekommenen Ueberfangglases ist nun
unser Tractat bezeichnend, weil wir für diese in ihm eine getreue Werk-
stattüberlieferung besitzen, wie solche an und für sich selten sind, eine
für die Glasmalerei aber aus dieser Zeit, meines Wissens, überhaupt nicht
bekannt ist. Jeder Meister in früheren Jahrhunderten bewahrte seine
Kunst und die hierfür nöthigen Arbeiten und Recepte streng als sein Ge-
heimniss und vertraute dieselben nur mündlich seinem Sohne oder seinem
Gesellen, als Nachfolger, an. —-
Die Resultate, die wir aus dem wichtigen Tractate gewinnen, sind
einerseits Hinweise auf die Verfertiger der Glasfenster in S. Francesco
in Assisi, über die Thode in seinem Buche „Franz von Assisi“, Berlin 1885,
Seite 445 u. flg. des Näheren gehandelt hat, andererseits werthvolle Auf-
schlüsse über die Glasmalerei in technischer Hinsicht.
Antonio da Pisa giebt in seinem Tractate bei der Anfertigung eines
zu malenden Altares die Vorschrift, durch verschiedenfarbige Gläser, Basis,
Schaft und Capitell und bei Figuren die verschiedenen Gewänder und
daran wieder den Gewandumschlag, durch welchen die innere Fütterung
des Kleidungsstückes sichtbar wird, zu unterscheiden. Diesen Gebrauch
können wir bereits bei den romanischen Fenstern als durchgehend ge-
bräuchlich constatiren, besonders, dass zur Basis und zum Capitell stets
in Nachahmung von Vergoldung gelbes Glas angebracht wurde. Zur
Nachahmung von Holz, wie beispielsweise bei der Darstellung des Ge-
kreuzigten, wurde in früher Zeit ausschliesslich helles gelbes Glas, später
aber auch grünes Glas, schon deshalb verwandt, um den fleischfarbenen
Körper sich gut vom Holze abheben zu lassen.
Die Felder d. h. der Hintergrund, von dem sich die Figuren ab-
zeichnen sollen, wurden, wie es auch Antonio da Pisa anordnet, in guter
Zeit stets aus blauem Glase hergestellt, das durch Aufmalung mit Schwarz-
loth eine Musterung (Rauten, Granatapfel) erhielt. Bemerkt sei, dass, als
später das Roth oder ein silbernes Weiss an die Stelle von Blau trat, die
Glasgemälde ungemein in ihrer ruhigen harmonischen Wirkung verloren.
Bei der Anordnung der Blattumrahmung waren von früher Zeit an
gewisse ästhetische Gesetze massgebend. Die gemalte Blattumrahmung
soll dem Auge des Beschauers gewissermassen ein stiller Führer bei Be-
trachtung des Glasgemäldes sein. Daher wurde auch der einfarbige
(meist weisse) Einfassungsstreifen in verschieden langen Stücken an-
Dr. H. Oidtmann. »Die Glasmalerei.“ Bd. I. Köln a. Rh. 1898.
2) Dr. Robert Bruck. »Die Elsässische Glasmalerei.“ Strassburg. 1902. S. 1—12.
 
Annotationen