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Repertorium für Kunstwissenschaft — 25.1902

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Jacobsen, Emil: Italienische Gemälde im Louvre, [2]: kritische Notizen zu den im neuesten Katalog angeführten Bildern, sowie zu den vielen neuen Erwerbungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61695#0306

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292

Emil Jacobsen:

Venezianische Schule. XVI. Jahrhundert. 521. Männliches
Portrait. Schule Tizian’s. — 522. Reichgekleidete junge Frau. Um den
Hals ein Band, worin mehrmals die Buchstaben C A und B I eingeflochten
sind. Die Hände sichtbar. Die Gesichtszüge mit ausdrucksvoller Härte ge-
zeichnet. Sie macht den Eindruck, als ob ein schmerzlicher Gedanke sie
bewege; ganz verloren und wie im Augenblicke der Welt völlig entrückt
blickt sie vor sich hin. Solche seelischen Zustände malt Lorenzo Lotto
gern, aber die Behandlungsweise passt nicht auf ihn. Es ist noch nicht
gelungen, das räthselhafte Bildniss mit Sicherheit zu bestimmen. Crowe
und Cavalcaselle haben Buonconsiglio als Autor genannt. Morelli glaubt
dagegen den Meister in Bartolommeo Veneto zu erkennen. Auf diese letztere
Bestimmungpasst in derThat Verschiedenes. So werden die beiden Hände
mit einer gewissen Pretention gezeigt, was bei Bartolommeo sehr häufig
der Fall ist. Auch die flachen, parallel und horizontal laufenden Falten
haben Aehnlichkeit mit der Faltenlage in seiner bezeichneten Madonna in der
Galerie zu Bergamo. Andererseits kann der seelische Ausdruck vielleicht An-
lass zu Bedenken geben, da Bart. Veneziano, wie die meisten Portraitmaler,
gewöhnlich seine Modelle im Momente vollständiger Seelenruhe abconterfeite.
Venturi, der sich, wie bekannt, sehr eingehend mit Bartolommeo beschäftigt hat,
will diese Zuschreibung nicht anerkennen. Die Technik scheint ihm nicht
die desMeisters, namentlich scheinen ihm die mit so grosser Kunst modellirten
Hände mit den durchscheinenden blauen Adern und so leuchtend in ihrer

rosigen Carnation abzuweichen. Er wurde eher an die Art und Weise Lorenzo
Costa’s erinnert. — 667. Frauenportrait. In der Art oder Copie nach Polidoro
Lanzani. — 1674 a. Salome empfängt die Schüssel mit dem Haupte
Johannes’. Sehr reich im Colorit und mit einem Schwung in’s Phantasti-
sche. Mit Polidoro Lanzani sehr verwandt. Neuere Erwerbung, nicht im
Katalog. — 1674 E. Maria in der Glorie. Unter dem Einflüsse Paolo
Veronese’s. Mit Brusasorci verwandt.
Norditalienische Schule. 2721. Verkündigung mit Heiligen
(Triptychon). Maria, in ihrem Betstühle knieend, wird von dem ver-
kündigenden Engel so erschreckt, dass sie, um nicht zu Boden zu fallen,
die hinter ihr stehende Säule angstvoll umfasst. Die Heiligen auf den
kleineren Seitentafeln unterhalten sich lebhaft. Der dicke, verkündigende
Engel schwimmt, auch in seiner Form fischähnlich, durch die Luft. Die helle,
blaugrüneLandschaft leicht hingetuscht. Sehr viel Gold, namentlich am Kleide
Maria’s und am Betstuhl. Sonderbar die vielen kleinen Falten und Faltengrüb-
chen im Kleide Maria’s, die so aussehen, als ob sie rasch mit dem Finger
in nassen Thon eingezeichnet wären. Das Ganze sehr terre ä terre ge-
malt, handwerksmässig, aber nicht ohne eine gewisse Originalität. Mary
Logan hat auf die Aehnlichkeit des Bildes mit einem Altarwerk im Dom
zu Savona, bezeichnet LVDOVICVS BREA DE NIZZA und 1495 datirt,
hingewiesen und diesem Meister das Bild zugeschrieben. Diese Annahme
wird auch dadurch gestützt, dass das Bild aus Genua stammt, wo Brea
lange thätig gewesen ist. Ich habe in meinem Aufsatze im Archivio
 
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