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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 7
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Rüttenauer, Benno: Kölner Ausstellung 1906: die Sonderausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0020

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KÖLNER AUSSTELLUNG 1906.
sich den Forderungen des Dekorativen fügen
und solche Kunstwerke schaffen, die ais nie
ermüdender und immer erfreuender Schmuck
unserer Räume einem sozusagen praktischen,
wenn auch keineswegs banausischen Zweck
dienen: der inneren und äußeren Verschönerung
unserer Lebensführung und Lebensgestaitung.
Wenn man bedenkt, daß in den größten Jahr-
hunderten der Maierei überhaupt nichts ohne
Hinbiick auf diesen Zweck gemalt worden ist,
wird man sich nicht wundern, daß die moderne
Malerei, die eben diesen Zweck und das ihm
zugrunde iiegende Bedürfnis fast ganz aus dem
Auge verioren hat, in Haltlosigkeit verfäilt, so-
baid sie sich nicht auf außerordentiiche Talente
stützen kann.
* *
*
Es ist unmögiich, im Zusammenhang mit
diesen Betrachtungen nicht von Ludwig Diil zu
reden. Von alien unsern modernen Maiern be-
tont er am stärksten den dekorativen Sinn der
Malerei. Seine Bilder sind wahre Schmuck-
stücke.
Diii war einst ein Führer in der Münchener
Sezession, wo man Naturwahrheit, Wahrheit
gegenüber den differenziertesten Tönen in der
Natur als oberste Forderung aufgestelit, ais
höchste moderne Errungenschaft ausgerufen
hatte. Er hat sich heute weiter als irgend einer
von diesen impressionistischen Forderungen ent-
fernt. Die Natur ist ihm nur noch ein Vorwand.
Wer möchte sagen, wo er die matten morbiden
Moiitöne hernimmt, mit denen er seine ge-
dämpften Symphonien webt. Nein, wahrlich
eine rauschende Musik ist das nicht. Aber eine
wohltuende, beruhigende, besänftigende für

müde Nerven. Sie ist eher zu leis ais zu laut.
Es ist eben eine Kunst, die sich ihrer beson-
deren Aufgabe, die die Zeitverhältnisse ihr ge-
stellt haben, so kiar bewußt worden ist, wie
selten eine: nämlich nicht in rauschenden König-
schiössern von ieuchtendem Damast sich prunk-
voll abzuheben und aus der Fanfaren-Musik des
Ganzen mit mächtigen lauten Tönen herauszu-
klingen, sondern behagiich stilie Gemächer,
wo gehirnmüde Menschen sich erhoien und
ausruhen woiien, noch stiller und ruhiger zu
machen.
Mit allen Mittein erstrebt Dill den kiar er-
kannten Zweck. Obwohi er bewußt darauf aus-
geht, Schmuckstücke zu schaifen, bedient er
sich nicht der glanzvoiien Ölfarbe, die — wovon
ailerdings wenige Moderne einen Begriff geben —
mit der ieuchtenden Pracht des Edeisteins zu
wetteifern vermag. Er wiil eben nicht prächtig
wirken, sondern ieis und gedämpft. Und so
malt er ausschließiich mit glanzloser Leimfarbe,
der aber immerhin die vorgesetzten Giäser etwas
von inneriich verhaltenem Feuer verieihen.
Ich hatte früher gemeint, diese Bilder mit
dem durchgängigen Grau, das nur mit Biau
differenziert und mit Gelb und Braun leis erwärmt
ist, müßten sich wenigstens von einem starken
warmen Ton der Wand abheben, aber ich habe
mich diesmal überzeugt, daß sie, wie sie eben
auch gerahmt sind, auf dem silbernen Grau
sehr gut stehen.
Läuger hat den Raum geschaffen, der den
Bildern Dills eine glückliche Folie ist. Es wäre
auch zu verwundern, wenn er nicht so aus-
gefallen wäre, wie ihn Dill sich für seine Malerei
gedacht hat.
* *
*


L. Dill. Königskerzen.
 
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