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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 11
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Zobel, Victor: Eine Heimatausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0227

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Conrad Sutter: Modell einer Hofraite.


HEIMAT - AUSSTELLUNG.
Von Viktor Zobel.

In dem schönen Schloß Lichtenberg, das
auf einer Bergkuppe, umgeben von einigen Ort-
schaften, mitten im Odenwald thront, ist auf
Veranlassung des Rhein-Mainischen Volks-
bifdungs-Verbandes von dem im Schioß woh-
nenden Professor Conrad Sutter eine kieine
Aussteilung zusammengebracht worden, weiche
die Bestrebungen dieses Verbandes für die
künstierische Bildung und Betätigung bisher
wenig bedachter Voiksteile fördern soll. Man
woilte vor allem der Landbevölkerung zeigen,
weicher Leistungen ihr engeres Heimatgebiet
fähig ist, und sie zum Nachdenken und Nach-
eifern anregen. Naturgemäß iiegt der Haupt-
nachdruck der Veranstaitung auf den häuslichen
Bauten und Geräten, und dies Gebiet wird auch
für iange Zeit das einzige bleiben müssen, auf
dem künstierische Einßüsse von außen her ver-
sucht werden soiiten. Hier an die gute, noch
nicht sehr weit zurückiiegende Überiieferung
anzuknüpfen, ist eine dankbare und bei der
stetigen Art der Landbewohner aussichtsvolle
Aufgabe. Zudem ist in unserem Fall der Ort
insofern günstig, als er in einem Landkreise
iiegt, dessen staatliche Leitung mit außer-
gewöhnlichem Eifer gute Baubestrebungen för-
dert. Jeder ernsthafte Versuch, mitzuhelfen, daß
auch der Bauer an der vorschreitenden Besse-
rung in künstierischen Dingen teilnehme, ist sehr
erfreulich; sehen wir, wieweit die ländliche
Aussteliung in Lichtenberg ihre Aufgabe iöst.
Es war ein guter Gedanke des Aussteiiungs-
ieiters, einige Räume mit altem Hausrat aus
den Zeiten einer gefestigten Kultur auszustatten,
auch äitere Bauten wenigstens im Biide vorzu-

führen und die Biicke des Besuchers auch ein-
mal auf die Gestaitungen zurückzuieiten, die
vor gar nicht ianger Zeit den städtischen Ein-
Hüssen haben weichen müssen. Diese guten
und einfäitigen Dinge geben einen willkommenen
Halt und fordern zum Vergleichen mit dem
Neuen auf.
Für den Hausbau scheint mir ein im großen
farbigen Modell vorgeführtes Bauerngehöft sehr
wertvoll zu sein, dessen Formen an die heimat-
liche Bauweise anklingen, ohne unselbständig
oder spielerisch-empßndsam zu sein, und bei
dem besonders die Geländeformen sehr glücklich
für die Anlage des Ganzen benutzt sind. Der
Entwurf zu dieser Hofraite stammt von Conrad
Sutter, der mit ihr vielleicht das beste Stück
der Ausstellung geschaffen hat. Sehr tüchtige
Lösungen für dörfliche und kleinstädtische
Bauten zeigen die Arbeiten des Architekten
Hugo Völker-Dieburg; nur sind sie leider in
der Mehrzahl als Zeichnungen vorgeführt und
es fehlt ihnen so das eigentliche Anschauliche,
das gerade hier besonders wichtig ist.
Von Hausrat sind nach Sutters Entwürfen
ein recht gutes Wirtszimmer, eine Wohn- und
eine Schlafzimmer-Einrichtung zu sehen. Die
Art der letzten scheint mir bei dem Zweck der
Ausstellung ein wenig zu kostbar zu sein;
immerhin aber geben sie willkommene An-
regungen durch die anspruchslose Schlichtheit
ihrer Formen, die oft an Überkommenes mit
Glück anknüpfen, und durch die Verwendung
von eingelegtem, andersfarbigem Holz, worin
ebenfalls ältere Gepßogenheiten der heimischen
Weise aufleben. Vorzüglich ist die Arbeit an
diesen Möbelstücken, und der Beweis, wie gut
im Odenwald gearbeitet werden kann, ist nicht
nur für die Hebung des Handwerks, sondern
auch für die Allgemeinheit wichtig.

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