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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 8
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Schur, Ernst: Die Raumkunst in Dresden 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0086

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Wilhelm Kreis (Dresden). Sächsisches Haus.
T^IE RAUMKUNST
! 7 IN DRESDEN 1906.
Von ERNST SCHUR.
I.
Wir sind heute Aussteliungen gegenüber
etwas mißtrauisch geworden. Wenn wir es
uns recht überlegen, nur gegen die AussteHungen
im alten Sinne, die wahllos eine Unmasse
Biider zusammenbringen, die eine faische Voll-
ständigkeit vortäuschen. Wir woilen auch bei
diesen großen, umfassenden Darbietungen Per-
sönlichkeit spüren. Das Ganze soll eine Ein-
heit sein, der das Einzelne sich beugt. Und
aus dieser Einheit soil uns eine Idee entgegen-
ieuchten; ein Zweck, ein Ziel soli gezeigt
werden.
Die Verwirklichung dieses Gedankens aber
erfordert viei Arbeit und iiebevoiies Sichver-
senken. Jedes Einzeine will bedacht, das Ganze
immer im Auge behaiten sein. Nicht ohne
Grund regen sich darum gerade jetzt die kieine-
ren Kunstzentren, ja erwachen zu neuem Leben.
Hier ist ruhigere Arbeit möglich. Das Künst-
lerische tritt mehr in den Vordergrund. Rück-
sichten sind nicht so sehr zu nehmen. Und
die eigene Art jedes Bezirks läßt sich besser
herausarbeiten. Diese Kunstzentren sind jetzt
schon in der Lage, ein Fazit zu ziehen, sie
machen sich die Lehren der modernen Kunst-
entwicklung zunutze.
Eine solche Schöpfung ist die Dresdener
Ausstellung. Nicht ein zufälliges Nebenein-

ander, sondern ein einheitliches Werk. Zu-
gleich ein Werk, das den Stempel der alten
Stadtkultur, über die eine Stadt wie Dresden
verfügt, an der Stirn trägt. Mit dieser Kraft
macht sich Dresden der Allgemeinheit dienstbar.
Sie gibt einen Überblick.
Man denke an Darmstadt! Wie kurze Zeit
ist seitdem vergangen. Und wie umfassend
hat sich der Kreis des modernen Kunstgewerbes
erweitert. Ein paar Jahre genügen, und aus
der geistreichen, geschmackvollen Andeutung
ist eine umfassende Entwicklung geworden, die
allmählich alle Gebiete des modernen öffent-
lichen wie privaten Lebens in ihren Bereich
zieht. Die Anregungen, die Darmstadt gab,
sind in vollem Umfang verwirklicht.
Es sind moderne Bahnhofsräume und Warte-
hallen ausgestellt. Zwei Kirchen und eine
Synagoge beßnden sich auf der Ausstellung,
Schiffssalons und Ofhziersmessen fügen sich
ergänzend ein. Anderseits sind als bedeut-
same Erscheinung die Arbeiterwohnhäuser, die
sich um eine Dorfschule gruppieren, zu er-
wähnen. So erweitert sich das Geltungsgebiet
der dekorativen Kunst ständig und reorganisiert
die Gewohnheiten des ölfentlichen wie privaten
Lebens. Es bieten sich den Künstlern Aufgaben
der verschiedensten Art, luxuriöse und einfache,
praktische und festliche, öffentliche und private,
und wie sie die Aufgaben lösen, das zeigt die
Eigenart des Künstlers, die entweder extrem-
persönlich ist oder mehr allgemeinere Geltung
sucht. Und danach hat sich die Beurteilung
zu richten.

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