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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 8
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Schur, Ernst: Die Raumkunst in Dresden 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0095

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E. R. Weiss (Hagen i. W.). Wohnzimmer.

Handwerk und der Industrie angelegt, so daß
es direkt Einßuß ausübt auf das einheimische
Gewerbe. Der Direktor des Museums E. Högg
hat den Plan ausgearbeitet und hat sich auch
seibst mit Entwürfen beteiligt. Bewußt ist an-
geschlossen an die einheimische Tradition.
Die Diele, die sich in jedem alten Bremer
Haus Rndet, eine hohe Halle, von der aus die
Treppe zu den Wohnräumen führt. Massiv
und schwer sind die Holzwände aufgeführt.
Die graue Färbung gibt dem Raum eine moderne
Nuance. Die Möbel sind in Anlehnung an die
naiven Muster nordisch - germanischer Orna-
mentik geschmückt, ohne daß die Form die
moderne Praxis verleugnet. Das Gemütliche,
Wohnliche ist beibehalten. Tische, Ecken,
Winkel unterbrechen den Raum und gliedern
ihn. So klingt überall Altes in veränderter
Form an. Diese Halle ist mit Fliesenbekleidung,
Wandteppichen, Glasgemälden und einer großen,
dunkelgebeizten Anrichte ausgestattet. Das
bremische Kunstgewerbe zeigt sich hierbei viel-
seitig und weiß Altes und Modernes geschmack-
voll zu verschmelzen. Besonders fein stehen
zu dem Grau der Wandbekleidung die dekora-

tiven, kleinplastischen Schmuckstücke in Silber-
bronze.
Eingebaut hndet sich hier ein kleines Damen-
zimmer von Heinrich Vogeler, dem Worps-
weder Künstler. Im Gegensatz zu der Schwere
der Diele ist hier alles klein, zart und zierlich.
Diese Formensprache ist in ihrer beinah süß-
lichen Art ganz persönlich und darf nicht als
Muster hingestellt werden. In bedenklicher
Weise nähert sich dieses Zimmerchen einem
übertriebenen Luxus und verzärtelter Emp-
hndung. Der Biedermeierstil ist auch hier der
Ausgangspunkt gewesen, und er hat wenigstens
dem Ganzen noch Halt und Sachlichkeit ge-
geben. Aber in diesem Zimmerchen, das durch
die reichliche Verwendung von Weiß etwas
Schlagsahnenartiges erhält, anderseits wieder
an eine Wäschekommode erinnert, wozu stimmt,
daß blaue Bändchen sich durch den Bezug
schlingen und in Schleifen herabfallen, können
nur Püppchen wohnen, die außer Essen, Putz
und Schlaf nichts kennen; höchstens betrachten
sie sich noch die reichlich aufgehängten Vogeler-
schen Radierungen, Wesen, die gleich einem
kostspieligen Luxustier, einem Schoßhund ge-

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