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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 12
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Fischer, Karl: Die Jubiläums-Ausstellungen in Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0272

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L. Dilt: Fischerboot. (Jubiläums-AussteHung Karlsruhe.)

wohlerworbenen, reichen Besitzes. Es ist des-
wegen vielieicht ganz nützlich, hie und da einer
leisen Mahnung zu begegnen, daß dieser Besitz
noch nicht ganz ungefährdet ist. Die Lust am
Fabulieren scheint in alle unsere Möbelentwerfer
gefahren zu sein (die Uhren biideten darin ein
eigenes, beinahe groteskes Kapitel). Wenn
in einem Vorraum Sessel standen, die eine
Ramsesstatue bequem zu tragen vermochten,
brauchte man nur in einen andern Raum zu
treten, um den lebhaften Wunsch nach der
zierlichsten Tracht des 18. Jahrhunderts zu
emphnden. Hier ist die ganze Schönheit des
Holzes durch prachtvolle Bearbeitung heraus-
geholt, dort treffen wir den Verzicht auf jede
Farbe und jeden Glanz der Oberifäche. Daß der
Grundsatz der Vereinfachung gegenüber den
entsetzlichen Verirrungen des Jugendstils eine
wahrhaftige Erlösung ist, wird man Professor
Läuger zugeben. Aber diese glanzlose Beize
wirkt staubig und müde. SoIIten wir so ernst
geworden sein, um keine Freude mehr zu
haben an dem lustigen Spiel der Farben und
des Lichtes? Viele Räume waren auf das
Helle gestimmt. Große Fenster, zum Teil aus
geschliffenen Gläsern (Prof. Gagel), weiße durch-
sichtige Vorhänge, leichte Möbel, an den Wänden
etwa ein Kamin aus farbigem Marmor (Speise-
zimmer Nr. 5), das wirkt zusammen außer-
ordentlich freundlich und behaglich. Ruhige,
gut bürgerliche Wohlgefälligkeit prägte sich aus
in den beiden Zimmern nach Entwürfen von
Friedrich Nierholz (Nr. 12 und 13). Ein gemein-
samer Geschmack mit leichten Variationen
offenbarte sich nur in der Wandverkleidung:

Bespannung mit farbigem Tuch bis etwa zur
Hälfte oder zwei Drittel der Wand, dann eine
Holzleiste, und über ihr Weiß. Sehr hübsch
anzusehen.
Im ganzen genommen darf jedenfalls auch
diese Ausstellung beanspruchen, den Beweis
dafür erbracht zu haben, daß wir in der Raum-
kunst trotz einzelner Hemmnisse auf ausgezeich-
neten Wegen sind.
Unbedingte Höhen sind von der badischen
Keramik erreicht. Die bekannten Herrlichkeiten
von Max Läuger und Karl Kornhas schmückten
einige der ausgestellten Zimmer oder waren in
Schränken usw. vereinigt. Ihnen schließt sich
Herm. Seidler, Konstanz, an, während Aug.
Herborth, Oos, mehr nach Kopenhagen hin-
neigt. Mit einer größeren Reihe keramischer
Arbeiten, bei Verschiedenen ausgeführt, trat
auch Frau Käthe Roman-Foersterling hervor.
Ganz besonderes Entzücken aber — anders
läßt sich der Eindruck kaum nennen — erregte
Frau Schmidt-Pecht, Konstanz, mit ihrem Tee-
zimmer. Wieder die große Lichtquelle, leichte
Vorhänge, auf den weißen Möbeln hellgraue
Decken mit weißen Bändern, und überall aus-
gebreitet das Geschirr. Es ist erstaunlich, wie
einladend dieses wirkt mit seiner kräftigen
Bauern-Ornamentik und dem freundlichen Ak-
kord hellblau-gelbgrün oder gelb, hie und da
belebt durch Backsteinrot. Ebenso heiter wirken
die WandHiesen und größeren Gefäße. Ich ver-
mag mir für einen bürgerlichen Haushalt gar
nichts Gemütlicheres und Fröhlicheres vorzu-
stellen, als diese Keramik. Die Läugerschen
Erzeugnisse sind gewiß sehr schön, aber sie

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