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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 30.1920

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Gelegentlich der Bilder Cuno Amiets in der Loggia des Zürcher Kunsthauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.26486#0012

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Gelegentlich der Bilder Cuno Amiets.

Darstellung gebeu köuueu. Jmmerhiu kam dem Meister,
dem die Schweiz bis gauz zuletzt keiue Waud mehr bot,
aus dem Reich der ersehute Auftrag: seiu „Aufbruch der
Studenteu" iu Jeua und sein „Schwur" in Hanuover
werdeu immer Ruhmesblätter der deutschen Kuust-
freuudschaft bleibeu. Freilich hat er iu beiden Fällen
Atelierarbeit auf Leinwaud geliefert, so daß die Fresken
im Aürcher Laudesmuseum durch eiue Jronie des Schick-
sals die eiuzigeu gebliebeu siud, die dieser größte Wand-
maler der ueuen Aeit malte; aber sie bedeuten doch die
Höhcpuukte in seiuem Spätwerk, deuen sich als Schluß-
puukt das Waudbild der übergewaltigen Frauen im
Trcppeuhaus des Aürcher Kuusthauses zugesellt. (Auch
hierbei hat dem Künstler uoch eiue letzte Jronie seiues
Schicksa/s mitgespielt, iudem die erste Ausführuug als
zu groß im Format abgelehut wurde, wodurch Basel
in den Bcsitz eines seiner Hauptwerke uud Aürich um
deu Ruhm kam, wie Ieua iu seinem „Aufbruch der
Studenteu" sein letztes Großwerk als eiuziges Stück zu
besitzeu. Das geschah zur selben Aeit, als im Reich die
häßliche Hodlerhetze tobte, uud als iu Ieua das schönste
Siuubild aufstürmeuder Volkskraft mit Brettern ver-
uagelt wurde.)

Als Ferdinaud Hodler danu starb, uuerwartet für
alle, die deu stiernackigen Maun kauuteu, war Bern im
Besitz seiues Werkes durch die „Nacht", den „Tag",
die „Lebeusmüden", die „Eurhythmie" Aürich uoch ge-
waltig voraus, bis die Kuustgesell-
schaft durch die Nachlaßausstelluug
des Meisters die Haud darauf
legte. Diese Nachlaßausstelluug,
alle Säle des Kuusthauses füllend,
war seit der Iubiläumsausstelluug
Böcklins in Basel das größte
Kuustereiguis in der Schweiz; der
Krieg hat verhindert, daß Deutsch-
laud darau den gebühreudeu Au-
teil uahm, aber gerade dadurch
zeigte sich, was in eiuem Jahr-
zehut aus der Schweiz als eiu
seiner eigeueu Kuust bewußtes
Land und was aus Aürich als
Hauptstätte der schweizerischen
Kuustpflege gewordeu war. Mit
beispielloser Hartuäckigkeit hat die
Aürcher Kunstgesellschaft, uuter-
stützt durch die Vereiuigung Aür-
cher Kuustfreuude, alles au sich
gerafft, was vou der Kunst Fer-
dinand Hodlers noch zu raffeu
war. So ist das Kuusthaus ein
Hodler-Museum ohnegleichen ge-
worden; kein auderer Großmeister
der Kuust wird iu der Iukuuft so
an einem Ort festlich vereiuigt
sein wie Ferdinaud Hodler mit der
fast uuübersehbaren Folge seiuer
Bilder, Stud'en, Skizzeu uud Aeich-
uuugen im Aürcher Kuusthaus.

Als Ferdiuand Hodler im
Reich zur Geltung kam, wurde

sogleich von eiuer Hodlerschule gesprocheu. Tatsäch-
lich hat seiu Vorbild der Schweizer Kuust eiue Zeit-
laug uicht uur die Richtuug gegeben, sondern überhaupt
eine Epoche begrüudet. Böckliu, der eigeutlich uur in
Saudreuter uud Welti einen ueuneuswerteu Nachklaug
fand, gehörte durch seiue Schule der deutschen Kunst
uud durch seine Neiguug der italieuischen Landschaft an;
er hielt die Ernte seines Ruhmes in Floreuz statt in Basel.
Hodler b ieb Schweizer durch den flüchtigeu Eiufluß
Corots uud seiuer spauischen Reise hindurch bis zu seiuem
ersten Großwerk der „Nacht", um es danu klar ausge-
sprochen zu seiu. Weun fortab vou Schweizer Kunst
als einer Besouderheit gesprochen werdeu kaun, beruht
dies fast ausschließlich auf der Kraft seines Beispiels;
wie sehr, das zeigt gerade die jüngste Eutwickluug der
Schweizer Kuust, uuu, da der Meister fehlt.

Vom Begiuu seiuer Bekanntheit an wurden neben
Hodler zwei Künstler geuauut, jünger als er, die iu seinem
Bereich weit mehr als Nachfahreu wareu uud das Schau-
bild der Schweizer Kuust, wie es durch Hodler bestimmt
wurde, eigeutümlich ergäuzteu: Mar Buri, der die gauze
Hiuwenduug dieser Kuust zum Volkslebeu vollzog, uud
Cuno Amiet, der sie durch die Eiubeziehung der von
Cözauue uud van Gogh gegebeneu Anreguugen be-
reicherte. Beide waren Freunde des Meisters und beide
wurden von ihm gern und neidlos als eigene Künstler
anerkannt. Unr so auffalliger ist es, daß beide in der
Sammlung des Aürcher Kunst-
hailses durchaus nicht nach der
von Hodler anerkannten Bedeu-
tung zur Geltung kommen. Mar
Buri, der nun auch schon Gestor-
bene, ist — an seiner schöneu
Nachlaß-Ausstelluug gemesseu —
fast kläglich vertreten und Cuno
Amiet in eiuer Weise abwarteud
behaudelt, die seiuer Auerkeunuug
— wie sie ihm durch die Verlei-
huug des Ehrendoktors zum fünf-
zigsten Geburtstag ausgesprochen
wurde — durchaus nicht entspricht.
(Überhaupt muß gesagt werden,
daß die zufälligen Ankäufe und
Bestände des Aürcher Kunsthauses
keine zureichende Anschauung von
dem Umfang und Reichtum der
gegenwärtigen Schweizerkunst ge-
ben. Es war tapfer, für die große
Vorarbeit zum „Tag" 100 000
Franken zu zahlen; aber einmal
wäre der wirkliche „Tag" — heute
in Bern — für den zwanzigsten
Teil dieser Summe käuflich ge-
wesen und die übrigen neunzehn
Awanzigstel der Summe würden
genügt habeu, das Bild der Sanrm-
lung neben und nach Hodler über-
aus zu erweitern.)

Um so mehr ist es zu begrüßeu,
daß Cuno Amiet den Auftrag er-
hielt, die sogenannte Loggia im

Abb. 4. Cuno Amiet:

Linke Figur der linken Seitenwand.

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