Alexia.
Jch bin wie ein Hammerschläger,
Bin ein getragner Säulenträger,
Jch bin ein schaffend Unterpfand!
Aleria:
(von Mathis erreicht)
Nun vollende deine Tat,
Wellen auf und nieder!
Führe mich auf meinem Pfad,
Kehre immer wieder!
Christ Kyrie,
Sieh dahin, wo ich geh,
Laß mich nie mehr fallen!
Christ Kyrie,
Ja, du gehst zur See
Dahier neben mir,
Wo die Wellen strahlen!
Mathis:
Gott in Gott!
Jorinde:
Mein Kind in mir!
W g hinüber!
Mathis:
Aleria:
Dortan!
Jorinde:
(seufzend)
Hier!
Enqel:
(pflegen Iorinde)
Dort und hier und alle Breiten,
Die Nähen spielen mit den Weiten,
Die blauen Ströme dort und hier!
Ströme hoch in hohen Bergen,
Ströme da im Wiesental,
Ströme Lebens aus den Särgen,
Ströme Freud' aus Mutterqual!
Engel:
(gehn mit Aleria)
Ströme-Sein und Ströme-Werden,
Gottes Ströme, Sonne, Erde,
Gottes Krönung überall.
as Maschinenherz").
Eine Predigt über einen altchinesischen Tert.
Dschuang dsi ist ein alter chinesischer Denker aus der
Richtung der Laotse; er lebte vor rund dreiundzwanzig
Jahrhunderten. Jm zwölften Buch seines Werkes „vom
südlichen Blütenland" hat er folgende Geschichte, welche
„Der Aiehbrunnen" heißt.
Dsi Gung, ein Schüler des Kung Dsi,sieht einen alten
Mann, der seinen Gemüsegarten bewässert. Der Mann
stieg selbst in den Brunnen hinunter und brachte in seinen
Armen ein Gefäß voll Wasser herauf, das er an die
Pflanzen goß. Er mühte sich sehr ab und brachte sehr
wenig zustande. Dsi Gung fragte ihn, weshalb er sich
*) Aus dem „Zusammenbruch des deutschen Idealismus".
Verlag Georg Müller, München. Siehe Bespcechung am Schluß
des Heftes.
nicht einen Aiehbrunnen mit Hebel einrichte,durch welchen
er mit wenig Mühe an einem Tage hundert Gräben be-
wässern könne. Da antwortete der Alte: „Jch habe
meinen Lehrer sagen hören, wenn einer Maschinen be-
nutzt, so betreibt er alle seine Geschäfte maschinenmäßig;
wer seine Geschäfte maschinenmäßig betreibt, der be-
kommt ein Maschinenherz."
Diese großen Denker des fernen Ostens haben in ein-
fältigen Worten die tiefsten Erfahrungen und Erkennt-
nisse ausgesprochen; wir müssen uns nur die Mühe
geben, ihre Einfachheit zu verstehen: das ist vielleicht die
schwerste Aufgabe für uns Heutige, besonders für uns
Deutsche; denn die Deutschen sind von den heutigen
Völkern von der Einfachheit am weitesten entfernt.
Unser ganzes Leben wird bestimmt durch unser Füh-
len: denn das Fühlen bestimmt erst das Denken und
Wollen. Das Fühlen aber bildet sich aus unserer ganzen
Lebensführung. Für die Lebensführung ist die Art der
Arbeit ausschlaggebend, denn um die Arbeit drängt sich
fast alles andere, das wir tun.
Wer nun eine natürliche Arbeit in natürlicher Weise
tut, der fühlt auch natürlich. Wenn man in der Natur
die geistiger geschaffenen Tiere beobachtet und die Men-
schen, welche Natürliches in natürlicher Weise arbeiten,
dann wird man finden, daß nur ein wesentlicher Unter-
schied zwischen Mensch und Tier ist: der Mensch hat
Religion und das Tier nicht; sonst aber kann man keinen
Schnitt machen, der das Tier vom Menschen trennte;
denn auch Sittlichkeit sogar haben die Tiere — oft ist
man versucht, ihnen mehr Sittlichkeit zuzusprechen, als
dem menschlichen Durchschnitt. Aus der Arbeit — das
Wort für das Tier angemesscn gedeutet — entwickelt sich
lebendig das allgemeine Gefühl, welches die Uber-
legungen bestimmt und dem Willen seine Aiele anweist.
Wer einmal die tiefe Seligkeit gekostet hat, welche die
Ermüdung nach körperlicher Arbeit am Feierabend mit
sich bringt, der versteht vielleicht, daß hier das Paradies
liegt, das einzige, dem Menschen zugängliche Paradies,
in der völligen Ubereinstimmung mit sich des gesunden
Menschen.
Sobald in eine solche Arbeit die Maschine kommt, ist
diese Ubereinstimmung zerstört. Man hält es vielleicht
zuerst für eine geistreiche Auspitzung, daß eine so einfache
Maschine, wie der Aiehbrunnen, als Beispiel genommen
ist. Äber, wer es kann, der erinnere sich, wenn er einmal
sehr lange hintereinander Pflanzen begossen hat, wie da
zuletzt, wenn er mit der Kanne an eine neue Pflanze
kommt, ein Gefühl der Ausammengehörigkeit mit der
Pflanze vorhanden ist, indem er weiß, wie sie ihre Wur-
zeln durstig ausbreitet, indem er weiß, wie das Wasser
aufgenommen wird, wie Freundlichkeit und Dankbarkeit
entstehen. Man bezeichnet ja gewöhnlich dergleichen als
„poetische Stimmung"; das ist aber nicht — natürlich
denke ich nicht an Schriftstellergefühle älterer Aeiten:
nur heute sind wir so weit von der Natur entfernt, daß
auch sogar dic Unnatur der Schriftsteller keine Beziehung
mehr zu ihr hat — das ist aber nicht eine besondere
Stimmung von dichterisch empfindenden Menschen,
sondern ist ein allgemein menschliches Gefühl. Hier
liegt die Ursache, weshalb bei natürlich lebenden Völkern
uns oft jeder als eine Art Dichter erscheint. — Wenn
Jch bin wie ein Hammerschläger,
Bin ein getragner Säulenträger,
Jch bin ein schaffend Unterpfand!
Aleria:
(von Mathis erreicht)
Nun vollende deine Tat,
Wellen auf und nieder!
Führe mich auf meinem Pfad,
Kehre immer wieder!
Christ Kyrie,
Sieh dahin, wo ich geh,
Laß mich nie mehr fallen!
Christ Kyrie,
Ja, du gehst zur See
Dahier neben mir,
Wo die Wellen strahlen!
Mathis:
Gott in Gott!
Jorinde:
Mein Kind in mir!
W g hinüber!
Mathis:
Aleria:
Dortan!
Jorinde:
(seufzend)
Hier!
Enqel:
(pflegen Iorinde)
Dort und hier und alle Breiten,
Die Nähen spielen mit den Weiten,
Die blauen Ströme dort und hier!
Ströme hoch in hohen Bergen,
Ströme da im Wiesental,
Ströme Lebens aus den Särgen,
Ströme Freud' aus Mutterqual!
Engel:
(gehn mit Aleria)
Ströme-Sein und Ströme-Werden,
Gottes Ströme, Sonne, Erde,
Gottes Krönung überall.
as Maschinenherz").
Eine Predigt über einen altchinesischen Tert.
Dschuang dsi ist ein alter chinesischer Denker aus der
Richtung der Laotse; er lebte vor rund dreiundzwanzig
Jahrhunderten. Jm zwölften Buch seines Werkes „vom
südlichen Blütenland" hat er folgende Geschichte, welche
„Der Aiehbrunnen" heißt.
Dsi Gung, ein Schüler des Kung Dsi,sieht einen alten
Mann, der seinen Gemüsegarten bewässert. Der Mann
stieg selbst in den Brunnen hinunter und brachte in seinen
Armen ein Gefäß voll Wasser herauf, das er an die
Pflanzen goß. Er mühte sich sehr ab und brachte sehr
wenig zustande. Dsi Gung fragte ihn, weshalb er sich
*) Aus dem „Zusammenbruch des deutschen Idealismus".
Verlag Georg Müller, München. Siehe Bespcechung am Schluß
des Heftes.
nicht einen Aiehbrunnen mit Hebel einrichte,durch welchen
er mit wenig Mühe an einem Tage hundert Gräben be-
wässern könne. Da antwortete der Alte: „Jch habe
meinen Lehrer sagen hören, wenn einer Maschinen be-
nutzt, so betreibt er alle seine Geschäfte maschinenmäßig;
wer seine Geschäfte maschinenmäßig betreibt, der be-
kommt ein Maschinenherz."
Diese großen Denker des fernen Ostens haben in ein-
fältigen Worten die tiefsten Erfahrungen und Erkennt-
nisse ausgesprochen; wir müssen uns nur die Mühe
geben, ihre Einfachheit zu verstehen: das ist vielleicht die
schwerste Aufgabe für uns Heutige, besonders für uns
Deutsche; denn die Deutschen sind von den heutigen
Völkern von der Einfachheit am weitesten entfernt.
Unser ganzes Leben wird bestimmt durch unser Füh-
len: denn das Fühlen bestimmt erst das Denken und
Wollen. Das Fühlen aber bildet sich aus unserer ganzen
Lebensführung. Für die Lebensführung ist die Art der
Arbeit ausschlaggebend, denn um die Arbeit drängt sich
fast alles andere, das wir tun.
Wer nun eine natürliche Arbeit in natürlicher Weise
tut, der fühlt auch natürlich. Wenn man in der Natur
die geistiger geschaffenen Tiere beobachtet und die Men-
schen, welche Natürliches in natürlicher Weise arbeiten,
dann wird man finden, daß nur ein wesentlicher Unter-
schied zwischen Mensch und Tier ist: der Mensch hat
Religion und das Tier nicht; sonst aber kann man keinen
Schnitt machen, der das Tier vom Menschen trennte;
denn auch Sittlichkeit sogar haben die Tiere — oft ist
man versucht, ihnen mehr Sittlichkeit zuzusprechen, als
dem menschlichen Durchschnitt. Aus der Arbeit — das
Wort für das Tier angemesscn gedeutet — entwickelt sich
lebendig das allgemeine Gefühl, welches die Uber-
legungen bestimmt und dem Willen seine Aiele anweist.
Wer einmal die tiefe Seligkeit gekostet hat, welche die
Ermüdung nach körperlicher Arbeit am Feierabend mit
sich bringt, der versteht vielleicht, daß hier das Paradies
liegt, das einzige, dem Menschen zugängliche Paradies,
in der völligen Ubereinstimmung mit sich des gesunden
Menschen.
Sobald in eine solche Arbeit die Maschine kommt, ist
diese Ubereinstimmung zerstört. Man hält es vielleicht
zuerst für eine geistreiche Auspitzung, daß eine so einfache
Maschine, wie der Aiehbrunnen, als Beispiel genommen
ist. Äber, wer es kann, der erinnere sich, wenn er einmal
sehr lange hintereinander Pflanzen begossen hat, wie da
zuletzt, wenn er mit der Kanne an eine neue Pflanze
kommt, ein Gefühl der Ausammengehörigkeit mit der
Pflanze vorhanden ist, indem er weiß, wie sie ihre Wur-
zeln durstig ausbreitet, indem er weiß, wie das Wasser
aufgenommen wird, wie Freundlichkeit und Dankbarkeit
entstehen. Man bezeichnet ja gewöhnlich dergleichen als
„poetische Stimmung"; das ist aber nicht — natürlich
denke ich nicht an Schriftstellergefühle älterer Aeiten:
nur heute sind wir so weit von der Natur entfernt, daß
auch sogar dic Unnatur der Schriftsteller keine Beziehung
mehr zu ihr hat — das ist aber nicht eine besondere
Stimmung von dichterisch empfindenden Menschen,
sondern ist ein allgemein menschliches Gefühl. Hier
liegt die Ursache, weshalb bei natürlich lebenden Völkern
uns oft jeder als eine Art Dichter erscheint. — Wenn