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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 30.1920

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Heft 1
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Gorsleben, Rudolf John: Das Lied von der Mühle Grote: aus dem Altnordischen der Edda
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Rüttenauer, Benno: Von Fremdwörtern
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https://doi.org/10.11588/diglit.26486#0056

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Das Aed von der Mühle Grotc.

und nannte sie Grote. Diese Mühle folgte der Eigen-
schaft, daß sie alles mahlte,was man ihr im voraus sagte.
Dahin führte nun Frote die Mägde und befakl ihnen
zu mahlen, und sie mahlten ihm Gold,Frieden und Glück.
Unter der Arbeit sangen sie ein Lied, das Mühlenlied,
und es wird erzählt, daß, solange sie es sangen, sie im
Dienste und zu Frotes Heil nmhlten. Er aber gönnte
ihnen von Stund an keinen Schlaf und keine Ruhe.
Deshalb beschworen die Riesinnen, denn solche waren
es, ein feindliches Heer herauf, das Land und Burgen
verbrannte. Da hörte Frotes Frieden auf. Fenja und
Menja aber mahlten im Aorne solchermaßen, daß der
Mahlkasten brach, die Mühle stürzte und die Steine im
Fallen Land und Volk in das Meer rissen. Dort aber
wo die Wasser durch die Mühlsteinlöcher stürzten, ent-
stand ein Strudel bis auf den heutigen Tag, und die
See ward davon salzig.

Nun sind sie gekommen, der Zukunft kundig,

Fenja und Menja, zum Hause des Fürsten;

Aum Mägdedienst sind sie, die mächtigen Mädchen,
Gehalten von Frote, dem Friedleibsohn.

Aum Mahlkasten ließ er die Mägde hinführen
Die urgrauen Steine zu treiben in Gang;

Er rief sie von Stund an zur Ruh nicht noch Rasi
Wollt' immer nur hören den Hall ihrer Arbeit.

Begannen so Fenja und Menja den Sang:

„Wir mahlen dem Frote die Macht und den Frieden,
Und Menge des Golds auf der Mühle des Glücks;

Er sitze in Reichtum und ruhe auf Daunen,

Erwacht er zur Wonne, so mahlten wir wohl!

Es schaffe nun keiner dem andern mehr Kummer,

Und wirke nichts Böses, noch sinn er auf Blut,

Es schlage auch niemand mit schneidendem Schwerte,
Hielt selbst er den Mörder des Bruders in Haft! —
Lang ließen wir Mägde die Mahlstange dröhnen.

Und stille nun siehen soll Mühle und Stein!"

Doch wieder trieb Frote die Mägde zu mahlen,

Und dies war sein erstes und eiliges Wort:

„Länger nicht schlaft als der Kuckucksruf schweiget
Und länger nicht als eine Weise ich sänge."

Sie sangen und schwangen den schwingenden Stein,
Als Frotes Gesinde zumeist schon entschlummert:

„Dir mangelte, Frote, du Freund aller Männer,

Der klüglichen Vorsicht beim Kauf deiner Mägde,

Du wähltest zu sehr uns nach Aussehn und Wuchs
Und achtetest weniger unserer Abkunft:

Wir zwei, wisse, wurden dem Beute und Aar,

Den Bergriesenbrüdern, den beiden, geboren,

Und ewig blieb Grote nur graues Gefels
Und nie stieg der Stein hier je aus dem Grunde,
Nicht mahlten wir Bergriesenmädchen die Grote,

So etwas du ahntest von unsrem Geschlecht:
Gespielinnen waren der Winter wir neun,

Gewaltig erwachsen im Jnnern der Erde,

Dann standen wir Madchen bei machtvollem Werk;
Wir halfen die Hügel und Berge sich heben
Und wälzten die Felsen zur Wallburg der Riesen,

Daß weithin darüber die Erde erbebte —

So schleuderten fort wir die wuchtigen Steine

Und mächtigen Blöcke ins Menschenbereich.

Dann schritten als Jungfraun der Schlacht wir und

stritten,

Kundig der Iukunft, zu zweit unterm Volke,
Ierschnitten die Brünnen und brachen die Schilde
Und gingen entgegen der Graupanzerschar,

Wir stürzten die einen und stützten die andern,

Kein Friede kam auf, eh die Würfel nicht fielen!

Mit schneidenden Speeren verspritzten wir Blut
Und schlugen aus Wunden rotflammende Brände —
Manch Sommerjahr über sind wir so gefahren —

Wir waren bekannt bei den Kämpfern der Schlacht!

Nun sind wir gekommen zum Hause des Königs,

Sind mitleidenlos hier als Mägde gehalten,

Wir stehen im Schlamm und die Schultern sind krumm,
So mahlen wir freudlos bei Frote den Frieden,

Denn ruhn möchten Hände und rasten der Stein,

Und mahlten genug wir, wir machten ein Ende,

Doch gibt es nicht Ruhe für unsere Hände,

Eh Frote das Mahlwerk vollfertig nicht wähnt.

Streckt, Hände euch! Starret voll spitziger Speere
Und blutiger Waffen! Auf, Frote, erwach!

Auf, Frote, erwach! Erwach und erfahre
Nun uraltes Sagen aus unserem Sang!

Schon flammen die Brände im Osten der Burg
Als weisende Aeichen, daß Heerruf erwachte —

Ein Heer kommt gezogen in hastigem Auge
Und wird bald die Burg dir, Gebieter, verbrennen.
Nichts halten du kannst, nicht den Hochsitz der Halle,
Nicht Ringe von Gold, noch die Grote des Glücks,
Und wenn wir noch ruhloser rollten die Mühle.

Einst blühten wir auf in dem Blute der Schlacht,
Jetzt mahlen wir Töchter der Niesen mit Macht
Den Tod allen Tapfren, so wie wir's erschauten,

Und stürzt das Gerüst auch der stämmigen Stützen,
Das eisengefesselte: Mahlen wir fort!

Mahlen wir fort! Geht die Mühl' auch zugrunde!"

So mahlten die Mägde mit Müh und mit Macht —
Die Jungfrauen rasten im Riesinnenzorne —

Der Mahlkasten brach, und es stürzten die Balken,

Jn Stücke zersprang selbst der bergschwere Stein.

Aufbrausten noch einmal die Bergriesenbräute:

„So mahlten wir, Frote! Mit Recht soll es heißen,
Da lang genug standen die Mägde beim Stein.„

on Fremdwörtern.

Die Durchseuchung unserer Sprache nnt Fremd-
wörtern, d. h. also die Verunreinigung des Sprachbluts
mit fremden und zum Teil durchaus unassimilierbaren
Stoffkörpern ist eine Tatsache. Man kann darüber hin-
wegsehen. Viele vermögen es leichten Herzens. Und
was sagt diese Tatsache?

Aweierlei:

Einmal briitgt sie uns fortwährend zum Bewußtsein,
wie durcb lange Ieiten unseres Daseins nicht nur unsere


 
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