Stephan Lochner. Kopf der Madonna von der Verkündigung
(Anßenflügel des Dombildes).
Lebenseliner. Bereits im 14. Jahrhundert importieren
die Kölner in Venedig Geldfaden und Blattgold, die
von dem dortigen Stickerei-, Wirkerei- rmd Goldschmiede-
gewerbe gebraucht iverden^). Jn den Frühwerken der
Kölner Malerei ist der Hintergrund ruit plastischen
Sonnen, Ranken und Blattwerk aus Blattgold in unend-
licher Musterung belebt, das Rahmenwerk mit goldunter-
legten Glasplattchen emailartig verziert. In der Art, wie
das glanzend polierte Blattwerk sich Vom punzierten
Grunde abhebt, lag eine Eigentümlichkeit, die sich in
Köln ganz besonders herausgebildet hatte. (Ein Kastchen
dieser Gattung mit den Kölner Kronen befindet sich im
Kölner Kunstgewerbemuseum, ein Klappaltar ebendort
in der Sammlung Clemens.)
Aus dieser Technik ist auch Stephan Lochner heraus-
gewachsen, mit ihr muß er sich in Köln aufs innigste ver-
traut gemacht haben. Jn rein künstlerischem Sinne war
der Goldgrund das eigentliche Mittel, die Tafeln seiner
Bildwerke von innen heraus aufleuchten zil lassen, alle
irdischen Gebilde auf den leuchtenden Urquell ihres
Wesens zurückzuführen. Nur aus dem Glanze des Goldes
heraus ist die Farbigkeit seiner Gestalten zu erklären, die
in den hellen lichten Fleischtönen derKöpfe,wie in Spiegeln
des Lichtes, den goldenen Glanz der Gloriole und des
Hintergrundes auffangen, in Rot und Gelb dem Gold-
*) Br. Kuske: Die Handelsbeziehungen zwischen Köln und
Italien im späteren Mittelalter. Trier 1909.
grunde sicb nahern oder in Blau, Grün und Grau seinen
Glanz um so starkcr erstrahlen lassen. Jn diesem leuchten-
den Farbenklange knüpfte Lochner unmittelbar an den
Meister der Veronika und die unvergleichliche, oben er-
wahnte Kreuzigungsgruppe des Wallraf-Richartz-Mu-
seums an. Die „Madonna in der Rosenlaube" ist auf
den gleichen Farbenklang gestimmt. Hier nun findet
Lochner ein Mittel, die Wirkung des alten Goldgrundes
noch zu steigern. Es lag in der unendlich mühseligen
Wiedergabe der Goldbrokate und Samtstoffe, wie sie
damals auf dem Handelswege, besonders von Venedig
wieder nach Köln kamen. Jn diesen Geweben spendete
jeder einzelne Faden in unendlicher Musterung Licht
und Schatten, sie waren reichlich mit Gold und Gold-
noppen durchschossen, in leuchtenden Farben gehalten
und bildeten daher den geeigneten Hintergrund der
himmlischen Gestalten. Auf der „Madonna in der Rosen-
laube" taucht im Hintergrund eines jener rotgoldenen
Seidenbrokate mit einem Rankenmuster unter chinesi-
schem Einfluß auf. Der Künstler hält sich peinlich genau
an seine Vorbilder. Das fein geschwungene Blattmuster
der Madonna mit dem Veilchen, das Granatapfelmuster
auf dem Vorhang der Verkündigrlng des Dombildes,
die in verschiedenen Höhen geschorenen Samtflore, mit
Goldmuster und Goldnoppen durchlichtet, auf der An-
betung der hl. drei Könige, der Lucceser Seidenbrokat
mit Strahlenbündel auf denr Vorhang der „Darstellung
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