im Tempel" zeigen immer rvieder das Bestreben/lichten
Glanz hervorzulocken. Jede Einzelheit ist mit liebe-
vollster Sorgfalt behandel/ mit minuziöser mikroskopischer
Schärfe sind alle blitzenden,glitzernden Feinheiten heraus-
gearbeitet. Wie ein bunter Blumenteppich breitet sich
der Bckden zu Füßen der Madonna aus mit unzähligen
Blättchen und Blüten. Wie später im Myrrhengärtlein
Martins von Cochem ist hier in seinem Vorläufer, dem
Paradiesgärtlein, das Wachstum der Natur in unendlich
vielen Einzelheiten geschildert. Dieser Trieb zum Un-
endlichen umfaßt das Wesen der Kunst Stephan Lochners.
Jn jeder Einzelheit spiegelt sich der Glanz des Unend-
lichen in ewiger Wechselwirkung. Jedes feine Härchen
in Haar und Pelzwerk, jedes Glied des Kettenpanzers
und der Rüstung, der Waffen und Helme, das Gefältel
der Kleidung schimmert und flimmert in leuchtendem
Glanze. Jn erlesenen Erzeugnissen der Goldschmiede-
kunst, den Perlenketten und Agraffen, Borten, Gehän-
gen,in Kronen und kostbar gefaßten Edelsteinen erfährt
dieser Glanz seine höchste Steigerung. Der Weber und
Goldschmied wurde zum Maler, der in glänzender Hülle
den Widerschein des Unendlichen sieht. Aus diesem
seelischen Erlebnis wächst der Jnhalt der Darstellungen
heraus. Jn endlosem Auge steigert sich der Einzelne ins
Riesenhafte einer heiligen Gemeinschaft und ihrer
seelischen Verschmelzung, durch alle Lebensalter hindurch,
von der Kinderprozession mit den Kerzen auf der Dar-
stellung im Tempel, der h. Ursula und St. Gereon mit
den Iungfrauen und Rittern bis zum Auge der Seligen,
die in die himmlische Pforte einziehen. Sie finden ihr
Gegenstück in den zahllosen Engeln, die wie die Licht-
strahlen der Gloriole das himmlische Reich verkörpern.
So findet der große Lichtgedanke des Mittelalters,
der aus der kirchlichen Baukunst herauswächst, in den
Tafelwerken des Malers Stephan Lochner eine einzig-
artige Prägung. Jn seinem ältesten Werke, dem „Jüng-
sten Gericht", kommt die gewaltige Scheidung der beiden
großen Mächte, des Lichtes und der Finsternis, in echter
Volkstümlichkeit zum Ausdruck, gleichzeitig ein unend-
liches Verdienst des Künstlers, jene große Jdee, die im
Chore des Kölner Domes nur Wenigen verständlich auf-
lebte, dem Erlebnis der breiten Massen des Volkes er-
schlossen zu haben.
Sein Auge glühte in innerem Feuer. Jst es Aufall,
daß auf seinem Hauptwerke, dem Dombilde, die Magier
aus dem Morgenlande dem göttlichen Kmde Gold, Weih-
rauch und Myrrhen zum Opfer bringen? Seine Tafel-
werke werden zum heiligen Spiegel des Unendlichen,
zum Aeichen des Ewigen. Seine Werke singen wie der
Myrrhen-Garten Martins von Cochem Gottes Lob, so
vieltausendmal, als viele Strahlen in der „Sonnen und
Fünklein in den Planeten seynd, als viele Blumen im
Frühling und Farben in den Blümlein seynd, so viele
Gräßlein in den Wiesen und Äderlein in den Gräßlein
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Glanz hervorzulocken. Jede Einzelheit ist mit liebe-
vollster Sorgfalt behandel/ mit minuziöser mikroskopischer
Schärfe sind alle blitzenden,glitzernden Feinheiten heraus-
gearbeitet. Wie ein bunter Blumenteppich breitet sich
der Bckden zu Füßen der Madonna aus mit unzähligen
Blättchen und Blüten. Wie später im Myrrhengärtlein
Martins von Cochem ist hier in seinem Vorläufer, dem
Paradiesgärtlein, das Wachstum der Natur in unendlich
vielen Einzelheiten geschildert. Dieser Trieb zum Un-
endlichen umfaßt das Wesen der Kunst Stephan Lochners.
Jn jeder Einzelheit spiegelt sich der Glanz des Unend-
lichen in ewiger Wechselwirkung. Jedes feine Härchen
in Haar und Pelzwerk, jedes Glied des Kettenpanzers
und der Rüstung, der Waffen und Helme, das Gefältel
der Kleidung schimmert und flimmert in leuchtendem
Glanze. Jn erlesenen Erzeugnissen der Goldschmiede-
kunst, den Perlenketten und Agraffen, Borten, Gehän-
gen,in Kronen und kostbar gefaßten Edelsteinen erfährt
dieser Glanz seine höchste Steigerung. Der Weber und
Goldschmied wurde zum Maler, der in glänzender Hülle
den Widerschein des Unendlichen sieht. Aus diesem
seelischen Erlebnis wächst der Jnhalt der Darstellungen
heraus. Jn endlosem Auge steigert sich der Einzelne ins
Riesenhafte einer heiligen Gemeinschaft und ihrer
seelischen Verschmelzung, durch alle Lebensalter hindurch,
von der Kinderprozession mit den Kerzen auf der Dar-
stellung im Tempel, der h. Ursula und St. Gereon mit
den Iungfrauen und Rittern bis zum Auge der Seligen,
die in die himmlische Pforte einziehen. Sie finden ihr
Gegenstück in den zahllosen Engeln, die wie die Licht-
strahlen der Gloriole das himmlische Reich verkörpern.
So findet der große Lichtgedanke des Mittelalters,
der aus der kirchlichen Baukunst herauswächst, in den
Tafelwerken des Malers Stephan Lochner eine einzig-
artige Prägung. Jn seinem ältesten Werke, dem „Jüng-
sten Gericht", kommt die gewaltige Scheidung der beiden
großen Mächte, des Lichtes und der Finsternis, in echter
Volkstümlichkeit zum Ausdruck, gleichzeitig ein unend-
liches Verdienst des Künstlers, jene große Jdee, die im
Chore des Kölner Domes nur Wenigen verständlich auf-
lebte, dem Erlebnis der breiten Massen des Volkes er-
schlossen zu haben.
Sein Auge glühte in innerem Feuer. Jst es Aufall,
daß auf seinem Hauptwerke, dem Dombilde, die Magier
aus dem Morgenlande dem göttlichen Kmde Gold, Weih-
rauch und Myrrhen zum Opfer bringen? Seine Tafel-
werke werden zum heiligen Spiegel des Unendlichen,
zum Aeichen des Ewigen. Seine Werke singen wie der
Myrrhen-Garten Martins von Cochem Gottes Lob, so
vieltausendmal, als viele Strahlen in der „Sonnen und
Fünklein in den Planeten seynd, als viele Blumen im
Frühling und Farben in den Blümlein seynd, so viele
Gräßlein in den Wiesen und Äderlein in den Gräßlein
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