Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 30.1920

DOI issue:
Heft 2
DOI article:
Schmidtbonn, Wilhelm [Transl.]: Die Passion
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26486#0097

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die Passion

Johcin nes

Er geht in diescs Hnns.

Petrus

Komm, gehn wir auch hinein.

(Sie gelm zum Haus und grüßen den hervortretenden Hausherrn)
Petrus

Gott segne dieses Haus!

Urio n

Was wünscht ihr Herren hier?

Petrus

Wir bitten dich im Namen unseres Herrn:

Weis' einen großen Platz uns an,
wo unser Herr mit allen seinen Iüngern
ein ungestöites Ostern feiern kann.

Dies bittet Jesus.

Urion

Iesus! Der heilige Mensch von Galiläa!

Willkommen dreimal! Ehre für mein Haus!

Icb danke ihm von Herzen, alle Türen stehn ihm «uf.
Ja kob us

So gehn wir gleich ans Werk.

Urion

Seht hier den Hof, gepflasiert, überdacht:
hier könnt ihr sitzen bis in tiefe Sternennacht.

Nehmt, was ihr braucht, an Schüsseln, Krug, Tisch, Bank.
Petrus

Ein schöner Platz. Vom Himmel wirst du haben Dank.
Urion

Und wenn ihr brauchet Fleiscb, Wein, Brot,
so hat's auch damit hier im Haus nicht Not.

Sagt nur und habt nicht Furcht, daß ich euch böse bin.

Judas

Dank dir! Doch darf ich fragen, ohne Nebensinn,
was alles kostet, Wein und Brot und Fleisch?

Jch trag für Herrn und Jünger hier die Kasse,
trag sie, du siehst, leicht über jeden Berg und Gasse.
Urion

Du tust mir Unrecht, Bruder. Was ich geben kann,
das bietet euch das Herz der Freundschaft an.

Nicht reicb, besitz ich doch genug hierzu.

(Hier gehr Urion mit Petrus, Iohannes, Iakobus ins Haus uud
Iudas bleibt zurück)

Judas

Ein armer Teufel bist doch, Iudas, du.

Mußt hinten stehn, die Ehr wird dem zuteil,
des Knecht du bist auf Straßen hart und steil.

Er schleppt uns durch der Wüsten Feuersand,
wie Tagediebe streunen wir durchs Land,
mit ganz zerrißnen Schuhn, voll Furcht, wenn Hunde
lärmen,

nur Brot, nicht Fleisch, nicht Huhn in den Gedärmen.
Wir wären wahrlich gut genug,
um einem reichern Mann mit Aeit und Bein zu dienen,
mehr Lohn zu haben als im Gras die Bienen.

Und doch bleibt ihm am Rock der ganze Dienerzug.
Was maßt sich dieser Mensch denn an mit leerer Hcmd?
Awölf Diener passen nicht zu seinem Stand.

Wer ist d er Mann? Ein Niemand.

Und lebt wovon? Von dem, was man ihm zuwirft.

Was für ein Mensch? Ein guter Narr.

Wer spricht gut von ihm?

Wer weiß Gutes von ibm?

Wer hängt ihm an?

Nur ein paar einfache Leuto.

Wer haßt ihn auf den Tod?

Tausend, die reiche Mäntel tragen.

Jch sehe wohl das Licht in meiner armen Nacht
und weiß, was endlich mich bezahlt für meine Erden-
mühsal macbt.

Pfui Armut. Der arme Judas ist erwacht.

(Er geht)

2.

(Ieht kommt Iesus mit den Iüngern)

Iesus

Gottes Liebe diesem Haus, das einer fleißigen Spinne
gleicb

in einem Silbernetz von Ölbaumasten hangt!

Sieht man das Haus von fern, sieht mai:: cs ist nn
Erdenfreude reich.

Urion

Willkommen zehnnial, Herr!

Sieh alles Menschliche im Hause an die Tür gedrängt,
zu grüßen diesen königlichen Gast.

Iesus

Gott segne, was an Liebe du verschwendet hast.

O meine Freunde, Brüder: euch hab ich erwahlt,
am Tisch mit mir zu sitzen hingereiht,
das Ostermahl mit mir zu nehmen — nicht in Hciterkeit.
Die Tage unsrer Wanderschaft auf Weinbergwegen sind
gezählt.^

Gefahr ist da — schon sehen meine Augen über euch
hinaus.

Ench einzuweihen ins Geheimnis: Stunde ist und Ort
gekommen.

Denkt ihr noch an die Aeit, da auseinander ich euch oft
genommen,

mit allen Winden, um das neue Wort zu predigen,
ausgesandt?

Au denen hin, die auf euch warteten, verzehrt, im Geist
und Blut bedrückt?

War Winter oder Regen auch im Land,
nicht wart mit Ranzen, Geld und Schuhen ibr beglückt.
Und trotzdem — wart an Leib ihr jemals oder Herzen arm,
ob einzeln ihr zurückkamt oder gingt im bunten Schwarm?
Petrus

O selige Wanderzeit!

Iesus

Ach, andere Ieit ist jetzt.

Jch sage euch: wer einen Ranzen hat, der flicke ihn mit
starken Schnüren,

und wer nicht Schuhe hat, der bettle drum inständig an
den Türen.

Denn unsre sanfte Ruhe wird von Haß bald so gehetzt,
daß ihr müßt gehn mit eurem Wenigen ins offne Land,
wenn ihr euch Kopf wollt wahren und lebendigen Fuß
und Hand.

Ihr werdet durch der Welt traumbunte Länder gehn
und mit bescssenen Aungen vor den Menschen stehn

87
 
Annotationen