Manfred und Meliur.
Jst hier die stille Luft. Ein Bächlein rennt
Quer übern Weg auf Kieseln weiß und fein;
Farnkräuter beugen sich gefiedert zart,
Von Asten nieder hängen Moos und Bart,
Und wie ein Märchen plötzlich, außen, innen,
Iüngling und Wald harrt webend und in Sinnen.
Wie hingezaubert auf dem Wege hockt
Ein weißer Hase, der sein Mannchen macht.
Jm süßen Schreck dem Jüngling alles stockt;
Der Hase putzt sich und der Jüngling lacht.
Mit raschem Sprunge hoppt der Hase sort,
Der Jüngling folgt, er wechselt Ort um Ort,
Die Bäume tanzen bis in wirre Weite
Und rennen, wenn er näher kommt, zur Seite.
Mit einem Male blinkt es silbern aus;
Das Roß springt vorwärts; plötzlich dehnt sich's weit;
Das ist das Meer; nun hält das Roß im Lauf;
Unruhig steht es auf dem Schlick; die Aeit
Ist nicht mehr da; es rauscht und schlägt und spitzt,
Gesährlich wie ein Raubtier streckt sich's, blitzt,
Ein unbewegt Bewegtes, Volles, Leeres
Aieht zauberisch, ein lustig erdhast Schweres.
Mansred bleibt staclnend lange. Plötzlich liegt
An einem Ort, wo eben Welle glitt,
Ein zierlich Schifs, das sich anmutig wiegt.
Er reitet hin, vorsichtig und im Schritt,
Der Schlick ist zäh. Da sieht er wunderbar
Aus edlem Holz den Rumpf; aus Silber klar
Die Nägel, Klammern; elfenbeinern hingen
Die seidig bunten Taue in den Ringen.
Aum Land geht eine Brücke. Unverzagt
Manfred steigt ab, das Roß am Aügel führt
Und aus die Brücke sich zum Schifse wagt.
Kein Mensch ist auf dem Schifse. Plötzlich spürt
Er unsichtbare Füße eilig gehn,
Das Schifflein schwankt, weshalb kann er nicht sehn,
Die Segel hissen sich, schon eingezogen
Die Brücke ist, das Schiff schwimmt auf den Wogen.
Er hält das Roß, das mit dem Fuße scharrt,
Gestickte Decken hängen über Bord
Und ziehn im Wasser nach; verwundert starrt
Er in das Meer; da hebt sich hier und dort
Ein Haupt mit grünem Haar; stolz ein Delphin
Mit seinem Reiter zieht; sich jagen, fliehn,
Umplätschernd spielen lust'ge Abenteuer,
Ein jauchzend Weib, ein buntes Ungeheuer.
Wäßrige Augen verwundert rollen rund,
Erstaunt sich dicke rote Backen blähn;
Der sprüht das Wasser mit gespitztem Mund,
Dem spritzt's ins Antlitz, daß er nichts kann sehn,
Auf Muscheln blasen die, in vollen Tönen,
Leicht treibend, singen die breitbrüst'gen Schönen.
Die Sonne macht am Himmel einen Hupf,
Dann kollert sie geschwind hinab ins Meer.
Jetzt freut man sich, hat man ein Unterschlupf,
Denn dunkel wird es nun ja rings umher.
Da glüht es in des Schiffleins Jnnerm auf,
Es strahlt Metall und schimmert Holz; sein Lauf
Geht ruhig weiter; auf dem lustig feuchten,
Spektakelnden Gesindel liegt sein Leuchten.
Seit Vormittag ist Manfred fort von Hauö.
Iwar zwei gebratne Hühnchen eingepackt
Nebst Sonst'gem hat die Mutter; dieser Schmaus
War aber mittags schon verzehrt. Nun zwackt
Der Hunger Manfred, wie man denken kann,
Denn Manfred schließlich ist ein junger Mann;
Es langweilt auch das schnurrigste Erlebnis,
Wenn man nicht ahnt, was endlich das Ergebnis.
Als so verdrießlich Manfred sich befand,
Vorm Schiffe eine dunkle Masse steht.
Es knirscht der Kiel, von unsichtbarer Hand
Die Brücke wird geschoben; Manfred geht,
Das Roß am Aügel; wie zurück er guckt,
Das Schiff ist von der Finsternis verschluckt;
Er sieht auf einer Jnsel sich. Jm Dunkeln
Schaut durch die Bäume er ein Helles funkeln.
Vorsichtig tastend strebt er nach dem Glast.
Seitwärts die Bäume, dann nach hinten gehn;
Auf dunkler Wiese steht da ein Palast,
Ein schwarz Gerüst mit Feuerwerk zu sehn:
Aus jedem Fenster und aus offner Tür
Ein heller Lichtschein zaubrisch bricht herfür;
Am blauen Himmel wandeln Mond und Sterne;
So still ist's, daß er Nah nicht weiß und Ferne.
Ein weiter Raum mit Säulen weiß und schlank.
Die Treppe führt empor aus Marmelstein.
Dann breit und hoch ein lichtdurchströmter Gang,
Iu Saal und Iimmer Türen lange Reihn.
Er geht und staunt. Jn Spiegeln strahlt das Licht
Und doppelt, dreifach widerstrahlt. Doch nicht
E.in'einzig lebend Wesen. Angerichtet
Jst alles, doch die Menschen sind geflüchtet.
Von Waffen dräut des einen Saales Wand,
Ein Springbronn plätschert in dem nächsten hell;
Dort auf dem Boden liegt ein rotes Band,
Ein Arbeitskörbchen steht. Ein buntes Fell
Verschoben liegt. Noch eben darauf saß
Das Kind, das Band und Körbchen hier vergaß.
Noch eben, wie? Verzaubert sind die Räume,
Vielleicht, wir schauen tausendjähr'ge Träume.
Die Kerzen brennen still und unbewegt.
Ein Luftzug strich Manfred wohl ins Gesicht,
Doch hat der Flammen keine sich geregt,
Und tiefer brennen auch die Kerzen nicht.
Mit angehaltnem Atem, auf den Iehn
Der Jüngling tritt, der Boden knackt im Gehn,
Ein Iauberschrecken fließt ihm durch die Glieder.
Da steht ein Stuhl. Er setzt sich lachend nieder.
Und wie er sitzt, mit einemmal er sieht
Gerichtet eine Tafel. Schimmernd weiß
Ein Linnentuch, wer weiß wie lang, sich zieht.
Jnmitten dampft die Suppe duftig heiß,
Die Teller reihn sich, gemalt gelb, grün und blau,
Ein Paar auf jedem nackt auf grüner Au,
Die Gläser blitzen, Messer, Gabeln blinken,
Uralt bestaubte Flaschen freundlich winken.
Manfred steht auf. „Und wenn ich sterben soll,
Was mir gebührt, ich bin ein Königssohn,
Das will ich haben in dem Iauber toll"
Spricht er und setzt sich ruhig auf den Thron,
Der an der Tafel Ende ist erhöht.
Der Suppenteller plötzlich vor ihm steht,
Entfaltet sich das Mundtuch, sieht er fließen
Den Wein ins Glas, doch Hände nicht, die gießen.
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Jst hier die stille Luft. Ein Bächlein rennt
Quer übern Weg auf Kieseln weiß und fein;
Farnkräuter beugen sich gefiedert zart,
Von Asten nieder hängen Moos und Bart,
Und wie ein Märchen plötzlich, außen, innen,
Iüngling und Wald harrt webend und in Sinnen.
Wie hingezaubert auf dem Wege hockt
Ein weißer Hase, der sein Mannchen macht.
Jm süßen Schreck dem Jüngling alles stockt;
Der Hase putzt sich und der Jüngling lacht.
Mit raschem Sprunge hoppt der Hase sort,
Der Jüngling folgt, er wechselt Ort um Ort,
Die Bäume tanzen bis in wirre Weite
Und rennen, wenn er näher kommt, zur Seite.
Mit einem Male blinkt es silbern aus;
Das Roß springt vorwärts; plötzlich dehnt sich's weit;
Das ist das Meer; nun hält das Roß im Lauf;
Unruhig steht es auf dem Schlick; die Aeit
Ist nicht mehr da; es rauscht und schlägt und spitzt,
Gesährlich wie ein Raubtier streckt sich's, blitzt,
Ein unbewegt Bewegtes, Volles, Leeres
Aieht zauberisch, ein lustig erdhast Schweres.
Mansred bleibt staclnend lange. Plötzlich liegt
An einem Ort, wo eben Welle glitt,
Ein zierlich Schifs, das sich anmutig wiegt.
Er reitet hin, vorsichtig und im Schritt,
Der Schlick ist zäh. Da sieht er wunderbar
Aus edlem Holz den Rumpf; aus Silber klar
Die Nägel, Klammern; elfenbeinern hingen
Die seidig bunten Taue in den Ringen.
Aum Land geht eine Brücke. Unverzagt
Manfred steigt ab, das Roß am Aügel führt
Und aus die Brücke sich zum Schifse wagt.
Kein Mensch ist auf dem Schifse. Plötzlich spürt
Er unsichtbare Füße eilig gehn,
Das Schifflein schwankt, weshalb kann er nicht sehn,
Die Segel hissen sich, schon eingezogen
Die Brücke ist, das Schiff schwimmt auf den Wogen.
Er hält das Roß, das mit dem Fuße scharrt,
Gestickte Decken hängen über Bord
Und ziehn im Wasser nach; verwundert starrt
Er in das Meer; da hebt sich hier und dort
Ein Haupt mit grünem Haar; stolz ein Delphin
Mit seinem Reiter zieht; sich jagen, fliehn,
Umplätschernd spielen lust'ge Abenteuer,
Ein jauchzend Weib, ein buntes Ungeheuer.
Wäßrige Augen verwundert rollen rund,
Erstaunt sich dicke rote Backen blähn;
Der sprüht das Wasser mit gespitztem Mund,
Dem spritzt's ins Antlitz, daß er nichts kann sehn,
Auf Muscheln blasen die, in vollen Tönen,
Leicht treibend, singen die breitbrüst'gen Schönen.
Die Sonne macht am Himmel einen Hupf,
Dann kollert sie geschwind hinab ins Meer.
Jetzt freut man sich, hat man ein Unterschlupf,
Denn dunkel wird es nun ja rings umher.
Da glüht es in des Schiffleins Jnnerm auf,
Es strahlt Metall und schimmert Holz; sein Lauf
Geht ruhig weiter; auf dem lustig feuchten,
Spektakelnden Gesindel liegt sein Leuchten.
Seit Vormittag ist Manfred fort von Hauö.
Iwar zwei gebratne Hühnchen eingepackt
Nebst Sonst'gem hat die Mutter; dieser Schmaus
War aber mittags schon verzehrt. Nun zwackt
Der Hunger Manfred, wie man denken kann,
Denn Manfred schließlich ist ein junger Mann;
Es langweilt auch das schnurrigste Erlebnis,
Wenn man nicht ahnt, was endlich das Ergebnis.
Als so verdrießlich Manfred sich befand,
Vorm Schiffe eine dunkle Masse steht.
Es knirscht der Kiel, von unsichtbarer Hand
Die Brücke wird geschoben; Manfred geht,
Das Roß am Aügel; wie zurück er guckt,
Das Schiff ist von der Finsternis verschluckt;
Er sieht auf einer Jnsel sich. Jm Dunkeln
Schaut durch die Bäume er ein Helles funkeln.
Vorsichtig tastend strebt er nach dem Glast.
Seitwärts die Bäume, dann nach hinten gehn;
Auf dunkler Wiese steht da ein Palast,
Ein schwarz Gerüst mit Feuerwerk zu sehn:
Aus jedem Fenster und aus offner Tür
Ein heller Lichtschein zaubrisch bricht herfür;
Am blauen Himmel wandeln Mond und Sterne;
So still ist's, daß er Nah nicht weiß und Ferne.
Ein weiter Raum mit Säulen weiß und schlank.
Die Treppe führt empor aus Marmelstein.
Dann breit und hoch ein lichtdurchströmter Gang,
Iu Saal und Iimmer Türen lange Reihn.
Er geht und staunt. Jn Spiegeln strahlt das Licht
Und doppelt, dreifach widerstrahlt. Doch nicht
E.in'einzig lebend Wesen. Angerichtet
Jst alles, doch die Menschen sind geflüchtet.
Von Waffen dräut des einen Saales Wand,
Ein Springbronn plätschert in dem nächsten hell;
Dort auf dem Boden liegt ein rotes Band,
Ein Arbeitskörbchen steht. Ein buntes Fell
Verschoben liegt. Noch eben darauf saß
Das Kind, das Band und Körbchen hier vergaß.
Noch eben, wie? Verzaubert sind die Räume,
Vielleicht, wir schauen tausendjähr'ge Träume.
Die Kerzen brennen still und unbewegt.
Ein Luftzug strich Manfred wohl ins Gesicht,
Doch hat der Flammen keine sich geregt,
Und tiefer brennen auch die Kerzen nicht.
Mit angehaltnem Atem, auf den Iehn
Der Jüngling tritt, der Boden knackt im Gehn,
Ein Iauberschrecken fließt ihm durch die Glieder.
Da steht ein Stuhl. Er setzt sich lachend nieder.
Und wie er sitzt, mit einemmal er sieht
Gerichtet eine Tafel. Schimmernd weiß
Ein Linnentuch, wer weiß wie lang, sich zieht.
Jnmitten dampft die Suppe duftig heiß,
Die Teller reihn sich, gemalt gelb, grün und blau,
Ein Paar auf jedem nackt auf grüner Au,
Die Gläser blitzen, Messer, Gabeln blinken,
Uralt bestaubte Flaschen freundlich winken.
Manfred steht auf. „Und wenn ich sterben soll,
Was mir gebührt, ich bin ein Königssohn,
Das will ich haben in dem Iauber toll"
Spricht er und setzt sich ruhig auf den Thron,
Der an der Tafel Ende ist erhöht.
Der Suppenteller plötzlich vor ihm steht,
Entfaltet sich das Mundtuch, sieht er fließen
Den Wein ins Glas, doch Hände nicht, die gießen.
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