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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 1 (Jan. un. Febr.)
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Haug, Ferdinand: Viana: F. Haug
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0024

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12

also etwa bei Tuttlingen, Mengen, Risstissen, Finningen, wiewohl die Masse nicht
genau stimmen. Sonst wissen wir aber von diesen Stâdten gar nichts. Mit Un-
recht wird nun die Stadt Viana in Râtien identifiziert mit der Stadt Viana, welche
öfters auf Grabsteinen des i. Jahrh. als Heimat von Pratorianern und Legionaren
erscheint, besonders in Mainz. Schon Mommsen hat in seiner grundlegenden
Abhandlung über die Konskriptionsordnung der rômischen Kaiserzeit (Hermes 19,
S. 1—79, vgl. auch Eph. epigr. V p. 159—249) nachgewiesen, dass im Anfang der
Kaiserzeit die Legionen und Prâtorianerkohorten aus Italien und dann auch aus
den romanisierten Landschaften, aus den mit dem Bürgerrecht begabten und in
die Tribus eingeteilten Stadten von Gallia Cisalpina und Gallia Narbonensis erganzt
wurden, aber nicht aus den von Peregrinen bewohnten Provinzen, wie Rhâtien oder
Britannien. Diese Nichtbürger dienten vielmehr in den Auxilien, nannten nicht
eine Stadt, sondern einen Stamm als Heimat und wurden erst bei ihrer Entlassung
mit dem Bürgerrecht beschenkt (vgl. Mannh. Geschichtsblâtter 1907, Sp. 196 f., wo
auch Viana besprochen ist). Schon die Tatsachen also, dass die von Viana stam-
menden Soldaten auf den Grabschriften der Tribus Voltinia zugeteilt sind, und
dass sie als Bürger in Legionen dienen, sind klare Beweise, dass sie nicht aus
Rhätien stammen kônnen, sondern nur aus einer romanisierten Provinz. Die Stadt
Viana der Militârinschriften ist identisch mit Vie n 11 a (auch Viena), der damals
sehr bedeutenden Stadt in Gallia Narbonensis, heute Vienne in der Provence. Die
zahlreichen Belege hierfür einzeln aufzuführen ist nicht notwendi^ ; ich verweise
auf O. Hirschfeld (CIL ΧΙΓ p. 217 ff.), welcher Viana als die ursprüngliche kel-
tische Form ansieht, ferner auf Ivubitschek (Imperium Romanum tributim dis-
criptum p. 212 f.) und neustens aufHolder (Altkeltischer Sprachschatz s. v. Viana),
welche beide die einschlägigen Inschriften vollstândig aufführen. Hiernach dari
man wohl hoffen, dass der immer wieder, auch bei Fachmânnern, auftretende Irr-
tum der Verwechslung des rhatischen Viana mit dem südgallischen (vgl. Rômische
Ueberreste in Bayern S. 115 und Rômisch - german. Korr.-Bl. 1908, S. 54) endlich
aus der wissenschaftlichen Literatur verschwinde.

Mannheim. F. Haug.

LITERATUR.

7. Führer durch die Staatssammlung va-

terlândischer Altertümer in Stuttgart, heraus-
gegeben von der Direktion. Esslingen, P.
Neff, 1908.

Zum drittenmal erscheint dieser Führer,
und zwar diesmal mit reichem Bilderschmuck
auf 48 Tafeln. Sein handliches Format er-
leichtert den Gebrauch bei Besichtigung der
Sammlung, sein gediegener Inhalt empfiehlt
ihn zur Vorbereitung für einen Besuch und
zur Verarbeitung des Gesehenen. Der Be-
arbeiter der vor- und frühgeschichtlichen
Abteilung, Dr. Gôssler, hat den Beschrei-
bungen der Gegenstânde jeweils gut orien-
tierende Einleitungen vorausgeschickt, die
auch an sich schon, ganz abgesehen von
der Sammlung, ihren Wert haben. Auf Grund
der neuesten Forschungen, namentlich im
Anschluss an P. Reinecke, sind innerhalb
der bekannten grossen Perioden der Stein-,
Bronze-, Hallstatt-, Latène-Zeit nicht nur je
eine altere und jüngere Periode, sondern
noch weitere Entwicklungsstufen unter-
schieden, die freilich wohl zum Teil nur
als vorlâufige Versuche, Ordnung in den
reichen und vielgestaltigen Stoff hinein-
zubringen, gelten kônnen. Im allgemeinen
sind diese Kulturstufen mit ihren charakte-
ristischen Wohnarten und Bestattungs-
gebrâuchen, mit ihren Gefassen, Waffen,

Schmuckgegenstânden, recht anschaulich
und, soweit wir urteilen kônnen, zutreffend
geschildert und auf 22 Tafeln zur Anschau-
ung gebracht. Für den nicht fachkundigen
Laien wären wohl die franzôsischen Aus-
drücke für die Epochen der Steinzeit, wie
Moustérien, Solutréen u. dgl. durch einfache
deutsche Bezeichnungen wie Mammutzeit
zu erklâren. Auch sollten die Abbildungen
zum Teil etwas grôsser sein ; wegen des
zu kleinen Massstabs sind manche Dinge
nicht deutlich erkennbar.

Die wichtigsten Fundstâtten im Lande
Württemberg sind für die âltere Steinzeit
die bewohnten Höhlen der Schwâbischen
Alb und die Abfallgrube bei der Sçhussen-
quelle im Steinhauser Ried, für die neolith-
ische Zeit das Dorf Grossgartach mit seiner
Bandkeramik und die Pfahlbaustationen von
Schussenried und vom Bodensee, aus der
Bronze- und Hallstattzeit die Grabhügel der
Schwâbischen Alb, die der Staatssammlung
einen überreichen Bestand an farbenreichen
und geschnitzten Gefâssen geliefert haben.
Es folgen sodann die von der Hallstatt- zur
Latènezeit hinüberführenden Fürstengraber
mit ihrem herrlichen Goldschmuck, in der
Gegend von Riedlingen und Ludwigsburg,
und die Ringwâlle, besonders der als keL
tisches Oppidum sich darstellende bei
 
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