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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 4 (Juli u. August)
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Lehner, Hans: Xanten: Ausgrabung von Vetera im Jahre 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0062

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Massen bei Polybius. Vom Südtor, also der porta praetoria, konnten die
Fundamentspuren des hölzernen Torgebäudes so vollstândig freigelegt
werden, dass sein Grundriss genau feststeht. Hinter den zurückgebogenen
Endigungen des Grabens, die hier eine Durchfahrt von 12 Meter freiliessen
(âhnlich wie bei dem bereits im Vorjahre aufgedeckten Nordtor) fanden sich
die Pfostenlôcher von zwei nach dem Inneren zurückspringenden Tortürmen,
zwischen denen ein Durchgang von 8 Meter bleibt. Dieser Durchgang war
durch zwei hintereinander stehende Pfosten nochmals in zwei offenbar über-
brückte Durchgânge geteilt, unter welchen je ein Wasserabzugskanal aus dem
Innern des Lagers herausleitete. Die Stellung der Pfçsten ist âhnlich den
bei den Befestigungen bei Haltern, Oberaden etc. nachgewiesenen Toren
Die Bekiesung der via praetoria war deutlich erhalten. Alle übrigen im
vorigen Bericht mitgeteilten Einzelheiten wurden auch durch die neue Grabung
bestâtigt. Die Verteilung der gestempelten Ziegel auf die beiden Seiten des
Lagers ist auch auf der Südhâlfte beobachtet worden; die 5. Legion hat also
die westliche oder wie wir jetzt sagen können, rechte Hälfte, die XV. die
östliche linke Halfte des Lagers gebaut und innegehabt. Auch die verbrannte
Holzverkleidung des Walles und die mit ihr in den Graben gestürzte Ziegel-
verkleidung hat sich überall auf der südlichen Hâlfte der Ostseite wieder
gefunden. Am Südtor vereinigen sich die Ziegel beider Legionen dergestalt,
dass im westlichen Wasserabzugskanal Ziegel der V., im ôstlichen solche der
XV. Legion lagen, im übrigen scheinen am Südtor nur Ziegel der V. Legion
verwendet worden zu sein. Mit den Stempeln der XV. Legion vereint,

fanden sich an zwei Stellen die sonderbaren

Monogrammstempel Tra.

welche damit genau datiert, aber leider noch nicht erklârt werden Vielleicht
beziehen sie sich auf eine Hülfstruppe, die mit den Legionen zusammen ge-
lagert hat.

Nachdem nunmehr die vier Tore ermittelt und somit die beiden Haupt-
linien, der decumanus und der cardo gegeben waren, stellten wir auf dem
Kreuzungspunkt dieser beiden Linien, also der antiken groma, einen Kompass
auf und ermittelten so, dass der decumanus des Lagers fast haarscharf mit
dem Meridian zusammentrifft, der cardo ebenso genau der Ost- und West-
linie entspricht. Das Lager war also offenbar genau nach den Himmels-
richtungen orientiert.

Aus den Einzelfunden ergibt sich immer klarer, dass die Gründung
dieses Lagers wohl kaum erheblich vor die Regierungszeit des Kaisers Clau-
dius hinaufzurücken ist ; für sein Ende ist wichtig der P'und eines Grosserzes
des Nero im ôstlichen Wasserabzugskanal im Südtor, welches jedenfalls das
Bestehen dieses Lagers nocn unter Nero wahrscheinlich macht.

Im Innern dieses grossen Lagers wurde ungefahr in der Gegend der
via principalis, von welcher bisher nur geringe Kiesspuren gefunden wurden,
etwa an der Stelle, wo diese Hauptstrasse mit der via praetoria zusammen-
treffen muss, der Doppelgraben eines âlteren Lagers gefunden, welcher
nach den Einzelfunden in die Zeit des Augustus gehôrt, aber offenbar nicht
mit den schon in den früheren Berichten beschriebenen augusteischen Grâben
zusammenhängt, sondern eine von diesen unabhângige frühe Lagerperiode
darstellt. Da von ihm erst ein ganz kurzes Stück mit einer flachen Biegung
aufgedeckt werden konnte, so mag er hier nur vorläufig erwâhnt werden.
Augusteische Gruben wurden im Ubrigen auch sonst an den verschiedensten
Stellen der Ausgrabung getroffen, ja der Graben des oben beschriebenen
Zweilegionslagers zeigt an der Südfront regelmâssig mehrere Perioden, von
welchen eine augusteisch zu sein scheint.
 
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