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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 2.1909

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Nr. 4 (Juli u. August)
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Jagsthausen / Fremersdorf a. Saar
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https://doi.org/10.11588/diglit.24879#0068

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Beigaben, besonders die Krüge, Becher und
Teller für Trank und Speise und ein Glas-
gefâsschen sehr eleganter Form für Wohl-
geruch. Diese Gebrauchsgeschirre stammen
nicht von einem etwaigen Totenmahl, son-
dern enthielten Labung für den Toten, wie
auch die zerstreut gefundenen Tierknochen
dem Toten, nicht dem Lebenden zugehôrten.
Lampen kamen nur zwei ganze und ein
Fragment zum Vorschein. Münzen dagegen
im ganzen 17, 2 in Urnen, die anderen offen
beigelegt, bei einem Grabe 4. Es sind be-
r zeichnender Weise keine. Silber - Denare,
sondern nur Bronzemünzen mittlererGrôsse;
das relativ Wertloseste, was einer an Geld
zur Verfiigung hatte, wurde also als «Cha-
ronsgroschen« mitgegeben. Auch Beigaben,
die sich aufs Gewerbe des Toten bezogen,
fehlten; auf ehemalige Liebhabereien weisen
hin z. B. ein bronzenes Schlossbeschlâg mit
3 Nâgeln von einem — vërgangenen — Holz-
kastchen, ein eiserner und ein bronzener
Traggriff. Die Masse der in Scherben auf-
gefundenen unverbrannten Gefässe, die z. B.
in Kôngen über der Aschenschicht gefunden
wird, war nicht sehr gross. Bei der treff-
lichen Konservierung aber durch den Sand
lâsst sich bestimmt behaupten, dass man
sie schon als Scherben von Hause mit-
brachte, um damit die Aschenreste zu be-
decken. Dazu wurden besonders gerne
Reibschalen- und Amphorenstücke verwen-
det: auch dies ein Beweis, dass sie nicht
von einem draussen gehaltenen Leichen-
schmaus stammen konnen.

Die Erde zeigte nirgends Brandspuren,
daher hat die Verbrennung anderswo statt-
gefunden. Gegen den westlich anstossen-
den Acker erschien ein sich westwârts fort-
setzender, nach Osten halbrund geschichteter
Satz von unregelmässig gelegten Steinplâtt-
chen, .als eine Art Fussboden von etwa 5 m
Sehnenlânge von Nord nach Süd gemessen.
Darauf waren viele Aschenspuren. Ostlich
war neben diesem ein breites Loch von
i m Tiefe, ganz mit Asche gefüllt. In
nächster Nähe waren einige Graber. Aber
das Loch selbst sah aus wie ein —· wenigstens
vorübergehend benützter — Verbren-
nungsplatz, auf dem die Leiche über dem
Loch gelegt zu denken ist. Im Loch war
dasFeuer: vielleicht ist ein dort gefundenes
eisernes Messer für das Zurichten von Brenn-
holz benützt gewesen ; die Leiche müsste
man sich auf ein Brett über das offene Loch
gelegt denken. In der Nâhe lagen auch
verschiederie unverbrannte Tierknochen ;
diese müssten, falls Leichen über dem Loch
verbrannt worden waren, von einem an Ort
und Stelle vorgenommenen Totenmahl
stammen.

Ganz singulâr war eine Skelettbestat-
tung, auf die man etwas abseits von den
Brandgrabern stiess. In 1 m Tiefe lag ein
starkes Skelett eines ausgewachsenen Men-
schen, auf die Seite gelegt und die Beine

leicht angezogen. Dabei waren nur einige
Scherbchen; auch schwache Aschenspuren
rings um das Skelett lassen auf rômische
Zugehôrigkeit schliessen. Um die Frage zu
entscheiden, ob hier ein wesentlich spateres
Grab oder das Grab eines Einwohners einer
anderen Nationalitât, die streng an Beerdi-
gung festhielt, vorliegt, dazu ist das Material
zu dürftig. — Die Lage des rômischen Fried-
hofs ist gut gewâhlt. Er schliesst sich an
die bürgerliche Niederlassung an, die ihn
selbst wieder vom Kastell trennt, und zwar
an dessen in Einzelvillen auslaufendes West-
ende. Gen Westen zieht er sich vermutlich
bis dahin, wo das Gelande zu der an die
von Norden her anspringenden Anhôhe an-
steigt. Ein Beweis, dass es sich um den
Soldatenfriedhof handelt, ist nicht zum
Vorschein gekommen. Es scheint auch
nicht wahrscheinlich, dass dieser soweit vom
Kastell entfernt (etwa V2 km) gelegen ge-
wesen ist.

Unter den F u n d e n sind zuerst zu
nennen: 17 Münzen, von denen leider 8
infolge der Lagerung im etwas feuchten
Boden unleserlich — trotz chemischer Mittel
— geworden sind. Die anderen neun sind
je eine Münze des Kaisers Hadrian (117-138),
des Kaisers Antonius Pius (138-161), 2 seiner
Gemahlin Faustina der Alteren, 1 des Kaisers
Marc Aurel (161-180), 2 seiner Gemahlin
Faustina der Jüngeren, 1 des Lucius Verus,
Marc Aurels Adoptivbruder und Mitregent
(161-172), i des Kaisers Commodus (180-192).
Vertreten ist also fast das ganze 2. Jahr-
hundert. An M e t a 11 gegenstanden fanden
sich u. a. ein Bronzeplâttchen von einem
Flügel, wohl von einer Statue, 1 Bronzekopf,

1 Bronzehâkchen, Traggriff aus Eisen und
Bronze, Drehschüssel, Kettenglied, Kloben,
Messer und Nägel aus Eisen, letztere z. T.
die Reste einer für die Leichenverbrennung
zusammengezimmerten Bahre, zum Teil die
Reste einer Art Holzurne. Überwiegend
sind die Tonfunde: auffallenderweise nur

2 Lampen, um so reichhaltiger aber Keramik.
Die ganz erhaltenen Gefasse sind 40 ein-
henklige Krüge, 1 henkelloser Krug, 2 flache
Schüsseln, 2 Teller, 2 Becher mit eingefal-
teten Seitenwânden, 4 hohe Urnen und 1
niederer Topf: dies das grôbere Geschirr,
das, wie ein schlecht gedrehter und im Brand
verworfener, sicherlich nie in Handel ge-
kommener Krug zeigt, zum Teil einheimisch
fabriziert ist. l3as bessere Geschirr besteht
aus 2 grauen und 1 schwarzgefirnissten Fuss-
becherchen, 1 schwarz gefirnissten, mit ein-
geschnittenem Zickzackband verzierten
Flasche ; dann zahlreiche Ware aus der be-
kannten korallroten Terra sigillata, nâmlich
ausser vielen Scherben 2 ganze Bilder-
schüsseln, 1 Teller und 1 Becher. Die Ge-
samtsumme der vollstândig erhaltenen Ge-
fässe betragt somit 62 ; die Gesamtsumme
aller — ehemals vollstândigen — keramischen
Beigaben dürfte mit 100—110 nicht zu nie-
 
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