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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 6.1913

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Nr. 5 (Sept. u. Okt.)
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Quilling, Fritz: Odysseus und Eurykleia
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Knorr, Robert: Vorflavische Sigillata von Günzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.25476#0082

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Als bezeichnendes Beispiel wird die Übernahme der hellenistischen Darstel-
lung einer Opferscene (Abb. 143—145) angeführt. Sie begegnet zuerst auf
Gemmen: Zwei einander gegenüberstehende Figuren, beide mit dem Ober-
körper nach vorne geneigt, rechts ein Mann, der ein soeben geschlachtetes
Tier mit beiden Händen gefasst hält, links ein Weib mit einem vorgestreckten
Gefäss, um das Blut des Tieres aufzufangen.

Dieses Motiv soll von den Gemmen in unverstandener Weise zunächst
als Rehefverzierung auf eine hellenistische, von Schreiber veröffentlichte Kanne
übernommen und von da in den Typenvorrat der Sigillatadekoration über-
gegangen sein. Von diesem Satze dürfte nur haltbar sein, dass die Dar-
stellungen der Kanne und der Sigillata-Reliefs von einander abhängen, hin-
gegen haben die Darstellungen der Gemmen und der Kanne nichts mit
einander gemein als eine gewisse äusserliche Ähnlichkeit. Sie mag wohl
auch dazu geführt haben, dass die Unterschiede des Gemmen- und des
Kannenbildes nicht genügend gewürdigt wurden. Auf den Gemmen steht
die männliche Figur, auf der Kanne und der Sigillata sitzt sie; auf der
Gemme richtet die Frau, wie es bei dieser Handlung des Blutauffangens in
einem Gefässe selbstverständlich ist, ihren Blick nach unten, nach dem
Gefässe zu, auf Kanne und Sigillata hingegen wendet sie den Kopf nach
oben und sieht die männliche Figur an. Sagen wir nur gleich: sieht sie
erstaunt an, denn Schreiber hat Recht, wenn er die Szene als Badeszene erklärt,
und die präzisere Deutung auf die Bade-Erkennungsszene von Odysseus und
Eurykleia ergibt sich eben aus dem nicht ungeschickten Motiv des erstaunten
Aufschauens der guten Alten, als sie die Narbe entdeckt. Odysseus ist
natürlich sitzend dargestellt und zwar mit übergeschlagenen Beinen; das Knie
des übergeschlagenen — jedenfalls des ominösen — Beines hält er mit der
linken Hand oder mit beiden Händen gefasst, ein sehr gewöhnliches, schon
vom Parthenon-Ostfries bekanntes Bewegungsmotiv, das wenigstens bei der
Kanne mit unverkennbarer Deutlichkeit zu Tage tritt. Das rohere Sigillata-
relief ist darin schon deshalb weniger klar, weil die Figur des Odysseus
bedeutend mehr ins Profil gerückt ist; trotzdem handelt es sich aber zweifel-
los in beiden Fällen um den gleichen Darstellungsgegenstand: Odysseus und
Eurykleia.

Homburg v. d. H. Quilling.

Vorflavische Sigillata von Günzburg.

42. Durch die im VI. Bericht der Römisch-germ. Kommission erschienene
Arbeit von W. Barthel über die Limesforschung der letzten Jahre ist die Frage
in den Vordergrund des Interesses gerückt, ob das merkwürdige Aislingen
und das von Burkhardt, Goessler und Bersu in jüngster Zeit aufgedeckte
Kastell Risstissen die einzigen unter Claudius an die Donau vorgeschobenen
Punkte sind, oder ob damals schon eine geschlossene Kastellreihe an der
Donau geschaffen wurde, wie sie jedenfalls später unter Vespasian bestanden
hat. Auch Günzburg schien unter seinen Fundstücken manches vorflavische auf-
zuweisen (Barthe), R.-G. K.-Bericht VI S. iS9und 167, und Goessler, Jubiläums-
schrift des Stuttgarter Museums 1913 S. 48). — Prof. Goessler ist nun kürz-
lich im Museum in Günzburg eine Reihe von Sigillaten als vermutlich vor-
flavisch aufgefallen, und ich folge seiner Anregung, wenn ich über diese in
der Tat z. T. recht frühen Stiicke hier kurze Mitteilung mache. Es sind
Bruchstücke von mehreren Exemplaren kleiner Schüsselchen der Form Drag.
24 oder 25 und eine Reihe Fragmente von Gefässen der Form Drag. 22 u. 23.
Allerdings finden sich diese Gefässe ganz vereinzelt auch noch an vespasia-
 
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