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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Merk, Gustav: Die Statuten der Priesterbruderschaft der Liebfrauenpfarrkirche zu Ravensburg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0072

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56

es zu, ernstliche Beobachtungen und Aus-
stellungen zu notieren oder einem anderen
anzuvertrauen, damit der Widerhaarige
um so leichter bekehrt werde, Der Pfarrer
allein auch soll eine Büchse haben, in
welche die Strafgelder gelegt werden,
Sobald sie aber einen Gulden zusammen-
betragen, soll er sie dem Pfleger (Pro-
curator) übergeben, damit er sie mit den
Präsenzgeldern allmählich verteile,

Sechste Pflicht des Pfarrers ist es,
die Confraternität als rechtliches Haupt
zu lenken; ohne seine Anwesenheit darf
kein Konveut abgehalten werden und was
ohne sein Vorwissen beschlossen wird, ist
null und nichtig. Deshalb hat er die
erste und letzte Stimme bei Allem, wie
auch den Schlüssel zum Archiv, das Siegel
der Bruderschaft, den libsr ^nrmlium,
worin alles genau eingeschrieben sein
muß, Die erst angefangene Registratur
aber soll er mit den älteren beigezogenen
Gehilfen vollenden und die Stiftungen
gut überwachen. Die Almosen der Bruder-
schaft sollen vom Mesner in Gegenwart
des Procurators verteilt werden, aber
nicht nach Gunst, sondern nach Würdig-
keit und nicht an Bürger, die durch
Händearbeit sich ernähren können, sondern
an wahrhaft Arme, besonders an die
katholischen Scholaren; die Chorschüler
erhalten aber immer das Doppelte, Der
Pfarrer dulde nicht, daß ein Coadjutor
zum Procurator gewählt werde, noch zum
stellvertretenden Pfarrer der Pfarrei
Eschau, damit nicht durch weltliche An-
gelegenheiten die Geistlichen außerhalb
der Stadt gezogen werden, Die Lehens-
gelder der Bruderschaft sollen nicht sofort
wie bisher verteilt werden, sondern dem
Pfarrer auf einmal gegeben werden, der
sie dem Procurator gebe, damit er sie
allmählich jedem, der dem letzten Amt
beiwohnt, ausbezahle, einen halben Batzen
als Präsenzgeld, für die Vesper aber
einen Kreuzer, über die Einkünfte der
Confraternität soll der Pfarrer mit dem
Procurator alle drei Jahre Rechenschaft
ablegen, entweder dem Generalvikar oder
einem anderen Bevollmächtigten des
Ordinariates und dabei eidlich versichern,
daß sie die Stiftungs- und Lehensbriefe
nicht zu Hause, sondern im Archiv auf-
bewahren, zumal man in Kriegszeiten

darauf sem müsse, daß die Schriftstücke
an sicheren Ort gebracht werden, damit
nicht, wie bisher schon geschehen, dieselben
in die Hände der Häretiker kommen, Da-
rum soll der Pfarrer auch sorgen, daß
er die Schlüssel zur Sakristei, in der das
Archiv sich befindet, zeitig ausliefere, da-
mit sie nicht immer vom Mesner er-
bettelt werden müssen, Bei entstandenen
Streitigkeiten wegen Wiesen und Gütern
steht es dem Pfarrer frei, persönlich bei
den Augenscheinen zu erscheinen oder einen
anderen mit dem ersten Prokurator zu
senden. Der zweite Prokurator solle immer
in der Stadt bleiben, außer der Pfarrer
bestimme es in einzelnen dringenden Fällen
anders. Wenn einer für die Sachen
der Bruderschaft arbeitet, so wird er nicht
bezahlt; wenn er aber wegen Verwaltung
der Sakramente oder wegen pfarrlichen
Geschäften im Chor nicht anwesend sein
kann, erhält er immer das ganze Prä-
senzgeld.

Die letzte Aufgabe des Pfarrers ist,
daß er das bisher in so lobenswerter
Weise Eingeführte unverletzlich halte und
zwar

1. Daß auf die 4 hohen Feiertage
Beichtgelegenheit gegeben werde, wozu
2 Tage zuvor (vor Oftern 3 Tage zu-
vor), im Winter um 6 Uhr Früh, im
Sommer um 5 Uhr, mittags um 2 Uhr
ein bestimmtes Glockenzeichen gegeben
werde. Nach dem Glockenzeichen ziehe
sich der Pfarrer mit seinen Coadjntoren
in den Beichtstuhl zurück und nehme mit
Geduld die Beichtlinge anf. Wenn ein
solcher Beichtkonkurs vorhanden, daß sie
ihn nicht bewültigen können, so kann der
Pfarrer auch die Kapläne in den Beicht-
stuhl rufen. Jn Zukunft soll überhaupt
keiner in die Bruderschaft nnd den Chor
aufgenommen werden, der zuvor nicht die
Prokura in Konstanz erlangt hat. Der
Pfarrer entziehe sich aber nie des Beicht-
hörens wegen der namentlich für die
ängstlicheren Seelen des Ravensburger
Volkes entstehenden Gefahr (außer an
den Tagen morgens, wo er zu predigen
habe). Die Leprosen und diejenigen, die
in Krankenanstalten, im „Steinhauß, deß
Todtenschehrers hauß, Bruederhauß" und
anderen zur oberen Pfarrei gehörigen
Häusern sich befinden, Beicht zu hören,
 
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