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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 26.1908

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Merk, Gustav: Die Statuten der Priesterbruderschaft der Liebfrauenpfarrkirche zu Ravensburg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20209#0073

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S7

ist 6x oikieio Sache der Coadjutoren,
wie auch die Spendung der hl. Sakra-
mente, dies auch zur Zeit der Pest, wenn
aus wichtigen Gründen der Pfarrer nicht
anders bestimmt.

Die beigebrachte Sitte, eigens den
Katechismus an Sonn- und Feiertagen
nach Iti Uhr zu erklären, behalte der
Pfarrer bei, weun er nicht mit dem
Pfarrer von St. Jodok sich vergleiche,
daß der eine an den Sonntagen, der
andere an den Festtagen oder einer in
der einen Hälfte des Jahres, der andere
in der zweiten Hälfte die Christenlehre
halte.

3. Zur Erhöhung und Förderung der
Andacht behalte er den Kultus an den
Festtagen bei, so lasfe er z. B. an Weih-
nachten die Krippe aufstellen und Weih-
nachtslieder siugen. Von Aschermittwoch
bis um 5 Uhr des Dienstag abends nach
dem Palmsonntag solle nach dem 8uiv6
U.6AMN das Ni86r6ry gesungen werden.
Vor Karfreitag lasse er nicht nur das
alte, sondern auch das neue heilige Grab
mit großem Aufwand erstellen. An Ostern
und durch die gauze Oktav hindurch sei
er für die Aufstellung der Auferstehungs-
gruppe (Uosuroetio oiun UuZoIo 6t Nurii^)
in der Mitte des Altars besorgt. Wenn
gleich das aber Sache des Mesners ist,
so überwache er diese Einrichtungen doch,
damit nicht der Gottesdienst darunter zu
leiden habe. Der Pfarrer habe auch
den Schlüssel „zue dem Opferstockh vor
dem Mittleren Altar". Die Opfer ver-
wende er zum Schmuck des hl. Grabes
und für die Kultzwecke auf andere Feste.

Daher gehört auch das Fest LorporU
0üri8li, an welchem die Prozession früher
am prunkvollsten gehalten wurde, seit
wenigen Jahren aber zur gewöhnlichen
gebührenden Feier reduziert wurde. Wäh-
rend der ganzen Oktav werde das Aller-
heiligste ausgesetzt und sämtliche Horen
gesungen. Keiner unterstehe sich das
Allerheiligste auszusetzen, der nicht nüchtern,
mit Stola und Pluviale angetan, mit
einem Kranz geziert sei und nachdem zu-
vor die Kerzen angezündet feien. So
oft aber der Pfarrer die Kommunion in
größerer Anzahl austeilt, soll während
dessen der »v6v8U8 8. kyruarcki« oder
etwas Ähnliches gesungen werden.

4. Die Krankenbesuche und Provisionen,
die seit einigen Jahren zum Trost der
Kranken und zur Bestärkung und Be-
festigung im katholischen Glauben ange-
fangen wurden, unterlasse der Pfarrer
nicht und wenn dies auch alle Geistlichen
angeht, so doch ganz besonders den
Pfarrer, um auf die Lauen einzuwirken
und sie an Leib uud Seele aufzurichten.

5. Die lateiuische Schule besuche er
des Ofteren, um zu sehen, wie die Jugend
in Frömmigkeit und Tugend und Wissen-
schaft unterrichtet werde. Dies ist auch
nach der neuen Stadtordnung vom Ma-
gistrat ea. 1607 dem Pfarrer und dem
katholischen Bürgermeister und Statt-
ammann ausdrücklich übertragen. Da
viele katholische Jünglinge und Mädchen
in den deutschen lutherischen Schulen
Ravensburgs den Unterricht besuchen, so
gehe er klugerweise auch dorthin.

6. Er dulde nicht, daß Knechte und
Mägde. wenn sie aus katholischen Stellen
kommen und gezwungen sind, bei Akatho-
liken zu dienen, die akatholische Kirche
besuchen. Er habe zu diesem Behufe
eine eigene Liste und benachrichtige den
Magistrat, daß sie abberufen werden und
die katholische Kirche besuchen. Auch ge-
statte er nicht, daß — wie schon öfters
saerilegischer Weise geschehen — diejenigen
auf katholische Weise kommuniziereu, welche
das ganze Jahr hindurch die Prädikanten
gehört, und nur zur katholischenKommunion
kommen, um ihre Herren zu täuschen.

7. Und an Sonn- und Feiertagen soll die
erst seit kurzem eingeführte Sitte fortgesetzt
werden, daß die Brautleute auch die ka-
tholischePredigt anhören, zumal da die Prä-
dikanten nicht einmal taufen, wenn diePaten
die Predigtnicht gehört haben. Unter diesem
Vorwand werden viele Katholiken, welche
Freundschafts- und Verwandtschaftshalber
zur Taufe gehen, verführt, indirekt die
Predigten der Häretiker anzuhörenU)

i) Nach dem evangel. Stistungsrats.Protokoll
vom LO.Oktober 1686 (Stadtarchiv Ravensburg)
ist von den evangel. Geistlichen erinnert worden,
„Die Anstalt zu machen, wann in den Mittags-
predigten Kindstanfsen Einsallen, daß die Tauffe
bey wehrender Mittagpredigt und nicht nach
derselbeu Endigung in die Kirch kommen Sollen".
Der Mesner wurde auf Beschluß angewiesen,
dies den Hebammen zu bedeuten bei einer Strafe
von 1 fl. 30 kr., wenn sie dagegen handeln.
 
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