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Hirsch, Theodor [Hrsg.]; Töppen, Max [Hrsg.]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Hrsg.]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0014

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VORWORT.

nach Kürze zugestutzt war: diese späteren Compilationen gelangten
um so mehr zu fast unangefochtener Autorität, da sie grösstentheils
durch den Druck verbreitet wurden, während jene ächten Quellen,
wegen ihrer Seltenheit oder wegen der Schwierigkeit ihres Verständ-
nisses auch von Forschern und Geschichtsfreunden wenig beachtet, sich
allmälig der allgemeinen Kenntniss entzogen und sich ebendeshalb ent-
weder an entlegene Orte oder ins Ausland verloren oder für immer
untergegangen sind. So konnte es geschehen, dass die Arbeiten eines
Simon Grunau, Waissel, Hennenberger, Caspar Schütz, neben denen man
etwa noch die nicht viel besseren der fremden Chronisten Johann Dlugosz,
Matthias vonMiechow und Martin Cromer, oder gar des Albert Krantz und
Johann Micraelius gebrauchte, Jahrhundertelang die Hauptquellen der
preussischen Geschichte blieben. Wohl hat es im xvn. und xvm. Jahr-
hunderte nicht an anerkennenswerthen Versuchen gefehlt, diese trübe
und dürftige Ueberlieferung durch Erschliessung reinerer Quellen zu
klären und zu ergänzen; Hartknoch gab das Chronicon Prussiae von Dus-
burg heraus; in den Acta Borussica wurden gute historische Materialien
veröffentlicht und von Baczko gewann der preussischen Geschichte einen
ansehnlichen Zuwachs zugleich an chronikalischem und urkundlichem
Stoffe; aber alle diese Versuche vermochten weder den beschränkten
Standpunkt lokaler Interessen zu verlassen noch sich zu einer unbe-
fangenen Würdigung der ächten historischen Quellen zu erheben. Erst in
unserem Jahrhunderte, unter dem Einflüsse des durch die Freiheitskriege
neu erwachten Volksgeistes und der hohen Begeisterung, welche die
Wiederherstellung des Ordens-Haupthauses in Marienburg durch den
Oberpräsidenten von Schön in den Gemüthern für den Ruhm der preus-
sischen Vorzeit entzündet hatte, unternahm es Johannes Voigt mit
umfassender Gelehrsamkeit und rastlosem Fleisse die alten Ueberlie-
ferungen zu durchforschen und zu einem grossaitigen Gemälde jener
glänzenden Zeit zusammenzufassen. Die dankbare Mit- und Nachwelt wird
es stets als sein unvergängliches Verdienst anerkennen, dass er unsere
Landesgeschichte im grossen Ganzen von jenen falschen Auctoritäten
frei machte, ihr in der Fülle urkundlichen Stoffes, die er herausgab oder
in seiner Geschichte Preussens zur Geltung kommen liess, eine neue
feste Grundlage schuf, auf welche jede spätere Arbeit immer wieder wird
zurückkehren müssen, und endlich ihre auf diesem Wege erkannte uni-
versalhistorische Bedeutung zur Anschauung brachte. Auch für die ur-
sprünglichen Quellenschriftsteller hat Voigt Bedeutendes geleistet, in-
dem er nicht nur aus dem Studium mancher bis dahin nicht benutzten
Chronisten die Kenntniss der Vorzeit mit neuem Stoffe bereicherte,
sondern auch einzelne derselben einer fruchtbaren Prüfung unterzog.
Nur konnte eine durchgreifende vergleichende Betrachtung des chroni-
kalischen Materials, eine strenge Sonderung des Späteren und Früheren,
des Abgeleiteten und Ursprünglichen, kurz alle diejenigen Operationen,
 
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