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I. CHR0N1C0N TERRAE PRÜSSIAE
offenbar nur durch jenen Bericht de Primordiis. Die Namen und Todestage der
ersten Meister (I. c. 2—5), so wie einzelne andere Tagesdaten konnte er aus
den für den täglichen Gebrauch bestimmten Kalendarien entnehmen.
Die Geschichte des deutschen Ordens in Preussen umfasst, so weit sie Dus-
burg erzählt, einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren, und es ist an sich nicht
wahrscheinlich, dass dieselbe vorDusburg nicht in irgend welcher Art verzeich-
net sein, und dass Dusburg sein reiches Material bis in die frühsten Zeiten zu-
rück ausschliesslich, oder fast ausschliesslich, mündlicher Ueberlieferung ver-
dankt haben sollte. Um so grössere Aufmerksamkeit verdient die in der Vorrede
zum Ghronicon Olivense entwickelte und zu einem höhen Grade der Wahrschein-
lichkeit gebrachte Vermuthung, dass schon um die Zeiten des Herzogs Mistwin
von Pommerellen (1266—1295) eine Geschichte der Kämpfe des deut-
schen Ordens in Preussen von 1226 —1256 von einem nicht näher be-
kannten Verfasser, der dem Orden jedoch fremd war, geschrieben, und dass
diese Geschichte sowohl von dem Verfasser des Ghronicon Olivense, als auch
von Dusburg benutzt sei, in der Art, dass sich der erstere näher an dieselbe
hält, der letztere sie aus anderen Quellen ergänzte und an einigen Stellen nach
seinem Standpunkte berichtigte. Jedenfalls zeigt'das Chronicon Olivense, wie
auch die Annales Polplinenses und der Canonicus Sambiensis sichere Spuren
originaler Ueberlieferung neben Dusburg.
Dass Dusburg die livländische Reimchronik kannte, wird man
wahrscheinlich finden. Zur Benutzung derselben war wenig Veranlassung ; doch
scheint Dusburg auf die Gewähr derselben zu berichten, dass die Samländer im
Stande gewesen wären 40,000 Mann zu Fuss ins Feld zu stellen (III. c. 3), und
dass Hermann Balk nach seinem Abgänge aus Preussen Livland noch etwa 6 Jahre
verwaltet habe (II. c. 10). — Die seltsamen Bemerkungen über die Kriege der
Preussen gegen Julius Caesar, gegen die 9 Brüder aus Schweden und gegen
Hugo Potyre wird Dusburg aus einer älteren Chronik genommen haben (II. c. 7).
Die Flucht Swantopolk’s vor den Ordensrittern nach der Niederlage bei Culm
vergleicht er mit der Flucht der Saracenen vor dem Angesichte Karl’s (III. c. 44)
— vielleicht nach Pseudoturpin. Citate aus der biblischen Geschichte sind häufig,
ebenso aus verschiedenen Kirchenschriftstellern, eins aus Comestor (IV. c. 115).
Urkundliche Begründung seiner Angaben lag Dusburg fern, dennoch
ist es nicht zweifelhaft, dass er an einigen Stellen Urkunden benutzt hat. Er
kannte den Streit über das Recht des Ordens an das Culmerland, welcher eben
zu seiner Zeit zwischen den Ordensrittern und den Polen mit grosser Erbitte-
rung geführt wurde, sehr wohl, und stellte demnach die Berufung des Ordens
nach Preussen und seine Abkunft mit Polen über das Culmerland ganz in dem
Sinne der ersteren dar. Den Inhalt der Schenkung Konrad’s von Masovien von
1230 giebt er in allen Hauptpunkten und sogar mit den Zeugen an (II. c. 5).
Ebenso gewiss kannte er die Bulle, in welcher Pabst Gregor IX. die Gläubigen
zum Kampfe gegen die heidnischen Preussen aufforderte vom 18. Januar 1230
(II. c. 6). Man vermuthet ferner, dass er die Bedingungen des im Jahre 1243
zwischen Swantopolk und dem Orden geschlossenen Friedens unmittelbar aus
einer jetzt verlorenen Urkunde geschöpft habe (III. c. 39). So dürfte er auch
schrieben ist. (Dudik, des deutschen Ritterordens Münzsammlung in Wien. S. 411. Die
deutsche Uebersetzung findet sich ebenfalls schon in einer Handschr. der deutschen Ordens-
statuten aus dem 13. Jahrhundert (Ausgabe von Schoenhuth. 1 847).
I. CHR0N1C0N TERRAE PRÜSSIAE
offenbar nur durch jenen Bericht de Primordiis. Die Namen und Todestage der
ersten Meister (I. c. 2—5), so wie einzelne andere Tagesdaten konnte er aus
den für den täglichen Gebrauch bestimmten Kalendarien entnehmen.
Die Geschichte des deutschen Ordens in Preussen umfasst, so weit sie Dus-
burg erzählt, einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren, und es ist an sich nicht
wahrscheinlich, dass dieselbe vorDusburg nicht in irgend welcher Art verzeich-
net sein, und dass Dusburg sein reiches Material bis in die frühsten Zeiten zu-
rück ausschliesslich, oder fast ausschliesslich, mündlicher Ueberlieferung ver-
dankt haben sollte. Um so grössere Aufmerksamkeit verdient die in der Vorrede
zum Ghronicon Olivense entwickelte und zu einem höhen Grade der Wahrschein-
lichkeit gebrachte Vermuthung, dass schon um die Zeiten des Herzogs Mistwin
von Pommerellen (1266—1295) eine Geschichte der Kämpfe des deut-
schen Ordens in Preussen von 1226 —1256 von einem nicht näher be-
kannten Verfasser, der dem Orden jedoch fremd war, geschrieben, und dass
diese Geschichte sowohl von dem Verfasser des Ghronicon Olivense, als auch
von Dusburg benutzt sei, in der Art, dass sich der erstere näher an dieselbe
hält, der letztere sie aus anderen Quellen ergänzte und an einigen Stellen nach
seinem Standpunkte berichtigte. Jedenfalls zeigt'das Chronicon Olivense, wie
auch die Annales Polplinenses und der Canonicus Sambiensis sichere Spuren
originaler Ueberlieferung neben Dusburg.
Dass Dusburg die livländische Reimchronik kannte, wird man
wahrscheinlich finden. Zur Benutzung derselben war wenig Veranlassung ; doch
scheint Dusburg auf die Gewähr derselben zu berichten, dass die Samländer im
Stande gewesen wären 40,000 Mann zu Fuss ins Feld zu stellen (III. c. 3), und
dass Hermann Balk nach seinem Abgänge aus Preussen Livland noch etwa 6 Jahre
verwaltet habe (II. c. 10). — Die seltsamen Bemerkungen über die Kriege der
Preussen gegen Julius Caesar, gegen die 9 Brüder aus Schweden und gegen
Hugo Potyre wird Dusburg aus einer älteren Chronik genommen haben (II. c. 7).
Die Flucht Swantopolk’s vor den Ordensrittern nach der Niederlage bei Culm
vergleicht er mit der Flucht der Saracenen vor dem Angesichte Karl’s (III. c. 44)
— vielleicht nach Pseudoturpin. Citate aus der biblischen Geschichte sind häufig,
ebenso aus verschiedenen Kirchenschriftstellern, eins aus Comestor (IV. c. 115).
Urkundliche Begründung seiner Angaben lag Dusburg fern, dennoch
ist es nicht zweifelhaft, dass er an einigen Stellen Urkunden benutzt hat. Er
kannte den Streit über das Recht des Ordens an das Culmerland, welcher eben
zu seiner Zeit zwischen den Ordensrittern und den Polen mit grosser Erbitte-
rung geführt wurde, sehr wohl, und stellte demnach die Berufung des Ordens
nach Preussen und seine Abkunft mit Polen über das Culmerland ganz in dem
Sinne der ersteren dar. Den Inhalt der Schenkung Konrad’s von Masovien von
1230 giebt er in allen Hauptpunkten und sogar mit den Zeugen an (II. c. 5).
Ebenso gewiss kannte er die Bulle, in welcher Pabst Gregor IX. die Gläubigen
zum Kampfe gegen die heidnischen Preussen aufforderte vom 18. Januar 1230
(II. c. 6). Man vermuthet ferner, dass er die Bedingungen des im Jahre 1243
zwischen Swantopolk und dem Orden geschlossenen Friedens unmittelbar aus
einer jetzt verlorenen Urkunde geschöpft habe (III. c. 39). So dürfte er auch
schrieben ist. (Dudik, des deutschen Ritterordens Münzsammlung in Wien. S. 411. Die
deutsche Uebersetzung findet sich ebenfalls schon in einer Handschr. der deutschen Ordens-
statuten aus dem 13. Jahrhundert (Ausgabe von Schoenhuth. 1 847).