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Hirsch, Theodor [Hrsg.]; Töppen, Max [Hrsg.]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Hrsg.]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0026

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1. CHRONICON TERRAE PRUSSIAE

des dritten Theiles erscheinen fast als eine salbungsreiche Paraphrase jener Ur-
quelle, welche im Chronicon von Oliva rein und schlicht erhalten ist. Bisweilen
erhebt er sich mitten in der Erzählung zum Gebet (III. c. 66, 84), oft zur from-
men Vermahnung. Ueber die Waffen des Fleisches und des Geistes stellt er
eine Betrachtung an, die den Umfang einer Abhandlung erreicht (II. c. 7—9).
Der Standpunkt, welchen er in der Beurtheilung der Begebenhei-
ten einnimmt, ist der streng hierarchische. Er ist voll von dem Lobe und Preise
der Ordensritter, da sie für die Ausbreitung der Kirche kämpfen und damit den
Willen Gottes vollbringen. Ihre Feinde sind die Feinde Gottes. Für Freiheits-
liebe, Tapferkeit und Edelsinn heidnischer Preussen hat er kein Wort der An-
erkennung. Er erkennt das Recht der Preussen zum Kampfe für die Freiheit nicht
an ; es versteht sich in seinem Sinne von selbst, dass diese Werkzeuge, ja Kin-
der des Teufels, filii Belial (III. c. 95), entweder ausgerottet oder zum Christen-
thum gezwungen werden müssten. Im vollsten Maa§se aber entladet sich der
Hass und Groll des Schriftstellers gegen ihren christlichen Verbündeten, den
Herzog Swantopolk von Pommerellen; auch ihn nennt er einen Sohn der Bosheit,
einen Sohn des Verderbens (III. c. 32 vgl. c. 66), einen Sohn des Teufels (III.
c. 35), der sich von der Kirche losgesagt habe (III. c. 34), der nur die Tugen-
den des Teufels, List, Schlauheit, Lug und Trug in sich trage (III. c. 32, 37,
40, 56). Er ging wie ein brüllender Löwe mit erhobenem Nacken umher, spä-
hend, wie er die Brüder und den mit vieler Vergiessung christlichen Blutes ge-
pflanzten neuen Glauben in Preussen vernichten könnte ; die Brüder des Ordens
dagegen — trugen seine Verfolgungen mit Sanftmuth und Geduld, um nicht in-
dem sie sich vertheidigten, ihre Hände gegen den Gesalbten des Herrn zu wen-
den ! (III. c. 56 und 32).
Aber nicht bloss seine hierarchischen Anschauungen verleiteten ihn zu
einseitigem und ungerechtem Urtheil; auch noch in anderem Sinne
zeigt er sich als Anhänger des Ordens parteiisch. Der Streit des Ordens mit
Polen über das Culmerland erfüllte zu seiner Zeit alle Gemüther; aus seiner
Chronik ist mit grösster Vorsicht alles entfernt, was irgend auf ein Recht der
Polen an das Culmerland hindeuten könnte, und um desto nachdrücklicher re-
den zu können, selbst eine bedenkliche Wendung (circa annum 1226 II. c. 5)
nicht gescheut. Aus ganz ähnlichem Grunde leugnet Dusburg indirect den Zu-
sammenhang des deutschen Ordens mit dem alten deutschen Hospital in Jeru-
salem, über welches der Meister der Johanniter die Aufsicht geführt hatte, in-
dem er wiederholentlich versicherte, Pabst Cölestin habe den deutschen Orden
gegründet (instituit), nicht etwa erneuert (vgl. zul. c. 1). Von vorsichtiger Zu-
rückhaltung wenigstens zeugen die Andeutungen über die Verhandlungen, wel-
che die Culmer in der höchsten Noth des Ordens mit Swantopolk anknüpften
(III. c. 43) und die Art, wie ohne Nennung des Namens von einem Fürsten ge-
sprochen wird, dessen Tod den Ordensrittern eine höchst erfreuliche Botschaft
war (Dusb. III. c. 242).
AlsDusburg seine Chronik vollendet hatte, legte er sie dem Hochmei-
ster Werner vonOrseln vor, und bat ihn, da niemand sich selbst genug
sei, dieselbe prüfen zu lassen, damit das, was der Verbesserung bedürftig
schiene, berichtigt, und die Schrift dann veröffentlicht würde. Diese Zuschrift
selbst zeigt, in welchem Sinne Dusburg sein Werk verfasst hatte, und man
 
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