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Hirsch, Theodor [Editor]; Töppen, Max [Editor]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Editor]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0027

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VON PETER VON DUSBÜRG.

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kann nach dem Obigen wohl annehmen, dass eine Aenderung seiner Darstellung
nicht nöthig gewesen sein wird.
Dusburg’s Ausführlichkeit im Vortrage seiner Kriegsgeschichten, die Pein-
lichkeit, mit welcher ei' selbst sehr unbedeutende für die allgemeine Geschichte
völlig gleichgültige, Raub- und Beutezüge einzelner Ordensritter erzählt, mag
im Kreise der Zeitgenossen schon um des persönlichen Interesses willen immer-
hin willkommen geheissen sein, besonders nachdem Nicolaus von Jeroschin
seine Chronik in deutsche Reime gebracht hatte; für spätere Generationen
und namentlich für eine Zeit, welche den Restrebungen der damaligen so
fremd geworden ist, wie die heutige, ist sie doch theilweise sehr ermüdend;
peinigend ist die einseitige Auffassung des Erzählers; geradezu abstossend aber
ist der dumpfe Aberglaube, welcher Dusburg’s Glauben an die unmittelbare
wunderbare Einwirkung der göttlichen Macht umlagert, und die Lieblosig-
keit, zu welcher sein starrer hierarchischer Dogmatismus ihn hie und da
fortreisst.
Trotz dieser Schwächen ist Dusburg’s Chronik doch das bedeutendste
Denkmal der älteren preussischen Geschichte und das Fundament
der späteren preussischen Geschichtsforschung. Das Material, welches er zu-
sammengebracht hat, und in allem Wesentlichen auch die Form, welche er ihm
gegeben hat, kehren fast in allen ausführlicheren Werken über die preussische
Geschichte zurück, und selbst die gründlichste Urkundenforschung der neueren
Zeit hat der Chronik doch nur wenig von ihrem Gewichte und ihrer Bedeutung
entziehen können1.
Dusburg’s Chronik wurde nicht bloss durch Handschriften des Originals,
die nie sehr zahlreich gewesen zu sein scheinen, sondern vorzüglich auch durch
die deutsche Uebersetzung des Ordenscaplans Nicolaus von Jero-
schin verbreitet. Da diese Uebersetzung nicht ohne eigenthümlichen histori-
schen Werth ist, als historische Quelle aber nicht wohl ohne steten Vergleich
Dusburg’s benutzt werden kann, so schien es räthlich, sie als historische
Quelle hier schon zu beleuchten. Jeroschin begann seine Arbeit schon in der
Zeit des Hochmeisters Luther von Braunschweig (1331—1335), und zwar auf
dessen Veranlassung. Da sie durch einen von ihm selbst nur dunkel angedeu-
teten Unfall zu Grunde ging, nahm er sie nach dem Wunsche des Hochmei-
sters Dietrich von Altenburg (1335—1341) wieder auf, unter dem er sie auch
vollendete. Er stand also den in der Chronik geschilderten Ereignissen fast
ebenso nahe, als Dusburg, und es konnte ihm nicht schwer werden, wenn er
es für nöthig fand, aus unmittelbarer Anschauung der Dinge, aus mündlicher
Ueberlieferung und sogar aus schriftlichen Quellen, Dusburg hie und da zu er-
gänzen, oder zu berichtigen. Allein das Geschäft eines Kritikers lag ihm fern;
er fühlt und zeigt sich vorzugsweise als Dichter, und sein Verdienst um die hi-
storische Ueberlieferung beschränkt sich auf die poetische Ausführung
einzelner Partieen und einzelne gelegentliche Zuthaten. Jeroschin
hat mehr Sinn und Auffassung für die Mannigfaltigkeit der Dinge, mehr Elasti-
cität und Leichtigkeit des Geistes, und ist in seinen Schilderungen anschaulicher,
deutlicher und lebendiger, als Dusburg. Es ist schwer die Grenze anzugeben,
1) Ueber Dusburg’s Leben und Schriften vergleiche Voigt, Geschichte Preussens, Bd. 3,
Beilage 2, und Toppen, Geschichte der preuss. Historiographie, S. 1 — 15.
 
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