Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Hirsch, Theodor [Editor]; Töppen, Max [Editor]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Editor]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0205

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
CRONICA TERRE PRUSSIE. PARS III.

187

tibus Lyvonie et Prussie, aut omnino aruerunt, vel infra multos annos vires
pristinas resumere non valebant. Unde licet exercitus magnus a fratribus con-
gregatus venisset fere ad medium vie inter Lethowiam et Prussiam, tarnen ultra
procedere non valebat, quia pre nimio frigore communis populus periisset.
De depopulacione Revalie terre regis Dacie. 343(336)
Eodem tempore David castellanus de Gartha cum exercitu Lethowinorum 1323
intravit Revaliam terram regis Dacie, et preter alia infinita damna, quibus op-
pressit dictam terram incendio et rapina, ultra quinque milia bominum cristia-
norum nobilium, matronarum, virginum et aliorum promiscui sexus cepit et in-
terfecit. Sacerdotes eciam plures seculares, et religiöses occidit. Sacramenta,
eCclesias, vestes sacras et vasa altaris, et quiequid ad divinum cultum specta-
bat, inhumaniter polluit et contrectavit1.

De destructione civitatis Memele et plurium castrorum. 344(337)
Hoc eciam anno terciaa die post festum beati Gregorii pape2, Lethowini deJ^3März
Samethia cum exercitu suo expugnaverunt civitatem Memelam, et unum sacer-
dotem fratrem ordinis domus Theutonice occiderunt. lxx quoque homines in ea
ceperunt, quorum quidam interfecti sunt, alii in captivitatem perpetuam cle-
ducti. Ipsam civitatem et tria circumjacencia castra neophitorum3, cogas et na-
Cap. 344 a) So D. tercio K. B. J '
1) Der Einfall erfolgte zu Fastnacht (8. Februar) 1 323 nach der Urk. im Cod. Pruss. II,
n. 107, p. 140, wo der Verlust an Todten und Gefangenen auf 4000 Menschen angesetzt ist.
2) Dasselbe Datum giebt die eben angeführte Urkunde.
3) Jeroschin braucht hier und sonst wiederhölentlich den Ausdruck Fliehhäuser (vli-
huyser). Es war ganz gewöhnlich und charakterisirt die Kriegführung jener Zeiten in Preus-
sen ganz eigentlich, dass sobald ein feindlicher Einfall erfolgte, die Bewohner des platten
Landes mit ihrer kostbarsten Habe sich nach den festen Plätzen hin zu flüchten suchten ;
waffenfähige, welche der Feind ausserhalb traf, wurden getödtet, Weiber und Kinder fort-
geschleppt, die Habe verbrannt; erst wenn der Strom der Feinde vorübergerauscht war,
kehrten die Flüchtigen nach ihren Wohnsitzen zurück, vgl. Dusburg III, c. 167, 204, 31 0
(ebenso in Litthauen c. 285). Bisweilen wurde von den Ordensbeamten selbst das Signal zu
dieser allgemeinen Flucht gegeben, Cod. Pruss. II, n. 24. Darum war die Sorge für die Er-
richtung und Unterhaltung von Fliehhäusern in Preussen eine so wichtige, und fast alle Be-
wohner des Landes verpflichtet, beim Bau derselben zu helfen. So heisst es z. B. in der
Handfeste, welche Johann von Wegelewe für Preiboto, Slanoto u. a. 1 263 ausstellte (Elb.
Handf. fol. 136) : »Auch da in der Zeit des Unfriedes in Häusern und Bergfrieden die Leute
und ihr Habe vielfach und oft befriedet und behalten werden , und allermeist in diesem
Lande, dürfen (bedürfen) wir ein solches; und darum sollen auch ihre Leute mit den un-
sern Häuser zu bauen und Warnhäuser zu bauen mit sein.« Bisweilen wurde den Unter-
thanen selbst ausdrücklich das Recht verliehen, sich einen befestigten Zufluchtsort zu er-
bauen, wie in der Urk. von 1319 Cod. Warm. 1, 194. Auch sonst wird in Verschreibungen
dieser allgemeinen Flucht, oft in eigenthümlicher Weise gedacht. Bei der Verleihung der
Burg Bichau an Thomas Weiss behielt der Orden sich die Gerichtsbarkeit über diejenigen
Personen vor, die zur Zeit des Krieges sich in dieselbe retten, und Hab und Gut daselbst in
Sicherheit bringen würden (Versehr, von 1 287 im Preuss. Archiv Bd. 7 S. 661 f.). Bischof
Heinrich von Ermeland verlieh das Feld Fehlau 1 296 einem gewissen Heinrich Mustatus mit
der Bedingung, quod dictus Heinricus et sui successores legitimi et heredes, qui dicto jam
campo prefuerint, tempore necessitatis et gwerre, ad nos in civitatem nostram Brunsberg
fugere debeant, nobis et nostris successoribus astando, Cod. Warm. I, n. 95, vgl. die ähn-
liche Verschreibung für die Bauern von Pilnik bei Heilsberg von 1311, Cod. Warm. I, n. 162.
Einem Krüger neben dem Schloss Powunden verlieh Bischof Johann von Samland 1 327 aus-
drücklich das Recht, quod tempore fuge hominum nostrorum juxta castrum Powunden pre-
dictum eidem Henrico et suis heredibus liceat propinare, Matric. Fischus. fol. 24 (56). Im
Anfänge scheinen für Preussen und Deutsche theilweise besondere Fliehhäuser eingerichtet
zu sein, wie das castrum Pogesanorum c. 143, die domus Scalowitarum c. 235 und die castra
neophitorum bei Memel c. 344 zeigen. Dass auch feste Häuser von Privatleuten als Flieh-
häuser benutzt wurden, ist an sich wahrscheinlich; man denke an Hemsoth und Cippel
c. 166, Turnitz und Plement c. 193 im Culmerlande, Belichow c. 148 in Pomesanien etc. In
 
Annotationen