DIE ÄLTERE CHRONIK VON OLIVA etc. BEILAGE I.
733
land belimpecf to fistuin ; and seo Wisle
lief üt of Weonodlande, and lief in fist-
mere; and se Estmere is huru fiftene mila
bräd. f’onne cymed Illing eastan in Est-
mere of cfaem mere, Öe Truso standet! in
stacfe; and cumaÄ üt samod in Estmere,
Ilfing eastan ofEastlande, and Wisle süöan
of Winodlande ; and fionne benimÜ Wisle
Ilfing Lire naman, and ligeÜ offiaemmere
west and norÜ on sm ; forÜy hit man haet
Wisle-mücfa. f’aet Eastland is swyefe my-
cel, and [)aer biÜ swyefe manig burh, and
on aelcere byrig bief cyningc ; and JfaerbiÜ
swyÄe mycel hunig, and tiscacf; and se
cyning and ])a ricostan men drincaÜ my-
ran meolc, and [)a unspedigan and I’a
fteöwan drincacf medo. Paer bief swyefe
mycel gewinn betweonan bim ; and ne biÖ
cfaer naenig ealo gebrowen mid fistum, ac
f)aer biÜ medo genöh.
ganzen Weg am Steuerbord bis Weichsel-
iniinde3. Die Weichsel ist ein sehr grosser
Strom und sie Hiesst an Witland4 und
Wendenland ; und das Witland gehört zum
Estenlande; und die Weichsel fliesst vom
Wendenlande aus und läuft ins Estenmeer
[das frische Haff] ; und das Estenmeer ist
zum Wenigsten fünfzehn [Englische] Mei-
len breit. Dann kommt die Ilfing [Elbing]
von Osten in das Estenmeer aus dem See,
an dessen Gestade Truso5 liegt; und es
kommen zusammen ins Estenmeer Ilfing
von Osten her aus dem Estenlande und die
Weichsel von Süden aus dem Wenden-
lande ; und darauf nimmt die Weichsel der
Ilfing ihren Namen und streckt sich von
dem [Esten-]Meere nach Westen und Nor-
den in die See; daher heisst man dieses
Weichselmünde. Das Estenland ist sehr
gross, und da liegen viele Städte, und in
jeder Stadt ist ein König; und da ist auch
sehr viel Honig und Fischfang, und der
König und die reichsten Leute trinken
Pferdemilch, und die Unvermögenden und
die Sklaven trinken Meth. Da ist sehr viel
Krieg unter ihnen ; und es wird kein Bier
gebraut unter den Esten ; aber da ist Meth
genug.
3) Unter Weic hse Imün d e versteht Wulfstan, wie Neumann in überzeugender Weise
dargethan hat, denselben Ausfluss des nordwestlichen Mündungsarmes der Weichsel, den
Wir jetzt noch so bezeichnen. Deutlich ist Wulfstans Anschauung über die westliche
Haffseite, welche er allein kennt, und die in sie einmündendeh Flüsse folgende : Die Weich-
sel kommt aus dem Wendenland und fliesst in nördlichem Laufe, d. i. durch den jetzigen
Mündungsarm der Nogat in das frische Haff'. Man hat hiebei die Vorstellung festzuhalten,
dass die südlichen ebenso wie die westlichen Haffufer, schon nach den in historischer Zeit
hier vorgegangenen Veränderungen zu urtheilen, damals viel weiter als jetzt nach Süden
und Westen dort etwa bis in die Gegend von Zeier, hier bis Fischerbabke ins Land einwärts
gingen. Bei der Einmündung dieser »Weichsel« in das Haff verband sich mit ihr die von
Osten kommende und aus einem Landsee, an dessen Ufer der Ort Truso lag, d. h. dem
jetzigen Drausensee, abfliessende Elbing (es muss somit damals Hauptarm der Elbing der-
jenige gewesen sein, welcher jetzt unter dem Namen der alten Elbing bei Zeier allerdings
mehr von SO. als von 0. in die Nogat fliesst), welche an die Weichsel ihren Namen verlor,
indem dieser Fluss unter dem Namen Weichsel vom Haffe aus nach Westen hin sich er-
streckt (nicht sich ergiesst) und zuletzt in nördlichem Laufe ins Meer (die Ostsee) geht.
Wulfstan hat diese Anschauung sichtlich dadurch gewonnen, dass er von Weichselmünde
auf der Danziger und Elbingischen Weichsel ins Haff gelangte, und, indem er um nach Truso
zu gelangen, in die Mündung der Elbing einfuhr, hier den Namen und den Strom der
Weichsel wiederfand.
4) Unter Witland versteht Wulfstan das Land zwischen der Ostsee und den von ihm bis
zum Haff durchfahrenen Armen der Danziger und Elbingischen Weichsel und somit die
jetzige westliche Nehrung. Der in historischen Zeiten an der Westspitze des Samelandes
nördlich von Lochstätt früher (zuerst 1258) unter dem Namen Witlandsort hervortretende
Landstrich gestattet die Vermuthung, dass in den Zeiten, wo das Lochstätter und Pillauer Tief
noch nicht vorhanden war, Witland an jenem Grenzstriche sich von dem östlichen Samelande
geschieden habe. (Vgl. Neumann 1. 1. 323.)
5) Deutliche Spuren dieses an dem Ufer des Drausensees gelegenen alten Preussischen
Handelsortes hat Neumann in dem Namen des jetzigen etwa ‘/4 Meile vom Drausensee ent-
fernt liegenden Kirchdorfes Preussischmark gefunden , welches in älterer Zeit durchgängig
P r u s ch i n m a r k t oder Preusch enmarcht heisst, und dessen noch näher dem See ge-
legenes Nachbardorf Neuendorf in einem Zinsbuche des 15. Jahrhunderts Dutschen d r u s e n
und ein anderes Mal Deutschindrusen genannt wird, — Spuren, welche durch die auf
jenem östlichen Ufer des Drausensees, namentlich bei dem Dorfe Grunau öfters aufgefunde-
nen alten Schmuckgegenstände und Römischen Münzen an Bedeutung gewinnen.
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land belimpecf to fistuin ; and seo Wisle
lief üt of Weonodlande, and lief in fist-
mere; and se Estmere is huru fiftene mila
bräd. f’onne cymed Illing eastan in Est-
mere of cfaem mere, Öe Truso standet! in
stacfe; and cumaÄ üt samod in Estmere,
Ilfing eastan ofEastlande, and Wisle süöan
of Winodlande ; and fionne benimÜ Wisle
Ilfing Lire naman, and ligeÜ offiaemmere
west and norÜ on sm ; forÜy hit man haet
Wisle-mücfa. f’aet Eastland is swyefe my-
cel, and [)aer biÜ swyefe manig burh, and
on aelcere byrig bief cyningc ; and JfaerbiÜ
swyÄe mycel hunig, and tiscacf; and se
cyning and ])a ricostan men drincaÜ my-
ran meolc, and [)a unspedigan and I’a
fteöwan drincacf medo. Paer bief swyefe
mycel gewinn betweonan bim ; and ne biÖ
cfaer naenig ealo gebrowen mid fistum, ac
f)aer biÜ medo genöh.
ganzen Weg am Steuerbord bis Weichsel-
iniinde3. Die Weichsel ist ein sehr grosser
Strom und sie Hiesst an Witland4 und
Wendenland ; und das Witland gehört zum
Estenlande; und die Weichsel fliesst vom
Wendenlande aus und läuft ins Estenmeer
[das frische Haff] ; und das Estenmeer ist
zum Wenigsten fünfzehn [Englische] Mei-
len breit. Dann kommt die Ilfing [Elbing]
von Osten in das Estenmeer aus dem See,
an dessen Gestade Truso5 liegt; und es
kommen zusammen ins Estenmeer Ilfing
von Osten her aus dem Estenlande und die
Weichsel von Süden aus dem Wenden-
lande ; und darauf nimmt die Weichsel der
Ilfing ihren Namen und streckt sich von
dem [Esten-]Meere nach Westen und Nor-
den in die See; daher heisst man dieses
Weichselmünde. Das Estenland ist sehr
gross, und da liegen viele Städte, und in
jeder Stadt ist ein König; und da ist auch
sehr viel Honig und Fischfang, und der
König und die reichsten Leute trinken
Pferdemilch, und die Unvermögenden und
die Sklaven trinken Meth. Da ist sehr viel
Krieg unter ihnen ; und es wird kein Bier
gebraut unter den Esten ; aber da ist Meth
genug.
3) Unter Weic hse Imün d e versteht Wulfstan, wie Neumann in überzeugender Weise
dargethan hat, denselben Ausfluss des nordwestlichen Mündungsarmes der Weichsel, den
Wir jetzt noch so bezeichnen. Deutlich ist Wulfstans Anschauung über die westliche
Haffseite, welche er allein kennt, und die in sie einmündendeh Flüsse folgende : Die Weich-
sel kommt aus dem Wendenland und fliesst in nördlichem Laufe, d. i. durch den jetzigen
Mündungsarm der Nogat in das frische Haff'. Man hat hiebei die Vorstellung festzuhalten,
dass die südlichen ebenso wie die westlichen Haffufer, schon nach den in historischer Zeit
hier vorgegangenen Veränderungen zu urtheilen, damals viel weiter als jetzt nach Süden
und Westen dort etwa bis in die Gegend von Zeier, hier bis Fischerbabke ins Land einwärts
gingen. Bei der Einmündung dieser »Weichsel« in das Haff verband sich mit ihr die von
Osten kommende und aus einem Landsee, an dessen Ufer der Ort Truso lag, d. h. dem
jetzigen Drausensee, abfliessende Elbing (es muss somit damals Hauptarm der Elbing der-
jenige gewesen sein, welcher jetzt unter dem Namen der alten Elbing bei Zeier allerdings
mehr von SO. als von 0. in die Nogat fliesst), welche an die Weichsel ihren Namen verlor,
indem dieser Fluss unter dem Namen Weichsel vom Haffe aus nach Westen hin sich er-
streckt (nicht sich ergiesst) und zuletzt in nördlichem Laufe ins Meer (die Ostsee) geht.
Wulfstan hat diese Anschauung sichtlich dadurch gewonnen, dass er von Weichselmünde
auf der Danziger und Elbingischen Weichsel ins Haff gelangte, und, indem er um nach Truso
zu gelangen, in die Mündung der Elbing einfuhr, hier den Namen und den Strom der
Weichsel wiederfand.
4) Unter Witland versteht Wulfstan das Land zwischen der Ostsee und den von ihm bis
zum Haff durchfahrenen Armen der Danziger und Elbingischen Weichsel und somit die
jetzige westliche Nehrung. Der in historischen Zeiten an der Westspitze des Samelandes
nördlich von Lochstätt früher (zuerst 1258) unter dem Namen Witlandsort hervortretende
Landstrich gestattet die Vermuthung, dass in den Zeiten, wo das Lochstätter und Pillauer Tief
noch nicht vorhanden war, Witland an jenem Grenzstriche sich von dem östlichen Samelande
geschieden habe. (Vgl. Neumann 1. 1. 323.)
5) Deutliche Spuren dieses an dem Ufer des Drausensees gelegenen alten Preussischen
Handelsortes hat Neumann in dem Namen des jetzigen etwa ‘/4 Meile vom Drausensee ent-
fernt liegenden Kirchdorfes Preussischmark gefunden , welches in älterer Zeit durchgängig
P r u s ch i n m a r k t oder Preusch enmarcht heisst, und dessen noch näher dem See ge-
legenes Nachbardorf Neuendorf in einem Zinsbuche des 15. Jahrhunderts Dutschen d r u s e n
und ein anderes Mal Deutschindrusen genannt wird, — Spuren, welche durch die auf
jenem östlichen Ufer des Drausensees, namentlich bei dem Dorfe Grunau öfters aufgefunde-
nen alten Schmuckgegenstände und Römischen Münzen an Bedeutung gewinnen.