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Hirsch, Theodor [Editor]; Töppen, Max [Editor]; Strehlke, Ernst Gottfried Wilhelm [Editor]
Scriptores rerum Prussicarum: die Geschichtsquellen der preussischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (1. Band) — Leipzig: Verlag von S. Hirzel, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.54721#0795

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DIE SCHRIFTTAFELN VON OLIVA. BEILAGE IV.

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so wird man berechtigt sein die ihrem Verständnisse entgegentretenden Schwierigkei-
ten als Zufälligkeiten, die die Nachlässigkeit der Schreiber oder Abschreiber verschul-
dete, zu betrachten und ihre Beseitigung auf dem Wege der Konjektur zu versuchen.
Am 27. December 118 1 (d. i. nach unserer Weise zu datiren I 180), wo unsere
Urkunde ausgestellt sein soll16, kann der uns bekannte Herzog Swantopolk von Danzig
kaum geboren gewesen sein, geschweige denn regiert haben. Wollte man aber an
den in älterer Zeit genannten Pommerischen Dynasten Swantepolk, den Sohn Ratiberns
denken, der I 175 in einer Urkunde erwähnt wird1', so widerspricht dem die Bemer-
kung, dass zu derselben Zeit Heinrich Kitlitz, der doch 1199—12 -19 sein Amt ver-
waltete, Erzbischof von Gnesen gewesen sein soll. Ebenso ergiebt sich die Unrichtig-
keit der Zahl 1181 aus der beigesetzten Indiction, da diese neunte Indiction in jenem
Zeitabschnitte nur auf die Jahre 1191. I 206. -I 22 I und I 236 trifft. Nun versetzt uns
die Erzählung der Urkunde in die Zeit, wo der ältere Wladyslav (d. h. Wladyslav
Laskonogi im Gegensätze zu seinem Neffen Wladyslav Odonicz) Herzog von Polen und
der Stolper Kastellanei war. Mag nun in der Urkunde unter einem dux Poloniae der
Inhaber des Seniorates des Polnischen Reiches oder der Herr von Grosspolen verstan-
den werden, so ist Wladyslav in dem Besitz keiner dieser Würden vor dem Jahre 12 02,
wo sein Vater Miesco n. starb, gekommen, und ist dann im Besitz des Seniorates
bis 1 2 06 und in dem von Grosspolen bis an seinen Tod 1231 geblieben. König Wal-
demar in von Dänemark wiederum, der allerdings durch seine Mutter Richitza, Ge-
mahlin Herzogs Wladimir von Halicz, ein Enkel Herzog Boleslavs m. von Polen war,
kam I I. November 1 202 zur Regierung und starb 28. März 1241. Nach dem über-
einstimmenden Berichte mehrerer Dänischen Zeitgenossen 18 unternahm er 1 205 einen
Kriegszug nach Pommern (Slavien) und nöthigte 1 209 selbst den Herzog Mestwin, den
Vater Swantopolk’s, sein Vasall zu werden. Wenn der Dänenkönig nun nach Swan-
topolk’s Bericht mehrere Jahre [nach 1 205] die Stolpische Kastellanei besetzt hielt,
so stimmt es wiederum nicht, wenn Swantopolk im dritten Jahre, nachdem Hein-
rich Kitlitz Erzbischof geworden , also 1 2 02 die Dänen vertrieben haben soll. Nun
ist aber der letztem Schwierigkeit leicht abzuhelfen, wenn man hinter das Wörtchen
tercio das Wort decimo einschiebt, welches letztere um so leichter ausfallen konnte,
da tercio und decimo bei Anwendung von Abbreviaturen sich sehr ähnlich sehen,
daher auch Öfters verwechselt werden19, und ein unaufmerksamer Schreiber, der in
ihnen die Wiederholung eines und desselben Wortes sah , das eine leicht auslassen
konnte. Das dreizehnte Jahr des Erzbischofs Heinrichs führt uns in das Jahr 1212,
ein Jahr, mit Bezug auf welches alle in der Erzählung Swantopolk’s erwähnten Um-
stände aufs Beste mit einander übereinstimmen.
Für die offenbar verdorbene Zahl in dem Datum der Urkunde weiss ich keine
andere Aushülfe als zunächst in der Annahme, dass mit dem Worte roboratum das
ursprünglich dem Erzbischöfe Heinrich Kitlitz ertheilte Zeugniss abschliesst, der letzte
mit »Datum« beginnende Satz aber die Ausfertigungsformel einer spätem Erneuerung
und Bestätigung jener Urkunde enthält. Unter dieser Annahme ändere ich in der
offenkundig verdorbenen Zahl das l. in ein c. und schiebe vor die letzte Ziffer i die
Ziffer vi. Dann entsteht die Zahl mccxxxvii. und die Urkunde, am Tage des Evangeli-
sten Johannes , d. h. 27. Dec. ausgestellt, gehört dem Jahre 1 236 an. Dieses Jahr
halte ich aber für das richtige, weil es erstlich auf die beigesetzte neunte Indiction
trifft und zweitens, weil die Urkunde dann nur einen Tag nach der obenerwähnten
Schenkung Swantopolk’s an das Erzstift Gnesen und zwar an demselben Orte, in
Stolp, ausgestellt ist, in welchem Umstande die Uebereinstimmung beider Urkunden
16) Auch Dlugosz f. 544, der, wie man jetzt weiss, die Akten der Processe von 1 339 und
1421 kannte, hat unzweifelhaft nach ihnen die Besetzung von Stolp durch Swantopolk in das
Jahr 1181 gesetzt, verändert aber den Namen des Dänischen Königs Waldemar in Eduard
und nimmt keinen Anstoss dem Heinrich Kitlitz, dessen Amtsjahr er einige Seiten später
(f. 624) richtig angiebt, schon im Jahre 1181 das Gnesener Erzstift zuzutheilen.
17) Cod. Pom. n. 37. 18) Vgl. Beilage II. oben S. 737.
19) Schon in der ofterwähnten Urkunde Swantöpolks d. in Slupsk VII. Kal Januar 1237
(d. i. 26. Dec. 1 236) wird dieses Jahr 1236 mit dem Zusatze eiusdem domini Falconis archi-
episcopi anno deci mo näher bezeichnet, während im Originale, da Fulco 1 234 Erzbischof
wurde (Dlug. f. 752) offenbar terti o gestanden haben muss.
 
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