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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Erstes Heft
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Behrens, Franz Richard: Gedichte
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Striepe, Kurt: Maya!
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0010

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Rauschen grotten Tagen
Falter tappen Trotzen
Gilben säuseln Samen
Wir wickeln Wolken weg
Eisadlerschrei
Wir weiten Wiegen Weg
Mohnsturz erstahlt
Wir wirbeln weißen Wind
Knabengrab greift
Wir wiesen wühlen Wein
Wir wäldern wüsten Brand
Wir brennen Morgenwald
Erschossenes Licht
Gestern erschoß meine Mutter das Licht
Wissen nichten
Priester nacken
Nacken stieren
Frieren wissen
Wissen nicht
Wissen nichts
Wissen bluten
Adern wissen
Meine Mutter erschoß gestern das Licht
Hochrotgliihen
1915 bei Heinrich von Kleist
Gleichrot
Johannisbeeren läüten
W ehren
Kranz
Goldblatt laternen Regenglanz
H a ß r o t
Hinter Hecken
Splintern
Hufe
Splittern walchen Eisenrebe

Schamrot
Waldnackte Spiegelbirken
Hüllen
Hauchen
Hang himt hetze Höhe
L e b e r o t
Eradern springt
Ahorn
Asthell
Entsamt entblutet Sonnensaft
G o 11 r o t
Peitschen schlafen
Buchtbinsen
Büsche
Lodern latten kernen Kinder
M u t r o t
Brandbuchenbrei
Schlingen
Brüten
Euter beulen Binden
Freirot
Tollkirschentau
Trotten
Trank
Brustbrach nadeln Sandalen

K1 a r r o t
Morgenmeer
Morgensee
Mohne Morgen
Blüten nüstern neue Nüsse
Höchstes
Leben lechzen lenze Lüsten
Brüten blättern brennen Blüten
Tage trachten träge Türme
Trauen schürzen träne Flechten
Flackern flitzen
Fließen stürzen
Süßlichter rotreigen Sekunden
Gesichte bunten Verbrennen
Eraschen sternt Jubeln

Dies ist das Ende. Kleine weiße Hände werfen den Schatten
über meine Augen. Ich sehe nur diese Hände. Musik weht
ums Münster unserer Frau. Diese Finger singen hoch singen
über mich. Ganz blond sind die Haare. Es spricht Jemand
zu mir aus den Märchen. Nie sah ich solche Finger. Ich ver-
gesse den Abendglanz Ihrer Hände. Ich vergesse die Schwermut
Ihrer Augen. Meine Sinne werden ein trauerndes Spiel. Kinder
im Herbstnebel.
Es kam der Mann, dem die Hände gehören. Und küßte sie.
Es kommt der Tod, der greift an mein Herz. Und weckt es.
Das Spiel ist aus. Wir spielten sonderlich. Der Tod und
ich. Zuletzt spielten wir ,,Fingergucken". Solange wir uns
durch die Finger schauen können, geht jeder seinen Weg. Er
kann es immer. Aber meine Hände sind müde geworden, und
schwer. Da der Mond rot schien, sang ich Liebeslieder. Nun
ist er blaß und meine Hände weinen über seinen Weg. Bleich
liegen meiner Finger Male.
Die zu mir kommen, kennen mich nicht. Ich kenne aMe
Qualen. Ich trank die Wollust. Ich durstete die Sehnsuchrt.
Ich bin der Hunger nach meiner Nacht. Nach meiner süßen
Nacht.
Der Mond wirft Schatten über mein Gesicht. Ich bin ein
flammender Wünsch nach Unerfülltem.
Heute singe ich noch. Meine Finger sind ein wüster
Traum.
Kleine blonde Hände werfen den Schatten über mich.
Das ist das Ende.
Aber die Sehnsucht ist!
*
Maya
Das Irren ist vorbei. Ich sehe klar. Die Erwartung
friert mich nicht mehr. Die Täuschung flieht mich. Nichts
kam. Und ich wartete. Mein Narr.
Ich staune in mich.
Ich starre in mich.
Die Lächerlichkeit bangt nicht mehr. Ich fürchte —
Mich.
Maya — daß ich alles sehe, ist die Ruhe. Allem stehe ich
kalt gegenüber — ich lüge.
Dies aber ist Wahrheit:
Meine Seele träumt.
Mein Leben träumt.
Ich träume an mir vorüber.
Der Traum ist mein Leben. Ich lebe mich tot.
„Ich liebe Dich"
„Das sagen viele," antwortete die Frau. Ihr Mund ward
weiß. Ihre Hände Saitenspiel.
 
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