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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Zwölftes Heft
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Allwohn, Adolf: Gedichte
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Heynicke, Kurt: Weib
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Fachmännchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0192

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Mond Die Sehnsucht steigt.
Nacht Aus weißen Gletschern bricht der Gipfel,
Meer der Sehnsucht Glauben:
Ueberäußerste Weit. Du!

Weit
Ueber
Dom
Ueberhöht
Untertieft
Jenseits.
Ueberbiau singt ietztweit in den Weiten:
Untergegangen
Purpur geieuchtet
Rauch vernichtet.
U ebergegangen
Biau geieuchtet
Gott indichtet.
Hineingetragen
In Perien geschienen
Innen verlichtet.
Hochüber geragen
In Sternen geschienen
Ewigkeit ietztlichtet
Gott
Mensch
Weit.

Weib
Kart Heynicke
Dich singt meine Seeie:
Weib.
Falke im Blauen
blühend in Sonne
Sonne im Grauen
Dich singe ich
Weib.
Meine Jugend war Sehnsucht
Sehnsucht nach Sonnen,
Sonnen träumte dich meine Sehnsucht.
Meine Jugend lief.
Meine Sehnsucht rief
Dich
Allein.
Ich glühte
und versank in Deinem Meere
Weib.
Ich fühle Dich.
In jedem Atem meiner Seele
Dich.
Weit ist das Tor
weit offen meines Herzens Dom
vor Dir.
Und singt um Dich
und glüht in Dich
himmelan
erhoben
Königin!
Die Seele steigt.
Die Gassen fallen
Die Berge sind mein Hang zu Dir.

Meiner Jugend Traum:
Weib.
Meiner Sehnsucht Erfüllung:
Nichts!
Der Glauben fällt.
Und meine Jugend weint sich tot.
Erkenntnis blüht aus meines Blutes Not.
* „ *
Du bist ein Mondstrahl
der nachts in dunklen Gängen flüstert
und eines Sternes kaltes Licht auf Marmorsäulen.
Im Schweigen tiefer Wälder spinnst Du Deine Seele.
Sie schweigt vor meinem Herzen wie die Wälder.
* *
Zu Gott trage ich meine Seele
meine Irrsal um Dich:
Liebe!
Ich höre die Stimme der Welt:
Sei gesegnet
Weib.
Mutter der Welt.
Es blüht dein Schoß
Voll Gnade blüht dein Schoß
empfangen von dem tiefsten Meer der Liebe.
So singt die Stimme Gnade aus den Sternen.
Aus deinem Leibe steigt die Liebe,
Mutter
Weib.


Fachmännchen

Sankt Pauli zu Hamburg
Die Kunstkritik des Hamburger Fremdenblattes interes-
siert Hamburg zur Zeit mehr als die Kunst. Sogar Herr Pro-
fessor Doktor Pauli, der Direktor der dortigen Kunsthalle, gibt
der Zeitschrift Die literarische Gesellschaft eine Zuschrift zur
Veröffentlichung. Museumsdirektoren kümmern sich um die
Kunst der Gegenwart, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden
läßt. Und wenn sie es dann tun, kommen sie in den Ruf der
Tapferkeit. Dieser Herr Pauli wendet sich nachträglich mutig
gegen das Hamburger Fremdenblatt wegen des nunmehr klas-
sischen Satzes, daß „Bestrebungen des Sturm und verwandter
Erscheinungen wie die futuristische Malerei in der Zeitung keine
Pflegstätte finden dürfen." Hierauf wird er noch mutiger und
fragt den Herausgeber der Literarischen Gesellschaft, den
Landgerichtsdirektor außer Diensten Schiefler: „Und wer ist
der Sachverständige, der über die Gesundheit oder die Giftig-
keit der Kunst zu entscheiden hat, wenn nicht der Kritiker?
Vermutlich werden Sie den Futurismus oder den Stuim ebenso
wenig lieben und verehren wie ich, und selbstverständlich ist es
von keiner Zeitung zu verlangen, daß sie sich die Uebcrzeu-
gungen des Sturm aneignet oder den Futurismus rühme. Allein
warum soll sie ihren Lesern dann nicht wenigstens die Gründe
ihrer Ablehnung auseinandersetzen? Was sind ferner außer
dem Futurismus die dem Sturm verwandten Erscheinungen?"
Herr Landgerichtsdirektor außer Diensten Schiefler kann Herrn
Professor Doktor Pauli die Frage nicht beantworten, wenig-
stens tut er es nicht. Weil er nämlich ebensowenig vom Sturm
weiß oder wissen will wie dieser Direktor Professor Doktor.
Zur Liebe und zur Verehrung gehört einmal Bekanntschaft
 
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