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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Erstes Heft
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Striepe, Kurt: Maya!
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Ring, Thomas: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0014

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Meine schmalen Hände spielen blaue Tänzerin und wilden
Bock. Lust kost. — Müde sterben Sie Sehnen.
Sehnen nach-Du.
*
Maya
Ihr Name ist das Lachen der Kinderlandschaften, ist das
Leuchten der heiligen Leuchter im Tempel — ist der Mannes-
schrei aus der Erlösung.
Ich bin das Glück. Nun ich mein Schicksal weiß und das
Ende d,er Wege. Die Wege werden kurz sein und das Ende.
Gestern abend ging ich hinter die Gräben. Eine Flamme,
die nach der Luft schreit, war mein tosendes Herz. Und da ich
stille ward und die Ruhe kam — sah ich die Sonne zwischen
meinen Fingern gleiten. Bäume standen zum Schwur gereckt
und es war ein Glühen über der Erde.
Im Weitergehen sah ich den Baum knorrig und hart. Der
war schöner als alle Wälder der Heimat, als die goldenen
Leuchter, die in den Tempeln hängen des Gottes.
Keine Ruhe fand der Sturm der Sehnsucht. Ueber den
Sarg der Wälder ging ich. Tief versanken meine Füße im
Schnee. Ich ging suchen, wonach meine Erfüllung schrie.
Stand ein Kreuz am Weg. Das Kreuz des Herrn. Darum
waren Birken. In dem weißen Kleide. Und zu Füßen viele
kleine Kreuze, denen die Erfüllung ward.
Und da ich mich niederlegte, fand ich die Ruhe. Und
Schlaf. Im Schlafe hatte ich dies Gesicht:
Auf einem hohen Berge stand ein Weib. Purpur ist die
Farbe des Kleides und braun das Haar. Um den Hals trug sie
die goldene Kette mit dem Bernstein. Der Schwarze stand bei
Ar. Sein grünseidenes Lachen brachte ihr Fächerkühlung.
Da die Sonne ihr Gesicht beschien, kam einer von Norden.
Seine Stirne berührte die Erde ihrer Füße. Und er stand auf —
sah sie an. Sagte „Elisabeth":
Dann sang er dieses Lied:
Meine Augen stechen die Erde
nach Deiner Fährte,
Scheue Rehe zittern sie
nach Deinen Armen,
Mein Mund ist müde geworden
nach Deinen Händen
eine blühende Qual
schweigt er vor Wissen,
Du blühst auf
eine große Blume.
Die Dir dienen
sind Heilige
in den Tempeln.
Sterne werden
die in Deinen Händen sterben.
Ich küsse den Weg
den Dein Lachen eilt.
Da er schwieg, schaute sie ihn an. Vom Himmel kam ein
großer goldner Schleier und deckte ihn zu. Sie aber blieb
stumm.
Von Süden kam ein Mann und sagte: „Elisa — komm,
laß uns ein Heim bauen und glücklich sein." Sie nickte. Und
es kam ein roter Schleier, wie ihr Gewand und deckte ihn zu.
Es kam aber ein Mann aus dem Osten, der sagte „hi" zu
Ar, und da sie ihn anstarrte, sprach er ihre eignen Worte:
„In der Dämmerung werden wir leise weiterreden. Von
dem, was wir zuletzt sagten — und wieder ist ewiger Vorfrüh-
ling, und alles muß warten, bis die große Sonne kommt. Aber
vielleicht zerspringt alles zu früh und die Blüten fallen noch
in den Schnee und werden blaßblaue Hyazinthen und haben
schweren süßen Duft und tragen keine Früchte."
Als er sah, daß ein Zittern über ihre Seele ging, sagte er:
„Laß uns lieben" und sie gebaren die Lust.
Der andere unter dem roten Schleier freute sich über das
Kind, und es trug seinen Ring. Jedes Frühjahr aber kam der

Mann aus dem Osten. Und sie standen über einer Wiege.,
Lachten. Der aus dem Süden aber glaubte an sein Weib.
Den unter der golduen Decke hatten sie vergessen. Er trug
die Sehnsucht. Und von der Liebe wußte keiner was, denn er.
Da ich dies Gesicht hatte, heulten Granaten über den
Friedhof und wühlten mein Grab. Bäume schrieen auf und die
Bäume zersplitterten.
Krachendes Tosen wirbelt das Lärmen der Zeit. Wir aber
liegen in dem Nachen des Lebens und lullen uns ein in Lieder
der Lust und Liebe und wissen nicht, daß alles nur
ein Schrei ist.
Als ich heimging, blühte die Sonne am Himmel. Es sang
ein ganz kleiner Vogel sein Lied.
Maya!
Kurt Striepe

Gedichte
Thomas Ring
Tage dumpfen brüten Schmerz
Nächte gellen
tropfen Schauder
stierer Zorn umrinnt verglaste Augen
lehmkralle Fäuste krusten Blut
Tode schwirren
schwinge Nähe hastet Grabenschlamm
Hassen krampft
verschmurgt wildflackren Brand
Taumel würgt
durchsplittert ächze Leiber
Wunden klatschen spelles Grauen
Aengste surren
Leere haucht
Tiefe tasten streife Blicke
Liebe wirbt
aufblitzt um Sonnen
Sehnen klammert eise Firnen
Hände perlen über Tränen Stern
Zerbranden schäumt
windkalte Nächte knarschen
irr schluchzen Sterne durch den wirblen Raum
Haß ragt
und Kampf durchtönt blutstarres Grauen
Zorn bäumt
und Qual durchrinnt dumpftaste Träume
und Sehnen ballt
Strömt fahler Glanz
fern schmelzen Tränen in den Tag
zag flattern Augen weh-behaucht
und Blut zerwellt in eise Schründe
*
Morgen glutet
Klänge reigen
Blau dämmern Berge Meer
Glanz wiegen Gletscher
fern
Schwebst du
stürzt wirr Umnachten
brechen Borde des Blutes
strahlzermürbt
schmilzt heiß Verwehren
haucht gilb Zersehnen
Tränt Schauer wüstenirr
*
Atem sehnt in eise Schauer
Zerhauchen strömt
und strömt durch wehe Weiten

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