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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Drittes Heft
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Heynicke, Kurt: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0041

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Kampf
Der Wind wirft dunkie Nebel an das Haus
zerrißne Wolken reiten meine Stimme durch die Nacht
tief in der Nacht ertrinkt die Seele.
Ein Segel braust im schwarzen Meere.
Das ferne Segel ist mein Ich\
im offnen Rachen dunkler Wellen schluchzt die Seele.
Hoch flattern Sterne auf.
Die Arme beten
aufhinauf
stumm aus der Tiefe meiner Nachtgedanken.
Schrei
Die Gassen haben alle Augen zu
blaß faltet Nacht die weißen Hände.
Vor meinen Träumen sinken alle Wände
auf fremden Wegen leuchte ich dahin.
In Gottes Höhen sind die Nächte hingebaut,
o meine Seele in der Tiefe!
Gedicht
Ich bin der Wille meiner Seele
ich bin der Schrei nach Gott!
Weit hinter meinen Stunden singt ein Dom
die Glocken singen ewig den Gedanken:
Fern bist du dir
Fern ist dein junger Tag voll Sonne!
Auf meinen Träumen reite ich hinauf
erwachend blute ich
hinab.
Gott ist die Peitsche meiner Seele
aus Sternen flicht sich ewig gleiche Geißel.
Nacht
Blaudunkelnachtgeflügelt steigt ein Traum
reißt hoch das Herz
und funkelt Sterne
Sterne!
Ihr Sterne einer Mitternacht!
Im Schoß der Welt im Zeitenmaß verschlungen.
*
Die Sonne steigt
die Erde neigt ihr Herz in Staub
o Leben meiner Seele in der Nacht.
Wiegenlied der Erde
Ich sehe deine Seele fliegen
hochgipfelüber schwingt dein Traum.
Ich bin der Tage tiefster Schmerz
und aller Stunden Freude fließt in meine Brust.
Ich bin ein Menschenherz
und trage abertausend Menschenherzen.
Ich bin die höchste Blüte hoch am Lebens-Baum.
Ich fühle deine Seele sinken
im atemlosen Nichts ertrinken deinen Traum.
Ich bin der Vater aller Welt,
ich fühle dich
in deinen Träumen schluchzt das Leid der Erde.
Lied
Viel glühe Rosen flattern auf
Maisterne
Liebe
Nachtigallen!
Ein Glühwurmpaar ist aufgeweckt
o weiße Nacht
aus Mondeshaar gefallen!

Umglänzt
umblüht
in deine Brust versunken
hinströmend bin ich Schöpfer, Liebe, Gott
berauscht von Sternen, Mai und Liebe.
Jung
Ein blauer Himmel ist meine Jugend
mein Auge ist jung
jung ist das Lachen
jung ist die Stimme der Liebsten im Mai.
Reich mir die Hände über den Wolken
hoch in der Freude über den Sternen!
Trage die Sonne hell in die Stunde,
hoch in die blühenden Wipfel der Träume,
hoch in die wandernden Morgengedanken
weit in das leuchtende Meer der Verheißung!
Erkenntnis
Geh nicht die Straßen, wo die Hunde sind!
Erhebe dich!
Erhebe dich in Dir zu Dir!
Geh einsam mit den großen Traumentstiegenen,
entreiße dich der Zeit!
Umdunkelt weinst du in die lauen Gassen
die trüben Gaslaternen wandern durch dein Aug
träg ist dein Haupt
längst hat die Sehnsucht dich und Gott verlassen!
Ahnung
O, meines Lebens Sommerwelt,
ich bin in deinem Tal ein fruchtgebeugter Halm.
mein Aug ist wach aus vielen Nächten
wo Einsamkeit die Stunden überspannt,
tief neigt mein Haupt
weh ahnend Wurzeltiefe ewig fassend.
Sing' Sense bald den letzten Tag
in fremder Scheuer mich in Segen zu verwandeln.
Bitte
AH meine Stunden brausen aufwärts in die Zeit,
All meine Herzen schlagen;
Ewigkeit.
Du liebst die Straßen in der Liebe.
Zu Gottes Gipfeln schlinge dich hinauf.
O schließe deine Seele auf
eröffne Sternen deine Tür
empöre dich zu mir!
Gipfel
Welt fließt an meinem Fuß vorbei
umwirbelt stürzen Erden trunken dunkel in die Kreise
hochoben steh ich fernsten Blickes
vereist mein Angesicht
auf nachterstarrtem Gipfel ruht mein Haupt in fremder Hand.
Tot sind die Menschen, die an meiner Seele hingen,
tot ist die Liebe, die in hellen Kammern sang,
tot ist der Tod,
ich lebe, weil ich einsam bin.
Allmächtig breitet Willen sein Gefieder
fliegt über Menschen, Zeiten, Erden, Nacht hinaus
still lächelnd trinkt mein Aug die hohen Sterne
die Mütter meiner vielen Lebenskreise.
Stumm sind die Geigen meiner Erdenstunden
die wilden Wipfelstürme schlafen unter meinem Fuß.
Hoch glänzt mein Angesicht
hoch über Stürmen, Gipfeln, bunten Städten.
Nur manchmal wartet ein Gedanke
StiH wie verhaltnes Weinen auf das Lächeln meiner Lippen.

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