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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Zehntes Heft
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Walden, Herwarth: Erste Liebe: ein Spiel mit dem Leben
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0163

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Das Mädchen küßt ihn auf die linke Backe
Töten Sie ihn '
Student der Theologie
Wie schön Sie sind
Das Mädchen
Damit ich Sie wieder lieben kann
Student der Theologie
Ich bin eine Kerze in Ihrem Atem
Das Mädchen
Nun wollen wir Du zu einander sagen
Student der Theologie
Ich werde ihn töten
Das Mädchen
Das sage ich Dir vorher. Warten kann ich nicht aui Dich
Du bist viel zu jung
Student der Theologie
Ich will Sie nur immer und immer sehen. Ihr Haar ist schön
Das Mädchen
Riegle die Tür zu. So. Mein Haar reicht bis zu den Hüften.
Sie öilnet das Haar
Der Theologe fällt auf die Knie
Es klopft
Das Mädchen
Wer kann das sein
Der Bruder hinter der Tür
Oeffnen Sie doch
Das Mädchen
Nicht öffnen
Student der Theologie
Ich kann Sie nicht hereinlassen
Der Bruder
Ich muß Sie sprechen. In einer Ehrenangelegenheit
Student der Theologie
Sie müssen sich gedulden
Das Mädchen
Nicht öffnen
Der Bruder
Also Sie kneifen
Das Mädchen
Nicht öffnen. Er schlägt mich tot
Der Student der Theologie reißt die Tür auf und
schlägt dem Bruder beide Fäuste ins Gesicht
Der Bruder fällt
Meine Augen
Student der Theologie
Gehen Sie schnell, Sie sind gerettet
Das Mädchen küßt ihn schweigend auf den Mund und will
hinausgehen
DerMedizineran der Tür
Wo bleibst Du. Teufel. Blut. Das Fräulein Schwester
Das Mädchen
Ich habe ihm die Augen ausgekratzt
Student der Medizin
Ohne Schuh. Im offnen Haar, Mit dem Gottessohn
Der Student derTheologie stürzt, die Fäuste erhoben,
auf ihn zu
Der Student der Medizin stößt ihn zurück
Der Theologe schwankt und reißt im Fallen das Mädchen
unter sich
Student der Medizin
Mit mir nicht zu machen- mein Junge
Der Student der Medizin hebt den Bruder auf und
wirft die Tür zu
Der Student der Theologie stöhnt
Das Mädchen unter ihm
Küsse mich
Ende

Gedichte
Günther Mürr
Du meine Luft,
ich fliege oder krieche,
himmelabgestürzt,
an Stetin und Eisen wund gefallen.
Immer doch atme ich dich,
und über mich fließt süßes Streicheln,
über mich, in mich.
0 nicht verweh.
Dumpf steigt in mich der rote Stier,
drängt mich fort,
daß ich aus mir ins Nichts falle,
stapft müde und schwer,
hebt zittre Nüstern,
schnobert gehobenen Kopfs,
ruft eintönig blinden, kleinen Wimmerton,
ruft hoffnungslos ins Leere
traurigen, toten Ton,
bleibt lastend stehn,
ruft, ruft, ruft seinen einen, hohen, engen Ton
von Brunst und Tier.
Langbange Nacht noch
hängt im müden Frühnebel,
aber nun Heiterkeit licht quillt durch.
Aufatmend zittern wir in Kälte,
zittern wir in Glut,
strecken wir Hand und Herz und Mund und alle Nerven
verlangend heimjtin durch den Nebel.
Marienlippen küssen den Fingern
Lächelnd ein,
und süßes Lied von braunem Haar
wiegt über Kalt und heiß uns
innigwärts.
Dunkler Kanonenstrom trägt trautes Boot:
Ich halte tagnacht deine Müdigkeit,
ich küsse tagnacht deine beschlammten Schuh,
tagnacht liegt mir dein Kopf im Schoß,
aui die Brust ziehe ich deine Hände.
All tich gieße Marie aus mir in dich,
all ich weine tagnacht deine Traurigkeit,
all ich fließe in dich als Stille ein,
zitternd hält meine Hand dich aus der Zeit.
Mattgelber Lehm
Blockende Männerrufe.
Aufschäumt Kanonenstrom,
wirft, zuckt, wird dunkel.
Glanzblaues Boot doch,
ichwärts, leicht und weh:
Ich bin voll Ruf dir, himmelwärts zu gehn.
Ich bin Marie dir, Erdengier zu fliehn.
Ich darf deine Augen messewärts ziehn,
ich trinke auf deiner Weltheit Schwall.
Süß legt das Boot in meinem Schluchzen an.
O Einklang nun
Loblied. *
Gnade.
Gnade.
Knie
Stirn
Erlösung.
Marienlippen
Blühen.
Blüten.
Weichweichster Regenwind.
 
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