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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 8.1917-1918

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Zwölftes Heft
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Striepe, Kurt: Maya
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Allwohn, Adolf: Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.37114#0188

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Ich bin nie genug lieb gewesen, um das zu begreifen. —
— Von ganz etwas anderem will ich erzählen. Ich habe ein
Kinostück für Sie entworfen.
Merken Sie nun, daß-..... oh, wenn die Müdigkeit
so ganz langsam uns überfällt, langer Kuß aus tiefem Schlaf,
das ist sehr köstlich.
Oh, ich möchte einmal sehr krank sein — ich würde nie-
manden um mich haben wollen.
Nachts ist immer Ihre Hand bei mir. Ihre Hand plaudert
sanfte Märchen. Küßt Schlaf über meine Augen.
Ich darf nicht weiter schreiben — „La doglia mia, cresce
coli' ämbra." — — Maya!
Ich küsse Ihr Fernesein sehr.
Maya
Gestern habe ich Ihre ^Mutter sehr geliebt. Sie sagte
viel. Aber es war nicht sie, die sprach. Sie standen hinter
ihr. Ich kam mir sehr fremd vor. Wir sprachen — nein sie
sagte mir — von Ihnen. Nichts über sie.
Ihre Mutter meinte, ich glaubte Sie zu kennen. Wie darf
ich das wagen. Ich kann die Stunden zählen, die wir zusammen
erlebten. Ihre Mutter sagte, es sei nicht ihre Maya, die aus
meinen Briefen lebte. Warum sollte ich Sie Ihrer Mutter
nehmen.
Aber ich kenne Sie doch sehr. Viele mögen mehr über
Sie wissen, als ich. Merken Sie, daß die Resignation schon
kommt. Eigentlich bin ich wohl zu jung dazu. Aber sie ist da.
Heißt das einen Menschen nicht kennen: „Kinder haben"
— „Meiner Mutter weh tun müssen" — „Freude am Quälen
haben" — „sich selbst leben" — alles was Sie mir sagten,
waren Sie. O ja — ich v/eiß Liebes. Und ich weiß auch vieles,
was noch kommen wird.
Merken Sie dies, Maya: Wenn ich meine Braut erhöre,
hassen Sie mich. Wenn ich Ihnen meine Liebe sage, fluchen Sie
mir. Das soll keine Vorsichtsmaßregel sein. Ich weiß, daß es
einmal dazu kommen muß.
Ich liebe Sie nicht — sicher nicht. Ich bin mir sehr klar
darüber. Aber, wir lieben ja uns, weil w,ir zum Hassen zu
schwach sind. Vielleicht auch zu feig. Liebe i s t ein Raffine-
ment des Hasses. Bin ich nun Epigone?
Nichts will ich von dem sagen, was Ihre Mutter mir sprach.
Das soll mir heilig sein.
In Einem weiß ich mich gleich mit Ihnen: ich suche eine
Frau, die wie meine Mutter wäre, Sie suchen einen Mann, wie
Ihren Vater. Nicht weil es Mutter und Vater, sondern, weil
sie reinen Herzens sind. Aber wir suchen vergebens, Maya.
Und ich habe es aufgegeben. Und Sie werden es aufgeben. —
Sehen Sie — Ich gebe mich Ihnen nun in die Hand und
sage: „ich bin glücklich."
Was ich will?
Daß Sie mich quälen sollen, Maya!
Nehmen Sie mein Glück und zertrümmern es. Lassen sie
mich Ball sein zwischen den Spielen Ihrer Freude. Und wenn
Sie genug haben, dann werfen Sie mich weg.
Nur eines ersparen Sie mir: geben Sie mir nie die Erfüllung.
Lassen Sie mich hoffen und sehnen. Lassen Sie mir einen Halm
Sehnsucht, mich daran zu klammern — aber schenken Sie mir
ein Meer von Qualen.
Vielleicht ist dies der letzte Brief, den ich schreibe. Ich
muß täglich damit rechnen. Und es ist auch viel ruhiger. Die
großen Gesten haben doch keinen Zweck — Maya.
Ich will Ihnen etwas sehr Glückliches sagen: Einen großen
Palast will ich bauen. Darein viele Säle mit tausenden Spie-
geln. In den größten Saal baue ich eine Orgel höher denn alle
Kirchen. Alle berühmten Musiker bestelle ich. Und baue ein
großes Orchester. Ich selbst bin der letzte Geiger. Ich bin der
blonde Geiger.
Wenn alles aufs Prächtigste zugerichtet ist, lasse ich weite
Türen öffnen und lade alle Kranken, alle Krüppel und die ganz
Häßlichen zu mir. Die Blinden lasse ich zuvörderst sitzen. Die
Blinden sind die ärmsten Menschen.

Und wenn alle da sind und alle Türen stehen voll, kommt
das große Schweigen, dann das Ergriffensein und dann — Bach.
Ich lasse seine G-Dur-Sonate spielen.
Ich trinke mich toll an dem Glück des Menschen.
Dann spielen wir die Passacaglia mit der Doppelfuge
C-Moll.
Wenn alles schreit „Vater vergib uns" — nehme ich eine
lange Nadel und stoße sie in mein Herz.
Ich will der Lust sterben — Maya!
Denken Sie an meine Bitte!
Quälen Sie mich
Ich will jauchzen.

Kurt Striepe


Gedichte

Adolf Allwohn
Weib
Mann Weib.
Arme ringen um dunkel Auge.
Grau. Gram.
Sterne starren um ewige Hände.
Mann Weib.
Leiber gerten aus sprenger Laune.
Lust Leid.
Blüten verlieren aus wachen Monden.
Mann Weib.
Fäuste klirren in zerrem Kampf.
Turm Trieb.
Lippen biegen in stürmem Sinken.
Mann Weib.
Haare spielen auf wolkem Kahn.
Liebe Licht,
Sonnen bäumen auf träumen Seen.
Mann Weib.
Säulen nächten über heime Tore.
Heilig Halle.
Gebete leisen über berge Himmel,
'
Hart
Aufwirft schaumgaukelnde Zeit.
Schlingkecke Kreise umschoßen.
Glutlocke Lippen umkräuseln.
Schatten verästen einen mondklirren Weg.
Tiefsenkt augwürgendes Weh.
Tierrecke Nüstern zerbluten.
Tangschwere Tannen zerbirken.
Sterne vernebeln einen ebenen Turm.
Festraumt lichtkeimendes Hart.
Schuldtiefe Blicke umblinden.
Banghohe Fäuste umhoffen.
Himmel verglauben einen starkglocken Fels.
Gott
Gott
Faust — Berg
Starr Turm
Nacht klar
Nacht tief
Schluchten schwarz
Dunkel verloren
Tief — Seligkeiten
Feier der Welt.
 
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