Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste (17.1926-1927)

Der Stuhl
Ein plastischer Akt
Personen:
Egon Krösus, ein Kunstmäzen
Gerold Vonunten, Professor der Plastik
Ort der Handlung: Das Bildhaueratelier des Professor Gerold Vonunten

Krösus:
(tritt ein) Gott grüße das Handwerk, großer Meister.
Vonunten:
Ihr Diener, Herr Schatzrat.
Krösus:
Vonunten:
Krösus:
Vonunten:
Krösus:
Vonunten:
Krösus:
Vonunten:
Krösus:
Vonunten:
Und das mit Recht. Wie wärs denn?
Sie brauchen nur zu wählen, Herr Schatz —
Was haben wir denn Neues?
Da wäre zunächst diese kleine Giraffe aus Bronze.
Aber, Meister, ich habe doch schon drei Giraffen zu Hause zu stehen.
Oder diese Fledermaus aus karrarischem Marmor?
Die Tiere hängen mir schon zum Halse raus.
Vielleicht gestattet mir der Herr Schatzrat eine neue Sitzung?
Wollen Sie denn aus mir mit Gewalt einen Cerberus machen?
Nicht doch, Herr Schatzrat, nur daß Ihre neue Barttracht, besonders die
Fliege, mich als Tierplastiker künstlerisch lebhaft reizen würde.
Krösus:
Die Fliege muß wieder runter. Meine Frau stößt sich daran.
Vonunten:
Oder Frau Gemahlin? Mehr als dreizehn Büsten dürften Sie in dem Genre
nicht haben.
Krösus:
So praeter propter. Man sieht sich leicht daran über.
Vonunten:
Aber vielleicht zur Abwechslung nicht nur die Büste, sondern mal alles?
Krösus:
Vonunten:
Krösus:
Ich bin in der letzten Zeit arg menschenscheu geworden.
Dann aber, Herr Schatzrat, ist meine Wissenschaft zu Ende.
Muß es denn immer ein Tier oder Mensch sein?
Vonunten:
Was schlagen Sie vor?
Krösus:
Kennen Sie Veit Vonoben?
Vonunten:
Vonoben? Vonoben?
Krösus:
Vonunten:
Den bekannten Stillebener.
Ach den, jawohl, sehr begabt, sehr geschickt.
Krösus:
Vonoben hat mir ein sublimes Stilleben gemalt. Sie kennen meinen
gotischen Stuhl?
Vonunten:
Persönlich drauf gesessen, Herr Schatzrat.
Krösus:
Vonoben hat ihn zum Greifen gemalt, zum Greifen, sage ich Ihnen. Was
sage ich? Zum Sitzen. Er mußte ihn beinahe zweimal malen. Hatte ihn
feucht an die Wand gestellt. In Lebensgröße, versteht sich. Will sagen, —

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