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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 17.1926-1927

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7. Heft
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Schwitters, Kurt: Mein Merz und meine Monstre Merz Muster Messe im Sturm
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https://doi.org/10.11588/diglit.47216#0137

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denn er zeigt, dass man auch so Kunst-
werke unter Umständen gestalten kann,
aber das ist seinem eigenen Programm
entgegen, welches an Stelle von Kunst
Konstruktion setzen will, ohne den
Rhythmus in der Konstruktion als Wich-
tigstes zu erkennen.
Aber wenn die Kunst der Zeit gefordert
wird, sollte nicht gerade die Erlösung aus
der Zeit der Technik, des Verkehrs, der
praktischen Erfordernisse die Kunst eben
dieser Zeit sein? Jede Zeit muss sich
selbst erlösen, weil sie an sich allein
leidet. Aber nichts kann den Geschäfts,
geist, den Geist der praktischen Kon-
struktion mehr erlösen, als das nutz-
loseste aller Dinge auf der Welt: „Die
Kunst44. Und so wage ich es selbst heute
noch, mich offen zur Kunst zu bekennen.
Ich weiss, dass es heute, wo Kunst nicht

mehr Mode ist, ein Wagnis ist, sich so
zu kompromittieren. Aber „M44 ist gerade
Mode, weshalb soll Merz zurückstehen?
Kunst war Mode mit Klee und Kandinski,
in der Serie K. Aber ich habe die alte
Tradition geerbt. Wenn heute keine
Kunst mehr leben würde, so lebte noch
ein Künstler, ich höre Sie schon
dreimal „Bravo44 rufen: der Künstler
heisst, und wenn es auch eine Schande
wäre und wenn es auch davon zeugte,
dass der betreffende ein rückständiger
Trottel ist, ich kann es ruhig und ohne
Überheblichkeit sagen, weil es ja heute
keine Auszeichnung mehr ist, Künstler
zu sein, dann eher schon Chauffeur,
also der einzige Künstler wäre, rufen Sie
noch dreimal „Bravo44, kein Geringerer
als Ihr sehr ergebener
Kurt Schwitters
 
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