ANS der 5^
Wie Vie Konrrnrr triften die Reaktion
bekämpfTNl
Aeber die Demouftration der Heidelberger Arbeiterschaft berich-
tet die ,M oteFahn e" das Organ der Kommunisten in Nr. 207
u. a. folgendermaßen:
„Ueber den Reihen des kleinbürgerlichen Proletariats weht die
bürgerlich-republikanische Fahne „schwarz-rot-gold" und einige Tafeln
„Hoch die Republik", ,-Hoch die Demokratie" sind getragen worden.
In der Stadthall« hielten Stock, Dr. Krumms und Gen. Böhringer An-
sprachen. Vor der SLadthalle, wo vorwiegend das revolutionäre
Proletariat versammelt war, hielt Stock eine Ansprache wie im Par-
lament ,Meine Damen und Herren!" „Schutz der Demokratie, Schutz
der Republik vor der militärischen und"anarchistischen Reaktion!"
Man weiß wirklich nicht, was an diesem Manne noch Proletarisches
und Sozialistisches ist. — Revolutionär nicht ein Atom je gewesen,
sozialistisch Vielleicht eine stark revisionistische Vergangenheit und Pro-
letarisches — die Abstammung und das Einkommen. Er spekuliert
auf einen Ministerposten und wenn er das nicht erreichen wird, dann
begnügt er sich mit einem Bürgermeisterposten. Auf den denkenden
Arbeiter hat er gar keinen Einfluß. Die Proletarier haben ein feines
Empfinden und wissen zu unterscheiden den Führer, der dem Prole-
tariat dient von dem, der sich des Proletariats bedient. Nach Stock
sprach «Jäger von U.S.P. einige unverständliche Worte. Hieraus kam
Genosse Rimmler zu Worte, der dem Proletariat sagte, was ist und
roas geschehen muß, wenn das Proletariat sich von der Ausbeutung
und Unterdrückung befreien will. Nur durch revolutionäre Taten
wird die Reaktion niedergerungen."
Das ist tiestraurig und beschämend für das Proletariat zugleich
rind es wäre schlimm, wenn man nicht wüßte, daß die Kommunisti-
sche Partei ein kleines Häuflein darstellt und auch hiervon ein Teil
mit dieser Art Schmutzsinkerei nicht einverstanden ist. Es sind dies
einige Radauhelden oder Wirrköpfe, die immer den Boden unter
den Füßen verlieren. Der Schreiber dieser Anpöbelei, die doch
wahrlich nicht den Zweck hat, die Reaktion zu bekämpfen, sondern
ihr zu zeigen, wie gespalten die Arbeiterschaft ist, hat sich bei Ab-
fassung seiner Worte von den niedrigsten Instinkten
leiten lassen. Ja, wir behaupten noch mehr. Wer so schreibt,
ist k e i n F r e u ndde rA r b e i t e r, sondern darauf aus, diese ab-
sichtlich zu spalten und damit ein Verräter.
Es ist so wie, wir immer sagten, die KoMmmristen haben mehr
Reaktionäre und Spitze! in ihrer Partei als Kommunisten. Viel-
leicht ist der Verfasser derselbe Mann, der seinen Willen wegen
Oesfnung der Gefängnisse gegenüber unserem Genossen Stock nicht
durchsetzte und dafür den Genossen Stock schon dort so titulierte,
wie es in der erwähnten Notiz ausgedrücki ist. Dieser Mann, der
entweder ein Verräter oder ein Pathologe ist, hätte verdammt not-
wendig brav zu sein. Gerade er verdankt dem Genossen Stock den
Halt seiner Arbeitsstelle. Es gab Zeiten, wo man den Herrn in der
sozialistischen Bewegung noch nicht gekannt hat, dort kannte man
aber einen Stock. Sm Aebrigen wird sich Gen. Stock über die
Schreibweise der „Roten Fahne" nicht aufregen. Für uns aber
ist es eine Warnung. Beteiligen sich die Kommunisten an einer
Aktton, so haben sie sich an dis Beschlüsse zu halten, wie dies auch
der Kommunist Bohrung (nicht Böhringer, wie die „Rote Fahne"
schreibt, der Herr P. schreibt, so undeutsch) getan hat. Tun sie
das nicht, dann müssen wir sie eben sich selbst überlassen. Ihre
Ohnmacht liegt dann klar zu Tage. Für eine derartige Brüder-
schaft danken wir. —
Wer hat ErZbergsr ermordet?
* Heidelberg, den 7. Sept.
Nach jedem nationalistischen Meuchelmord versucht die Rechts-
presse dasselbe Ablenkungsmanöver, indem sie auf die angeblichen
„zahllosen" Morde hinweift, die seit der Revolution von Linkspar-
teien begangen sein sollten. Es ist hier wieder eine ähnliche Ge»
fchichtslüge wie die Dolchstoßlegende im Werden, die mit den Mit-
teln der infamen Lüge gespeist wird.
Politische Morde an Führern der Rechten sind seit der Revo-
lution und auch vor der Revolution von linker Seite in keinem ein-
zigen Falle begangen worden. Man nenne uns einen einzigen poli-
tischen Führer der Rechtsparteien, der das Opfer eines Meuchel-
mordes geworden wäre. Einen einzigen nur! Es gibt keinen. Lu-
dendorff, Hslfferich, Hergt, Westarp, Reventlvw usw. erfreuen sich
alle der besten Gesundheit. Kein Mensch hat ihnen an das Leben
getastet.
Von kommunistischer Seite find allerdings eine Anzahl Mords
begangen worden, manche darunter in recht bestialischer Weise. Sie
standen aber fast alle in Zusammenhang mit gleichzeitigen Kämpfen
und Unruhen; unter den Ermordeten findet sich keine einzige führende
Persönlichkeit der Rechte». Die beiden einzigen politischen Morde
der Kommunisten sind an sozialdemokratischen Führern verübt wor-
den, nämlich die Ermordung des sächsischen Kriegsministers Neu-
r i n g und der Mordversuch an dem Abgeordneten A u e r. Die
sicher aufs tiefste zu verabscheuenden Geiselmorde entstanden in der
Siedehitze des blutigen Bürgerkrieges. Politisch führende Persön-
lichkeiten waren auch hier unter den Ermordeten nicht. Nm übrigen
ist damals in München von beiden Seiten furchtbar gemordet wor-
den; der Geiselmord hat fein Gegenstück in der Ermordung der 21
katholischen Gesellen, in der Ermordung Landauers, EMvfers und
Soiltheimers und zirka 150 Zivilisten, die in der Statistik als „töd-
lich verunglückt", nicht als im Kampf gefallen aufgeführt werden.
Es liegt uns nichts ferner, als die kommunistischen Anktten zu be-
schönigen. Mer vorbedachte Morde an politischen Führern der
Rechten, in der Art des fetzigen Mordes an Erzberger haben die
Kommunisten nicht auf dem Gewissen.
Von sozialdemvkrtaischer Seite sind in Deutschland überhaupt
keinerlei Bluttaten begangen worden. Wer uns vorwirst,
die Atmosphäre des Mordes geschaffen zu haben, der lügt wider
besseres Wissen. Wir fordern die Rechtspresse auf, auch nur eine
von sozialdemokratischer Seite in Deutschland begangene Bluttat
nachzuweifen. Es wird ebensowenig gelingen, wie einen ermor-
deten politischen Führer der Rechten namhaft zu machen.
Vorbedachte Morde an politischen Führern hat allein die na-
tionalistische Seite begangen. Aus ihr Konto fällt der Mord an
Eisner, die -Ermordung Liebknechts und Rosa Luxe m-
burgs, der versuchte und der geglückte Mord an Erzberger,
die Ermordung G ci r e i s. Diese Feststellung ist unerschütterlich.
Keine Geschichtssälschung der Reaktionäre kann sie aus der Welt
schassen.
Trotzdem alles bas nicht wegzuleugnends geschichtliche Tatsachen
sind, versucht die Reaktion es dennoch mit allen Mitteln, diese poli-
tischen Morde den Anhängern des neuen Deutschland in die Schuhe
Su schieben, -dabei passiert es ihnen aber zuweilen, daß sie gerade das
beweisen, was sie wegzuleugnen versuchen, nämlich daß nur die
deutschnationale und antisemitische Hetze von heute an diesen politi-
schen Morden schuld ist. So schreibt die inHeidelberg heraus-
gegebene deutschnationale und tcutschvölkischs Zeitschrift „Die Z u-
kunft" in ihrer Nummer vom 2. September u. a.:
„Nehmen wir mal an, die Revolution von 1918 wäre unterblie-
ben, unser wohlgeordnetes Staatswesen von Bismarcks Gnaden wäre
nicht durch sie zerstört worden und unser «Kaiser und unsere Fürsten
hätten ihr sittenstrenges, Recht und Ordnung, Eigentum und Person
schützendes Regiment auch nach dem Kriege weiterführen können, —
Würde dann nicht Erzberger noch am Leben sein und ebenso Liebknecht,
Rosa vuzcmdurg, Elsner, Gareis und wie Die anderen sozialistischen
«Koryphäen also.heißen mögen? La, sie würden leben, soweit sic nicht
eines natürlichen Todes gestorben wären. Der politische Mord war
dem Kaiserreich vollständig wesensfremd. Kein vernünftiger Mensch
wird das in Abrede stellen. Folglich sind nicht die Rechtsparteien für
jene «Mordtaten verantwortlich zu machen, sondern einzig und allein
diejenigen Elemente, die in wahnsinniger Verblendung dem Bismarck-
schen Reiche 1018 den Todesstoß versetzten."
Diese Herrschaften geben also zu, daß der politische Mord dem
Bismarckschen Kaiserreich fremd war! Trotzdem also das Hohen-
zolbernreich die Massen politisch un-h wirtschaftlich mit allen Gewalt-
mitteln niederhielt, trotzdem alle, die sich zum Sozialismus bekann-
ten 12 Nähre lang wie die Verbrecher in die Gefängnisse und Zucht-
häuser verschleppt wurden, —- trotzdem kein politischer Mord an de»
Unterdrückern! Ist das nicht der glänzendste Beweis für die Dis-
ziplin und die Humanität der unterdrückten arbeitenden Klassen. Und
ist es nicht die schärfste Anklage gegen die Deutschnattonalen, die
heute, trotzdem ihnen die Demokratie völlige Meinungs- und geistige
Kampfesfreiheit gewährt, zum Meuchelmord am politischen Gegner
Hetzen, «weil dem Bismarckschen Reiche der Todesstoß versetzt worden
ist! Üeber diese Deutschnattonalen von heute sagt Adam Röder in
der neuensten Nummer der „Südd. konservativen Korrespon-
denz", daß sie „mit dem Mittel rücksichtslosester persönlichster Ver-
unglimpfung" arbeiten und so eine Atmosphäre des Hasses zeitigen,
vor der einem grauen kann. „Es ist zweifellos, daß aus dieser Hatz-
atmosphäre die Hand zum meuchlerischen Schutz gegen Erzberger
erhoben Wurde." Und an einer anderen Stelle sagt derselbe konser-
vative Adam Röder:
„Aber ebenso sicher ist, daß die alles auch nur entfernt zulässige
rücksichtslos überschreitende Agitation der Rechtskreise für diese furcht-
bare Ueberhitzung und Ueberstürzung altes leidenschaftlichen und auf-
reizenden für die Mordtat verantwortlich ist. Wenn der
Leitartikler der „Kreuzztg.", Graf Westarp, schreibt: «Sollten nun wirk-
lich weiterhin die Behörden entsprechend den soziald-em. Forderungen
die demokratische Freiheit dahin handhaben, baß sie den rechtsstehen-
den Kreisen versagen, ihre Gesinnung zu bekunden, so werden sie sich
auf den schärfsten politischen Widerstand gefaßt -machen müssen. —
so kann er dies nur mit dem «Augurenlächeln aus Hinterpo-mmern ge-
tan haben, denn kein Staat hat seinen «Gegnern soviel Agitations-,
Schimpf- und Verleumdungsfreiheit gestattet, wie die gegenwärtige
deutsche Republik."
Achtung! Genoffen!
Heute absnd von 6- 8 Nhr
soll mit der Agitation im B s r g h e i M e k v i e r i e! und in der
Altstadt begonnen werden. Bereits hat sich em Teil unserer
reiferen Arbeiterjugend zur Verfügung gestellt. Air erwarten, daß
auch die älteren und- erfahreneren -Genossen aus diesen beiden Stadt-
teilen zur Stells sind.
Die Zeitungen zur Agitation werden äbgcholt von tz-t> Uhr an:
in der „Stadt Stratzbur g" für das Bergheimervieriel,
in der „Alten Gunde i" für die Altstadt.
Drei Studierende der Heidelberger MuM-MaheNie (Klingsnteich)
sind nach erfolgreichem Probespiel in das Pfälzer Landes-Symphonie-
Orchcster ausgenommen worben.
Die Wiederherstellung des alten Rathauses am Marktplatz wird in
den nächsten Tagen in Angriff genommen. «Lin Teil ber Bureaus des
Nahrungsmittelamtes wird deshalb in die seither schon von
diesem Amt benützten Räume des nördlichen Ratyausbau-es (Hirschstraße)
verlegt, während die Abteilung für Kranken-, Milch- und
«S äug l i n g sv c r so rgu ng in das Haus B e rgh ei m e r St r. 1b,
eine Treppe hoch (Molkerei-Geschäftszimmer) umzieht. Morgen
Donnerstag bleibt diese Abteilung wegen des Umzugs geschlossen.
Poli-eibericht. Festgenommen wuMn: ein Arbeiter aus Men-
singen wegen Unterschlagung, ein Gärtner aus Handschuhsheim, weil
er sich zur Verbüßung seiner Strafe nicht meldete und ein Arbeiter aus
Mensingen wegen Obdachlosigkeit. — Diebstähle. Aus einem Man-
fardenzimmer in der Rohrbacher.«Straße wurden einem Dienstmädchen
eine «Kette, ein Damenhemd, zwei Paar Schnürschuhe und 200 Mk. ent-
wendet. Aus einem Garten der Hildastraße wurden 814 Zentner Birnen
gestohlen, am Neckarvvrlanb wurde ein Enterich entwendet und in der
Brückenstraße wurden aus einem -Wäschekübel zwei .Kopfbezüge gestohlen.
— Zur Anzeige gelangten: ein Bäckerlehrling aus Durlach wegen
Diesstahls, zwei Personen wegen Ruhestörung, sine Person wegen groben
Unfugs und zehn Autler wegen zu raschen Fahrens.
Schlotzau. Zu der auch von uns gebrachten Korrespondenzmeldung
über Land abgabe seitens der Fürst!. Leimngischen Verwaltung wird
uns von der «Genossenschaft für Landerwerb mitgeteilt, daß die Fürst!.
Leiningifche Verwaltung Amorbach noch keinen Ar verkauft habe.
In einer Sitzung aus dem Rathaus, bei welcher Vertreter des badischen
Arbeitsministeriums anwesend waren, wurde die Sache gutgehcißen, der
Abschluß wird aber jetzt wieder verzögert. Erst am Z. September haben
die Landsuchenden ihre Forderungen auf den: Bezirksamt aufs neue
geltend gemacht.
Wk MMel-MW Skk .MWÜW".
FirmnZminiftex Köhler zur politischen Lags.
Konstanz, 6. Sept. Finanz-Minister Köhler sprach gestern
abend in einer machwollen Protestkundgebung zur Ermordung Erz-
bergers in Konstanz und führte in seiner 114 stündigen Rede etwa
folgendes aus:
Ein grausiger Mord hat unfern ruhigen Schwarzwald ge-
schändet. In den Morgenstunden des 26. August ist Reichsfinanz-
minister a. D. Erzberger schmählich hmge-mordet und unser Abge-
ordneter Diez schwer verletzt worden. Eine gewaltige «Erschütterung
geht durch unser ganzes Volk, ja durch die gange Welt. Dreimal
ist Erzberger dem Tode entgangen, der ihn das vierte Mal er-
reichen sollte. Erzberger ist ein großer Mann. Wir wollendes
hinausrufen, daß alle Lügen und Verleumdungen nicht imstande
waren, seiner Ehre zu schaden. Heute an der Bahre können wir
sagen, er ist schuldlos, er ist gerechtfertigt, Erzberg-er ist als ein
Ehrenmann dahingegangen. Wenn Erzberger gewaltig in die Ge-
schicks unseres Vaterlandes eingegrisfen hat, so hat er es getan aus
tiefstem Mitleid gegenüber dem armen Volke. Er hat den «Gedan-
ken des christlichen «Solidarismus in die Tat umgesetzt und ihn hin-
ausgetragen, hat ihn Tausenden gepredigt in gewaltigen Versamm-
lungen; neue Feinde hat ihm diese Arbeit gebracht. 9a, feine Feinde
haben sogar Geld gesammelt zum Kampfe gegen ihn. Vor kurzem
noch hat Erzberger erklärt, daß man im vorigen Jahre ihm 250 000
Lire angeboten habe, wenn er nach «Italien geht. Erzberger aber
hat dieses Angebot abgelehnt; er Hal gesagt: Ich bleibe bei meinem
armen Volke. Erzberger war aber auch ein großer Staatsmann
dessen- Namen hinauskiingt über unsere deutsche Grenze und voi
dem die Staatsmänner unserer Feinde Achtung hatten. Der Re-b«
ner ging dann ein auf die Tätigkeit Erzbergers im Reichstag, schiß
derte die -Unertzeichnung des Friedensvertrags und den Eintrift
Erzbergers in die Regierung. Wenn das deutsche Volk viel atz
Erzberger verloren hat, so war er uns «Katholiken noch bedeutend
mehr; uns war er «der katholische Staatsmann.
Doch am Grabe des großen Staatsmannes müssen wir fragen:
Wer sind die Schuldigen? Zwei «junge Menschen wäre»
es, die ihn ermordeten. Die wahren Schuldigen sitzen aber ganz
wo anders. Das sind die Hetzer, die den Lügen- und Verleumd
dungsfeldzug gegen ihn geführt haben, die die öffentliche Meinung
verhetzt haben, das sind die Herren, die es über sich gebracht hab em
einen ehrlichen Mann des Meineids zu bezichtigen. Die in ge<
wissen Zeitungen immer wiederkchrende Bezeichnung „Schwein"
gibt «dem, der selbst militärisch gedient hat, wertvolle Fingerzeige.
Aus dem Volke stammt dieser Ausdruck nicht. Wir alle wissen, wer
die Urheber des Mordes sind. Und möge» auch noch so viele Re-
solutioner? aus der deutschnattonalen Partei und aus druifchnatio-
nalen Versammlungen hinausgehen, keine Resolution wird die
Schull» abwischen von denen, die den Mord verschuldet haben.
Welches sind die Folgen des Mordes? Die Er-
regung ist eine ungeheure. Das Volk merkt, daß es sich um mehr
handelt, als um Erzberger. Es merkt, daß es um die deutsche Ein-
heit geht, es merkt, daß es um die Demokratie geht, um das Mit-
bestimmungsrecht des Volkes. Die Säbelherrschaft soll wieder auf-
gerichtet werden. Und warum plötzlich dieses Säbelgeklirr? Well
die Regierung zu gut war, weil sie zu viel Rücksicht geübt hat.
«Aber täuschen sich diese Herren nicht! Heute weiß man im deut-
schen Volke, daß es um die Staatsordnung und die Weimarer
Verfassung geht.
Gnen Ruck nach rechts haben jene Herren erreichen wollen
und einen Zug nach links hat man erreicht!
Die Radikalisierung treibt jetzt mit unheimlichen Schritten vorwärts.
Ich sehe die gegenwärtige Situation außerordentlich schwarz an.
Wir müssen alles aufwenden, um Ruhe und Ordnung aufrecht»,
zuerhalten. Hier an der Grenze des Deutschen Reiches wollen wir
ins Ausland hinausrufen: Das ist nicht Deutschland, das ihr seht!
Deutschland ist nicht das Land der Meuchelmörder! Deutschland
will nicht, daß die Säbelherrschaft wieder aufgerichtet wird, sondern
Deutschland will fein Staatsleben in Ruhe wieder aufrichten, will
demokratisch sein und bleiben, wir alle wollen unser Staatsleben
festigen. Dieses Wollen muß sich aber in die Tat umfetzen, und
deshalb steht die badische Regierung entschlossen und fest
hinter den Maßnahmen der Reichsregierung und sie wird — das
sage ich hier offen als badischer Minister — mit gerechter Strenge
«bas -Gesetz durchführen. «Es ist kein Anrecht, denn wir befinden uns
in der Abwehr, die zum Teil hervorgerufen ist durch unsere Gut-
mütigkeit.
«In diesem Abwehr-kampf können weder wir noch die Reichs-
regierung eingeschüchtert werden durch Drohbriefe. Der Reichs-
kanzler erhielt in den letzten Tagen eine große Anzahl von Droh-
briefen und auch den badischen Finanzminister hat man in zwei
Drohbriefen daran erinnert, daß feine Stunden gezählt seien. Wir
«wissen, daß das badische Volk hinter der Regierung fteU. daß es
sie unterstützt in ihren Handlungen. Dis Aufforderung zum Morde
und bis gewissenlose Verleumdung lassen wir uns nicht gefallen,
und wer sich vergreift, der soll die ganze -Strenge der Staatsguts-
rität zu spüren bekommen. Wir proklamieren den Kampf den
FeirÄmr der Staatsordnung und der demokratischen Staatsver-
fassung, gegen die Waffsnschieber im badischen Oberland und unten
im Anlerlünd wird die Regierung energisch Front machen.
Die Regierung allein aber kann nicht alles tun. Wir müssen
alles Trennende zurückstellen, gleich zu welcher politischen Partei
wir uns bekennen, gleich welche religiöse Auffassung wir haben
Wir wollen uns zusammenschließen zu einer großen Par?
1 e i, die auf ihre Fahne schreibt:.
„Fort mit der Möbderpvlitik!"
Wir «Wolken uns nicht die Köpfe verschlagen über die Frage, ob
RepMik oder «Monarchie die bessere Staatsform ist. Jetzt müssen
wir nur darauf sehen, wie wir aus den gegenwärtigen schweren
Stunden herauskommen. Da haben wir die Pflicht, baß wir uns
treu zur Weimarer Verfassung bekennen. Auf dem deutfchnatio-
nalen Parteitag in München hat Helfferich die Worte ausgesprochen,
die Regierung säe Wind, die Deutschnattonalen wollen für den
Sturm sorgen! Na, es sollen sich diese Leute nicht täuschen: Für,
den Sturm sorgen wir, aber nicht für den Sturm im Sinne Helffe-
richs. Wir wollen einen Sturm entfachen mit den Waffen des
Geistes. Das soll ein Sturm «werden, der manchem von den
deutschnattonalen Herren um die Ohren brausen wird.
Einigung in der Südbadischen Metallindustrie.
Freiburg, 6. Sept. Dem Schlichtungsausschuß waren die
Lohnforderungen der Metallarbeiter E-üdbadens zur Entscheidung
unterbreitet. Nach längeren, zum Teil leidenschaftlich geführten
Verhandlungen wurde eine Einigung in der Lohnfrage erzielt.
Auch waren die Arbeitgeber mit der Rückverlegung der zweiten
und dritten Lvhnperiode um 14 Tage einverstanden.
Der Netakarbeiterstreik in Halle beendet.
Halle, 7. Sept. Der Streik der Metallarbeiter in Halle
und den umliegenden Städten ist «beendet. Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer haben den Schiedsspruch des Schiedsgerichtes angenommen.
Auch die Löhnbewegung bei den Zeißwerken ist dadurch auf fried-
lichem Wege beendet worden, daß sich die «Betriebsversammlung
mit den Abmachungen zwischen Werkleitung und Betriebsrat ein-
verstanden erklärt hat.
Verschärfung der Lage in Magdeburg.
Magdeburg, 7. Sept. In Magdeburg haben die Ar-
beiter der'Metallindustrie heute abend wider Erwarten beschlossen,
den Vorschlag der Arbeitgeber und den Vermittlu-ngsvorschlag des
Regierungspräsidenten abzulehnen. Auch der Vorschlag des
Vorsitzenden der Tarifkommission, eine Lohnerhöhung von 2 Mk.
die Stunde als Verhandlungsforderung aufzustellen und erneut die
Verhandlungen aufzunehmen, wurde abgelehnt. Es wurde viel-
mehr der einmütige Beschluß gefaßt, morgen früh 9 Uhr in den
Streik zu treten.
Freier Wassersporwerein 1919. Leden Montag und Donnerstag im stLdt.
Hallenbad von ^7—8 Uhr Uebungsstunds. Dorrselbst werden Neu-
«nmeÄungen entgesengenommen-
MLrsKMMlUMgSkKlLNdLe.
Sandhause». Samstag, 10. September, abends 1-9 Uhr im „Lamm":
Bolksversamkung. Tagesordnung: „Der Mord an Erzberger und
die innen- und außenpolitische Lage". Ref.: Dr K raus- Heidelberg.
Sinsheim. Samstag, den 10. September, abends 149 Uhr im Lokal
„Petri": Mitgliederversammlung. Referent Genosse Amann.
Heinsheim. -Sonntag, den 11. 'September, abends 8 Uhr bei Schmelzer:
Volksversammlung. Tagesordnung: „Der Meuchelmord als Waff»
im politischen Kampf." Ref.: Gen. Amann-Heidelberg.
WKMULMW"
Wie Vie Konrrnrr triften die Reaktion
bekämpfTNl
Aeber die Demouftration der Heidelberger Arbeiterschaft berich-
tet die ,M oteFahn e" das Organ der Kommunisten in Nr. 207
u. a. folgendermaßen:
„Ueber den Reihen des kleinbürgerlichen Proletariats weht die
bürgerlich-republikanische Fahne „schwarz-rot-gold" und einige Tafeln
„Hoch die Republik", ,-Hoch die Demokratie" sind getragen worden.
In der Stadthall« hielten Stock, Dr. Krumms und Gen. Böhringer An-
sprachen. Vor der SLadthalle, wo vorwiegend das revolutionäre
Proletariat versammelt war, hielt Stock eine Ansprache wie im Par-
lament ,Meine Damen und Herren!" „Schutz der Demokratie, Schutz
der Republik vor der militärischen und"anarchistischen Reaktion!"
Man weiß wirklich nicht, was an diesem Manne noch Proletarisches
und Sozialistisches ist. — Revolutionär nicht ein Atom je gewesen,
sozialistisch Vielleicht eine stark revisionistische Vergangenheit und Pro-
letarisches — die Abstammung und das Einkommen. Er spekuliert
auf einen Ministerposten und wenn er das nicht erreichen wird, dann
begnügt er sich mit einem Bürgermeisterposten. Auf den denkenden
Arbeiter hat er gar keinen Einfluß. Die Proletarier haben ein feines
Empfinden und wissen zu unterscheiden den Führer, der dem Prole-
tariat dient von dem, der sich des Proletariats bedient. Nach Stock
sprach «Jäger von U.S.P. einige unverständliche Worte. Hieraus kam
Genosse Rimmler zu Worte, der dem Proletariat sagte, was ist und
roas geschehen muß, wenn das Proletariat sich von der Ausbeutung
und Unterdrückung befreien will. Nur durch revolutionäre Taten
wird die Reaktion niedergerungen."
Das ist tiestraurig und beschämend für das Proletariat zugleich
rind es wäre schlimm, wenn man nicht wüßte, daß die Kommunisti-
sche Partei ein kleines Häuflein darstellt und auch hiervon ein Teil
mit dieser Art Schmutzsinkerei nicht einverstanden ist. Es sind dies
einige Radauhelden oder Wirrköpfe, die immer den Boden unter
den Füßen verlieren. Der Schreiber dieser Anpöbelei, die doch
wahrlich nicht den Zweck hat, die Reaktion zu bekämpfen, sondern
ihr zu zeigen, wie gespalten die Arbeiterschaft ist, hat sich bei Ab-
fassung seiner Worte von den niedrigsten Instinkten
leiten lassen. Ja, wir behaupten noch mehr. Wer so schreibt,
ist k e i n F r e u ndde rA r b e i t e r, sondern darauf aus, diese ab-
sichtlich zu spalten und damit ein Verräter.
Es ist so wie, wir immer sagten, die KoMmmristen haben mehr
Reaktionäre und Spitze! in ihrer Partei als Kommunisten. Viel-
leicht ist der Verfasser derselbe Mann, der seinen Willen wegen
Oesfnung der Gefängnisse gegenüber unserem Genossen Stock nicht
durchsetzte und dafür den Genossen Stock schon dort so titulierte,
wie es in der erwähnten Notiz ausgedrücki ist. Dieser Mann, der
entweder ein Verräter oder ein Pathologe ist, hätte verdammt not-
wendig brav zu sein. Gerade er verdankt dem Genossen Stock den
Halt seiner Arbeitsstelle. Es gab Zeiten, wo man den Herrn in der
sozialistischen Bewegung noch nicht gekannt hat, dort kannte man
aber einen Stock. Sm Aebrigen wird sich Gen. Stock über die
Schreibweise der „Roten Fahne" nicht aufregen. Für uns aber
ist es eine Warnung. Beteiligen sich die Kommunisten an einer
Aktton, so haben sie sich an dis Beschlüsse zu halten, wie dies auch
der Kommunist Bohrung (nicht Böhringer, wie die „Rote Fahne"
schreibt, der Herr P. schreibt, so undeutsch) getan hat. Tun sie
das nicht, dann müssen wir sie eben sich selbst überlassen. Ihre
Ohnmacht liegt dann klar zu Tage. Für eine derartige Brüder-
schaft danken wir. —
Wer hat ErZbergsr ermordet?
* Heidelberg, den 7. Sept.
Nach jedem nationalistischen Meuchelmord versucht die Rechts-
presse dasselbe Ablenkungsmanöver, indem sie auf die angeblichen
„zahllosen" Morde hinweift, die seit der Revolution von Linkspar-
teien begangen sein sollten. Es ist hier wieder eine ähnliche Ge»
fchichtslüge wie die Dolchstoßlegende im Werden, die mit den Mit-
teln der infamen Lüge gespeist wird.
Politische Morde an Führern der Rechten sind seit der Revo-
lution und auch vor der Revolution von linker Seite in keinem ein-
zigen Falle begangen worden. Man nenne uns einen einzigen poli-
tischen Führer der Rechtsparteien, der das Opfer eines Meuchel-
mordes geworden wäre. Einen einzigen nur! Es gibt keinen. Lu-
dendorff, Hslfferich, Hergt, Westarp, Reventlvw usw. erfreuen sich
alle der besten Gesundheit. Kein Mensch hat ihnen an das Leben
getastet.
Von kommunistischer Seite find allerdings eine Anzahl Mords
begangen worden, manche darunter in recht bestialischer Weise. Sie
standen aber fast alle in Zusammenhang mit gleichzeitigen Kämpfen
und Unruhen; unter den Ermordeten findet sich keine einzige führende
Persönlichkeit der Rechte». Die beiden einzigen politischen Morde
der Kommunisten sind an sozialdemokratischen Führern verübt wor-
den, nämlich die Ermordung des sächsischen Kriegsministers Neu-
r i n g und der Mordversuch an dem Abgeordneten A u e r. Die
sicher aufs tiefste zu verabscheuenden Geiselmorde entstanden in der
Siedehitze des blutigen Bürgerkrieges. Politisch führende Persön-
lichkeiten waren auch hier unter den Ermordeten nicht. Nm übrigen
ist damals in München von beiden Seiten furchtbar gemordet wor-
den; der Geiselmord hat fein Gegenstück in der Ermordung der 21
katholischen Gesellen, in der Ermordung Landauers, EMvfers und
Soiltheimers und zirka 150 Zivilisten, die in der Statistik als „töd-
lich verunglückt", nicht als im Kampf gefallen aufgeführt werden.
Es liegt uns nichts ferner, als die kommunistischen Anktten zu be-
schönigen. Mer vorbedachte Morde an politischen Führern der
Rechten, in der Art des fetzigen Mordes an Erzberger haben die
Kommunisten nicht auf dem Gewissen.
Von sozialdemvkrtaischer Seite sind in Deutschland überhaupt
keinerlei Bluttaten begangen worden. Wer uns vorwirst,
die Atmosphäre des Mordes geschaffen zu haben, der lügt wider
besseres Wissen. Wir fordern die Rechtspresse auf, auch nur eine
von sozialdemokratischer Seite in Deutschland begangene Bluttat
nachzuweifen. Es wird ebensowenig gelingen, wie einen ermor-
deten politischen Führer der Rechten namhaft zu machen.
Vorbedachte Morde an politischen Führern hat allein die na-
tionalistische Seite begangen. Aus ihr Konto fällt der Mord an
Eisner, die -Ermordung Liebknechts und Rosa Luxe m-
burgs, der versuchte und der geglückte Mord an Erzberger,
die Ermordung G ci r e i s. Diese Feststellung ist unerschütterlich.
Keine Geschichtssälschung der Reaktionäre kann sie aus der Welt
schassen.
Trotzdem alles bas nicht wegzuleugnends geschichtliche Tatsachen
sind, versucht die Reaktion es dennoch mit allen Mitteln, diese poli-
tischen Morde den Anhängern des neuen Deutschland in die Schuhe
Su schieben, -dabei passiert es ihnen aber zuweilen, daß sie gerade das
beweisen, was sie wegzuleugnen versuchen, nämlich daß nur die
deutschnationale und antisemitische Hetze von heute an diesen politi-
schen Morden schuld ist. So schreibt die inHeidelberg heraus-
gegebene deutschnationale und tcutschvölkischs Zeitschrift „Die Z u-
kunft" in ihrer Nummer vom 2. September u. a.:
„Nehmen wir mal an, die Revolution von 1918 wäre unterblie-
ben, unser wohlgeordnetes Staatswesen von Bismarcks Gnaden wäre
nicht durch sie zerstört worden und unser «Kaiser und unsere Fürsten
hätten ihr sittenstrenges, Recht und Ordnung, Eigentum und Person
schützendes Regiment auch nach dem Kriege weiterführen können, —
Würde dann nicht Erzberger noch am Leben sein und ebenso Liebknecht,
Rosa vuzcmdurg, Elsner, Gareis und wie Die anderen sozialistischen
«Koryphäen also.heißen mögen? La, sie würden leben, soweit sic nicht
eines natürlichen Todes gestorben wären. Der politische Mord war
dem Kaiserreich vollständig wesensfremd. Kein vernünftiger Mensch
wird das in Abrede stellen. Folglich sind nicht die Rechtsparteien für
jene «Mordtaten verantwortlich zu machen, sondern einzig und allein
diejenigen Elemente, die in wahnsinniger Verblendung dem Bismarck-
schen Reiche 1018 den Todesstoß versetzten."
Diese Herrschaften geben also zu, daß der politische Mord dem
Bismarckschen Kaiserreich fremd war! Trotzdem also das Hohen-
zolbernreich die Massen politisch un-h wirtschaftlich mit allen Gewalt-
mitteln niederhielt, trotzdem alle, die sich zum Sozialismus bekann-
ten 12 Nähre lang wie die Verbrecher in die Gefängnisse und Zucht-
häuser verschleppt wurden, —- trotzdem kein politischer Mord an de»
Unterdrückern! Ist das nicht der glänzendste Beweis für die Dis-
ziplin und die Humanität der unterdrückten arbeitenden Klassen. Und
ist es nicht die schärfste Anklage gegen die Deutschnattonalen, die
heute, trotzdem ihnen die Demokratie völlige Meinungs- und geistige
Kampfesfreiheit gewährt, zum Meuchelmord am politischen Gegner
Hetzen, «weil dem Bismarckschen Reiche der Todesstoß versetzt worden
ist! Üeber diese Deutschnattonalen von heute sagt Adam Röder in
der neuensten Nummer der „Südd. konservativen Korrespon-
denz", daß sie „mit dem Mittel rücksichtslosester persönlichster Ver-
unglimpfung" arbeiten und so eine Atmosphäre des Hasses zeitigen,
vor der einem grauen kann. „Es ist zweifellos, daß aus dieser Hatz-
atmosphäre die Hand zum meuchlerischen Schutz gegen Erzberger
erhoben Wurde." Und an einer anderen Stelle sagt derselbe konser-
vative Adam Röder:
„Aber ebenso sicher ist, daß die alles auch nur entfernt zulässige
rücksichtslos überschreitende Agitation der Rechtskreise für diese furcht-
bare Ueberhitzung und Ueberstürzung altes leidenschaftlichen und auf-
reizenden für die Mordtat verantwortlich ist. Wenn der
Leitartikler der „Kreuzztg.", Graf Westarp, schreibt: «Sollten nun wirk-
lich weiterhin die Behörden entsprechend den soziald-em. Forderungen
die demokratische Freiheit dahin handhaben, baß sie den rechtsstehen-
den Kreisen versagen, ihre Gesinnung zu bekunden, so werden sie sich
auf den schärfsten politischen Widerstand gefaßt -machen müssen. —
so kann er dies nur mit dem «Augurenlächeln aus Hinterpo-mmern ge-
tan haben, denn kein Staat hat seinen «Gegnern soviel Agitations-,
Schimpf- und Verleumdungsfreiheit gestattet, wie die gegenwärtige
deutsche Republik."
Achtung! Genoffen!
Heute absnd von 6- 8 Nhr
soll mit der Agitation im B s r g h e i M e k v i e r i e! und in der
Altstadt begonnen werden. Bereits hat sich em Teil unserer
reiferen Arbeiterjugend zur Verfügung gestellt. Air erwarten, daß
auch die älteren und- erfahreneren -Genossen aus diesen beiden Stadt-
teilen zur Stells sind.
Die Zeitungen zur Agitation werden äbgcholt von tz-t> Uhr an:
in der „Stadt Stratzbur g" für das Bergheimervieriel,
in der „Alten Gunde i" für die Altstadt.
Drei Studierende der Heidelberger MuM-MaheNie (Klingsnteich)
sind nach erfolgreichem Probespiel in das Pfälzer Landes-Symphonie-
Orchcster ausgenommen worben.
Die Wiederherstellung des alten Rathauses am Marktplatz wird in
den nächsten Tagen in Angriff genommen. «Lin Teil ber Bureaus des
Nahrungsmittelamtes wird deshalb in die seither schon von
diesem Amt benützten Räume des nördlichen Ratyausbau-es (Hirschstraße)
verlegt, während die Abteilung für Kranken-, Milch- und
«S äug l i n g sv c r so rgu ng in das Haus B e rgh ei m e r St r. 1b,
eine Treppe hoch (Molkerei-Geschäftszimmer) umzieht. Morgen
Donnerstag bleibt diese Abteilung wegen des Umzugs geschlossen.
Poli-eibericht. Festgenommen wuMn: ein Arbeiter aus Men-
singen wegen Unterschlagung, ein Gärtner aus Handschuhsheim, weil
er sich zur Verbüßung seiner Strafe nicht meldete und ein Arbeiter aus
Mensingen wegen Obdachlosigkeit. — Diebstähle. Aus einem Man-
fardenzimmer in der Rohrbacher.«Straße wurden einem Dienstmädchen
eine «Kette, ein Damenhemd, zwei Paar Schnürschuhe und 200 Mk. ent-
wendet. Aus einem Garten der Hildastraße wurden 814 Zentner Birnen
gestohlen, am Neckarvvrlanb wurde ein Enterich entwendet und in der
Brückenstraße wurden aus einem -Wäschekübel zwei .Kopfbezüge gestohlen.
— Zur Anzeige gelangten: ein Bäckerlehrling aus Durlach wegen
Diesstahls, zwei Personen wegen Ruhestörung, sine Person wegen groben
Unfugs und zehn Autler wegen zu raschen Fahrens.
Schlotzau. Zu der auch von uns gebrachten Korrespondenzmeldung
über Land abgabe seitens der Fürst!. Leimngischen Verwaltung wird
uns von der «Genossenschaft für Landerwerb mitgeteilt, daß die Fürst!.
Leiningifche Verwaltung Amorbach noch keinen Ar verkauft habe.
In einer Sitzung aus dem Rathaus, bei welcher Vertreter des badischen
Arbeitsministeriums anwesend waren, wurde die Sache gutgehcißen, der
Abschluß wird aber jetzt wieder verzögert. Erst am Z. September haben
die Landsuchenden ihre Forderungen auf den: Bezirksamt aufs neue
geltend gemacht.
Wk MMel-MW Skk .MWÜW".
FirmnZminiftex Köhler zur politischen Lags.
Konstanz, 6. Sept. Finanz-Minister Köhler sprach gestern
abend in einer machwollen Protestkundgebung zur Ermordung Erz-
bergers in Konstanz und führte in seiner 114 stündigen Rede etwa
folgendes aus:
Ein grausiger Mord hat unfern ruhigen Schwarzwald ge-
schändet. In den Morgenstunden des 26. August ist Reichsfinanz-
minister a. D. Erzberger schmählich hmge-mordet und unser Abge-
ordneter Diez schwer verletzt worden. Eine gewaltige «Erschütterung
geht durch unser ganzes Volk, ja durch die gange Welt. Dreimal
ist Erzberger dem Tode entgangen, der ihn das vierte Mal er-
reichen sollte. Erzberger ist ein großer Mann. Wir wollendes
hinausrufen, daß alle Lügen und Verleumdungen nicht imstande
waren, seiner Ehre zu schaden. Heute an der Bahre können wir
sagen, er ist schuldlos, er ist gerechtfertigt, Erzberg-er ist als ein
Ehrenmann dahingegangen. Wenn Erzberger gewaltig in die Ge-
schicks unseres Vaterlandes eingegrisfen hat, so hat er es getan aus
tiefstem Mitleid gegenüber dem armen Volke. Er hat den «Gedan-
ken des christlichen «Solidarismus in die Tat umgesetzt und ihn hin-
ausgetragen, hat ihn Tausenden gepredigt in gewaltigen Versamm-
lungen; neue Feinde hat ihm diese Arbeit gebracht. 9a, feine Feinde
haben sogar Geld gesammelt zum Kampfe gegen ihn. Vor kurzem
noch hat Erzberger erklärt, daß man im vorigen Jahre ihm 250 000
Lire angeboten habe, wenn er nach «Italien geht. Erzberger aber
hat dieses Angebot abgelehnt; er Hal gesagt: Ich bleibe bei meinem
armen Volke. Erzberger war aber auch ein großer Staatsmann
dessen- Namen hinauskiingt über unsere deutsche Grenze und voi
dem die Staatsmänner unserer Feinde Achtung hatten. Der Re-b«
ner ging dann ein auf die Tätigkeit Erzbergers im Reichstag, schiß
derte die -Unertzeichnung des Friedensvertrags und den Eintrift
Erzbergers in die Regierung. Wenn das deutsche Volk viel atz
Erzberger verloren hat, so war er uns «Katholiken noch bedeutend
mehr; uns war er «der katholische Staatsmann.
Doch am Grabe des großen Staatsmannes müssen wir fragen:
Wer sind die Schuldigen? Zwei «junge Menschen wäre»
es, die ihn ermordeten. Die wahren Schuldigen sitzen aber ganz
wo anders. Das sind die Hetzer, die den Lügen- und Verleumd
dungsfeldzug gegen ihn geführt haben, die die öffentliche Meinung
verhetzt haben, das sind die Herren, die es über sich gebracht hab em
einen ehrlichen Mann des Meineids zu bezichtigen. Die in ge<
wissen Zeitungen immer wiederkchrende Bezeichnung „Schwein"
gibt «dem, der selbst militärisch gedient hat, wertvolle Fingerzeige.
Aus dem Volke stammt dieser Ausdruck nicht. Wir alle wissen, wer
die Urheber des Mordes sind. Und möge» auch noch so viele Re-
solutioner? aus der deutschnattonalen Partei und aus druifchnatio-
nalen Versammlungen hinausgehen, keine Resolution wird die
Schull» abwischen von denen, die den Mord verschuldet haben.
Welches sind die Folgen des Mordes? Die Er-
regung ist eine ungeheure. Das Volk merkt, daß es sich um mehr
handelt, als um Erzberger. Es merkt, daß es um die deutsche Ein-
heit geht, es merkt, daß es um die Demokratie geht, um das Mit-
bestimmungsrecht des Volkes. Die Säbelherrschaft soll wieder auf-
gerichtet werden. Und warum plötzlich dieses Säbelgeklirr? Well
die Regierung zu gut war, weil sie zu viel Rücksicht geübt hat.
«Aber täuschen sich diese Herren nicht! Heute weiß man im deut-
schen Volke, daß es um die Staatsordnung und die Weimarer
Verfassung geht.
Gnen Ruck nach rechts haben jene Herren erreichen wollen
und einen Zug nach links hat man erreicht!
Die Radikalisierung treibt jetzt mit unheimlichen Schritten vorwärts.
Ich sehe die gegenwärtige Situation außerordentlich schwarz an.
Wir müssen alles aufwenden, um Ruhe und Ordnung aufrecht»,
zuerhalten. Hier an der Grenze des Deutschen Reiches wollen wir
ins Ausland hinausrufen: Das ist nicht Deutschland, das ihr seht!
Deutschland ist nicht das Land der Meuchelmörder! Deutschland
will nicht, daß die Säbelherrschaft wieder aufgerichtet wird, sondern
Deutschland will fein Staatsleben in Ruhe wieder aufrichten, will
demokratisch sein und bleiben, wir alle wollen unser Staatsleben
festigen. Dieses Wollen muß sich aber in die Tat umfetzen, und
deshalb steht die badische Regierung entschlossen und fest
hinter den Maßnahmen der Reichsregierung und sie wird — das
sage ich hier offen als badischer Minister — mit gerechter Strenge
«bas -Gesetz durchführen. «Es ist kein Anrecht, denn wir befinden uns
in der Abwehr, die zum Teil hervorgerufen ist durch unsere Gut-
mütigkeit.
«In diesem Abwehr-kampf können weder wir noch die Reichs-
regierung eingeschüchtert werden durch Drohbriefe. Der Reichs-
kanzler erhielt in den letzten Tagen eine große Anzahl von Droh-
briefen und auch den badischen Finanzminister hat man in zwei
Drohbriefen daran erinnert, daß feine Stunden gezählt seien. Wir
«wissen, daß das badische Volk hinter der Regierung fteU. daß es
sie unterstützt in ihren Handlungen. Dis Aufforderung zum Morde
und bis gewissenlose Verleumdung lassen wir uns nicht gefallen,
und wer sich vergreift, der soll die ganze -Strenge der Staatsguts-
rität zu spüren bekommen. Wir proklamieren den Kampf den
FeirÄmr der Staatsordnung und der demokratischen Staatsver-
fassung, gegen die Waffsnschieber im badischen Oberland und unten
im Anlerlünd wird die Regierung energisch Front machen.
Die Regierung allein aber kann nicht alles tun. Wir müssen
alles Trennende zurückstellen, gleich zu welcher politischen Partei
wir uns bekennen, gleich welche religiöse Auffassung wir haben
Wir wollen uns zusammenschließen zu einer großen Par?
1 e i, die auf ihre Fahne schreibt:.
„Fort mit der Möbderpvlitik!"
Wir «Wolken uns nicht die Köpfe verschlagen über die Frage, ob
RepMik oder «Monarchie die bessere Staatsform ist. Jetzt müssen
wir nur darauf sehen, wie wir aus den gegenwärtigen schweren
Stunden herauskommen. Da haben wir die Pflicht, baß wir uns
treu zur Weimarer Verfassung bekennen. Auf dem deutfchnatio-
nalen Parteitag in München hat Helfferich die Worte ausgesprochen,
die Regierung säe Wind, die Deutschnattonalen wollen für den
Sturm sorgen! Na, es sollen sich diese Leute nicht täuschen: Für,
den Sturm sorgen wir, aber nicht für den Sturm im Sinne Helffe-
richs. Wir wollen einen Sturm entfachen mit den Waffen des
Geistes. Das soll ein Sturm «werden, der manchem von den
deutschnattonalen Herren um die Ohren brausen wird.
Einigung in der Südbadischen Metallindustrie.
Freiburg, 6. Sept. Dem Schlichtungsausschuß waren die
Lohnforderungen der Metallarbeiter E-üdbadens zur Entscheidung
unterbreitet. Nach längeren, zum Teil leidenschaftlich geführten
Verhandlungen wurde eine Einigung in der Lohnfrage erzielt.
Auch waren die Arbeitgeber mit der Rückverlegung der zweiten
und dritten Lvhnperiode um 14 Tage einverstanden.
Der Netakarbeiterstreik in Halle beendet.
Halle, 7. Sept. Der Streik der Metallarbeiter in Halle
und den umliegenden Städten ist «beendet. Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer haben den Schiedsspruch des Schiedsgerichtes angenommen.
Auch die Löhnbewegung bei den Zeißwerken ist dadurch auf fried-
lichem Wege beendet worden, daß sich die «Betriebsversammlung
mit den Abmachungen zwischen Werkleitung und Betriebsrat ein-
verstanden erklärt hat.
Verschärfung der Lage in Magdeburg.
Magdeburg, 7. Sept. In Magdeburg haben die Ar-
beiter der'Metallindustrie heute abend wider Erwarten beschlossen,
den Vorschlag der Arbeitgeber und den Vermittlu-ngsvorschlag des
Regierungspräsidenten abzulehnen. Auch der Vorschlag des
Vorsitzenden der Tarifkommission, eine Lohnerhöhung von 2 Mk.
die Stunde als Verhandlungsforderung aufzustellen und erneut die
Verhandlungen aufzunehmen, wurde abgelehnt. Es wurde viel-
mehr der einmütige Beschluß gefaßt, morgen früh 9 Uhr in den
Streik zu treten.
Freier Wassersporwerein 1919. Leden Montag und Donnerstag im stLdt.
Hallenbad von ^7—8 Uhr Uebungsstunds. Dorrselbst werden Neu-
«nmeÄungen entgesengenommen-
MLrsKMMlUMgSkKlLNdLe.
Sandhause». Samstag, 10. September, abends 1-9 Uhr im „Lamm":
Bolksversamkung. Tagesordnung: „Der Mord an Erzberger und
die innen- und außenpolitische Lage". Ref.: Dr K raus- Heidelberg.
Sinsheim. Samstag, den 10. September, abends 149 Uhr im Lokal
„Petri": Mitgliederversammlung. Referent Genosse Amann.
Heinsheim. -Sonntag, den 11. 'September, abends 8 Uhr bei Schmelzer:
Volksversammlung. Tagesordnung: „Der Meuchelmord als Waff»
im politischen Kampf." Ref.: Gen. Amann-Heidelberg.
WKMULMW"