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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (3) — 1921

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Nr. 251 - Nr. 260 (27. Oktober - 7. November)
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Tageszeitung für die werktätige BeuMsruM der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppinger», Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boaberg, Tauberbischofsheim und Wertheim._


Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 6.— MI. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Netitzeils (36 mm breit) 1.50 M!., Reklame-Anzeigen
(93 mm breit) 2.S0 Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden: 8—'/,6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22 577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Mittwoch, 2. November 1921
Nr. 256 * 3. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilletons
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Geibel; für die Anzeigen: H. Horchler, sämtliche in Heidelberg,
Druck u. Verlag der Untsrbaoischen Verlagsanstalt G. m. b. H., HeidelberA
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Friedliche Lösung der ungarischen Frage.
Die Dynastie Habsburg mutz auf den Thron verzichten. — Ein voller Erfolg der kleinen Entente. —
Das russtch-italienische Wirtschaftsabkommen.

Was nun?
Politische Betrachtungen zur LandLagswahl.
Xr. Heidelberg, den 2. November.
Als die Reichstagswahl im Juni 1920 einen starken Rechts-
ruck ergeben hatte, schrieben wir an dieser Stelle, daß die meisten
derjenigen, die diese Tatsache mitverursachten, nicht wußten, was
das außenpolitisch für Deutschland bedeutet. Das Londoner
„Nein" des Kabinetts Fehrenbach-Simons und die militärischen
und wirtschaftlichen Sanktionen, die ihm folgten, mögen viele
eines besseren belehrt haben. Von einer entschiedenen Rechts-
schwenkung kann nun erfreulicherweise bet der Landtagswahl nicht
gesprochen werden, wenn auch nicht übersehen werden darf, daß
die Rechtsgruppen der Deutsch-rationalen, Volksparteiler und des
Landbundes mit 19 von 86 Mandaten heute eine andere Oppo-
sition darstellen, als die 7 Deutschnationalen im alten Landtag mit
seinen 107 Abgeordneten. Aber umso trauriger ist die mise-
rable Wahlbeteiligung, die Gleichgültigkeit, aus der
heraus Zehntausende von Arbeitern einfach der Wahl sernblieben,
wogegen das Zentrum den letzten Mann und die letzte Frau zur
Urne brachte. Die Sozialdemokratie könnte im neuen Landtag noch
eine ganz andere Macht darstellen, wenn die Arbeiterschaft restlos
ihre Pflicht getan hätte! Es ist sicher kein Zufall, wenn in einem
Bezirk wie Lörrach, der derartig stark mit Jndustriearbeiterschäst
durchsetzt ist, die Wahlbeteiligung kaum 60 Prozent betrug.
Lörrach ist seit der Revolution ein Hauptsitz der unabhängig-kom-
munistischen Spaltungsbewegung, dort waltet der Oberradikalinski
Bock seines Amtes, dessen Frucht jetzt dieser jämmerliche Nieder-
gang der Arbeiterbewegung in diesem Teil des Oberlandes ist. So
ist es auch im übrigen Baden, auch im 7. Wahlkreis. Ueberall da,
wo die Unabhängigen und Kommunisten gehaust und gewütet
haben, wo sie die Phrasen von der „kapitalistischen Demokratie",
dem „Nur-Parlamentarismus der Rechtssozialisten", dem „Ent-
scheidungskampf auf der Straße" gedroschen haben, ist fast durch
die Bank Wahlflauheit, Gleichgültigkeit, Wurstigkeit zu konstatieren.
Und was ist das Resultat? Daß das Zentrum im neuen Landtag
eine überragende politische Machtstellung erlangt hat, die es sich in
diesem Ausmaß selber nicht zugedacht hatte. Was nützen jetzt die
Stimmen für U.S.P. und K.P.D.? Sie sind rein zum Fenster
hinausgeworfen, denn es wird doch niemand so naiv sein, sich ein-
zubilden, daß diese 2 Unabhängigen und 3 Kommunisten die ba-
dische Politik und Gesetzgebung irgendwie nennenswert werden
beeinflussen können!
Es ist bereits am Montag an dieser Stelle darauf hingewiesen
worden, daß die Wahl einen Sieg der demokratisch-republikanischen
Politik bedeute, daß auch im neuen Landtag die alte Koalition eins
Zwetdrittel-Mehrheit besitze und daß damit die geradläufige Fort-
setzung der alten Politik gesichert sei. Wir sprechen dies auch heute
mit aller Deutlichkeit und Schärfe aus angesichts der verschiedenen
Versuche, die von rechts her da und dort gemacht werden, diese
Tatsachen zu verdunkeln und zu verschieben. Schon tauchen die
ersten Versuche auf, die Koalition nach rechts zu verbreitern
durch Verbindung von Liberalen nnd Demokraten und dement-
sprechende Umgestaltung der Regierung. Wenn das nun auch
zunächst eine Angelegenheit der Demokraten ist, die sie mit sich
selbst ausmachen müssen, so sei doch schon gleich zu Anfang erklärt,
daß wir jedem solchen Versuch mit allen Mitteln entgegentreten
werden; nachdem das Wahlergebnis für die Nationalliberalen so
kläglich ausgefallen ist, besteht für uns kein Grund, diesen fünf
Volksparteilern irgend einen Einfluß in der Regierung einzu-
räumen. Schließlich aber hängen alle diese Koalitionssragen von
der Haltung des Zentrums ab, das jederzeit in der Lage
ist, wechselnde Mehrheiten im Landtag zu bilden. Von wesentlicher
Bedeutung wird dabet die Entwicklung der Reichspolitik sein und
wir zweifeln gar nicht, daß das Zentrum vorläufig ganz gern mit
uns und den Demokraten zusammen die alte Koalitionspolitik
sortsühren wird. Aus wie lange? Wer kann es wissen! . . . Der
Kamps, der im Reichszentrum gegen Dr. Wirth geführt worden ist,
hat gezeigt, wie stark dort die Rechtsrichtung ist, die gern rein bür-
gerliche Orientierung suchen würde. Wir haben mit Freude
registriert, wie energisch das badische Zentrum sich für Wirth und
seins Politik eingesetzt hat und dürfen Wohl erwarten, daß man
von dieser Linie, der unsere Mitarbeit sicher ist, nicht abweicht.
Wesentlich schwieriger liegen, die Dinge aus kulturpolitischem
Gebiet, in den Schulfragenr Geben wir uns gar keiner Täuschung
hin, das Zentrum wird seine Macht gerade in diesen Fragen, die
für cs Lebensfragen sind, rücksichtslos ausnützen, die Anfänge,
dazu haben wir ja bereits im letzten Landtag zu spüren bekommen.
Die unheilvolle Zersplitterung des liberalen Bürgertums einer-
seits und die Zersplitterung und Gleichgültigkeit großer Arbeiter-
massen andererseits haben dem Zentrum zu dieser Macht verhalfen.
Wenn im kommenden Landtag das Zentrum sich nicht so wird
durchsetzen können, wie das zum Teil jetzt schon in gewissen Zen-
trmnskreisen gewünscht wird, so ist das lediglich das Verdienst der '
geschlossenen Sozialdemokratie mit ihren 20 Mandaten, mit der
das Zentrum aus anderen staatspolilischen und wirtschaftlichen
Gründen zusammsnzuarbeiten gezwungen ist. Das Zentrum wird
schon aus taktischen Gründen nicht sofort mit der Türe ins Haus
fallen und etwa sofort die Frage Simultanschule oder Konfessions-
schule stellen. Aber wenn einmal der neue Schulgesetzentwurs
kommt und wenn der Kampf um das Reicksschulgesetz ausgefochten
werden muß, dann werden wir uns aus eine zähe Gegnerschaft
gefaßt machen müssen. Ob dann alle nickt zentrümstch-kle-

Eine Einigung zwischen der großen und
kleinen Entente in der ungarischen Frage.
WTB. Prag, 2. Nov. Am Sonntag abend legte der Vertre-
ter der Entente dem Ministerpräsidenten Jenesch das Ergebnis
der Verhandlungen der Botschafterkonserenz bett, den Standpunkt
der kleine» Entente zu den Ereignissen in Ungarn vor. Den Stan-
den der kleinen Entente wird mitgeteilt, die Botschafterkonserenz
erkenne den Standpunkt der kleinen Entente in dem Sinne an,
daß die Thronentsagung auf die ganze habsburgische Dynastie
mrszudehnen sei, und Latz Exkönig Karl aus Ungarn auszuweisen
len der kleinen Entente Wird mitgeteilt, die Botschafterkonserenz
stellt weiter fest, daß der Vertrag von Trianon auf jeden Fall
durchgeführt werde. Der dritte Punkt der Forderungen wird von
den verbündeten Mächten gleichfalls voll anerkannt. Die verbün-
deten Mächte sind auch damit einverstanden, daß die Staaten der
kleinen Entente gemäß den Bestimmungen des Friedensvcrtrages
an der Entwaffnungsaktion Mitwirken. Die Form dieser Mit-
arbeit wird genau nach dem Wortlaut der Vorschriften des Frie-
densvertrages von Trianon geregelt werden. Die Verbündeten
Mächte sind der Meinung, daß unter diesen Umständen kein Grund
zu einer militärischen Aktion vorhanden sei und verlangen, daß
sich die Staaten der Meinung der Botschafterkonferenz anschlietzen
und danach ihr weiteres Vorgehen einrichten.
Me tscheHoslowalische Regierung stellt im Einvernehmen mit
der jugoslawischen und der rumänischen Regierung fest, daß es
notwendig sei, diese Verhandlungen im Interesse -er Wahrung
des Friedens noch zu Ende führen und namentlich gegen das
weitere Vorgehen der ungarischen Regierung und -er ungarischen
gesetzgebenden Körperschaften Vorkehrungen zu treffen, damit die
endgiltige Regelung dieser schwierigen Frage nicht hinausgezö-
gert werde. Es bleibe abzuwartcn, wie Ungar« die Anordnungen
der Botschafterkonserenz durchführen wjrd. Danach werde das
.weitere Verhalten eingerichtet. Die Verhandlungen über einige
Fragenwerden demnächst fortgesetzt; es kann aber erklärt werden,
daß im Prinzip ein grundsätzliches Einvernehmen in allen wirk-
lich wichtigen Fragen besteht und daß das weitere Vorgehen der
kleinen Entente vollkommen im Einklang mit den Dispositionen
der Verbündeten Mächte stehen wird. Die tschechoslowakische Re-
gierung wird dis Entwicklung der wetteren Ereignisse aufs wach-
samste verfolgen und alles tun, damit der Frieden gewahrt werde
und Ungarn alle Verpflichtungen bestimmt leistet.
Ern TMisch-italienisches Abkommen.
Rom, 2. Nov. „Messagero" teilt mit, die Unterzeichnung des
italienisch-russischen Abkommens stehe unmittelbar bevor. Es be-
stehe aus zehn Artikeln, welche im einzelnen besagen:
1. Beide Regierungen schließen ein vorläufiges Abkommen
betreffend Erleichterung der Wiederaufnahme der Handelsbeziehun-
gen und verpflichten sich aller feindlichen Handlungen an den Gren-
zen und aller Propaganda im Innern der beiden Länder zu ent-
halten.
2. Die in Rußland lebenden Italiener können zurückkehren.
3. Beide Regierungen verpflichten sich ferner, von jeder Art
der Blockade Abstand zu nehmen und andere der Wiederaufnahme
der Handelsbeziehungen im Wege stehende Hemmnisse zu beseitigen.
Den italienischen und russischen Schissen Wird in den Häfen beider
Länder dieselbe Begünstigung zuteil, wie den Handelsschiffen an-
derer Länder. Die auf Grund des Abkommens mit Rußland zu-
gelassenen Personen dürfen alle Waren aussührsn mit Ausnahme
des Alkohols.
4. Die amtlichen Vertreter beider Länder würden das Recht
haben, mit den Regierungen frei zu Verkehren.
Das Abkommen soll sofort in Kraft treten.

rikalen Parteien und Gruppen restlos hinter uns stehen? Wir
sind in dieser Beziehung sehr skeptisch geworden nach all den
Schwankungen, welche in solchen Fragen die Demokraten des
alten Landtags durchgemacht haben. Das „Heidelberger
Tageblatt" hat geglaubt, von der Sozialdemokratie ein klares
Bekenntnis zur Simultanschule verlangen zu müssen. Die
Sozialdemokratie hat das nicht mehr nötig, da sie ihre Stellung-
nahme zu dieser Frage im alten Landtag wiederholt präzisiert hat.
Immer wieder hat sie erklärt, daß sie zwar prinzipiell aus dem
Boden der weltlichen Schule stehe — was nicht mit.gottloser
und religionsloser Schule zu identifizieren ist! —, daß sie aber,
so wie die Dinge in Baden liege«, gar nicht daran denkt, diese
weltliche Schule zu verlangen, sondern daß ihr die Simultanschule
mit den Gewissensficherungcn, welche die neue Verfassung Lehrern
und Schülern, bzw. Erziehungsberechtigten gewährt, durchaus ge-
nügt, daß sie aber gewillt ist, diese Gemeinschaftsschule als Grund-
voraussetzung der Einheitsschule mit alle« Mittel« zu verteidigen.
Wir möchten nur wünschen, daß das Zentrum seine Machtstellung
im Interesse der ruhigen Wiederausbauarbeit an Volk und Vater-
land nicht zu einem Kulturkampf, den auch wir stets abgelehnt
haben, mißbrauchen wird. Sollte er aber kommen, dann werden
wir ihn nicht scheuem

Politische Ueberficht
Rücktritt der preußischen Regierung.
Berlin,», Nov. Die demokratische Fraktion des preußische»
Landtags hat heute 3 Uhr nachmittags dem Ministerpräsidenten
Gtegerwald folgenden Beschluß übermittelt:
„Nach der veränderten politischen Lage erscheint uns die
Zweiparteien-Regierung nicht mehr haltbar. Die bisherige«
Versuche, zu einer Verbreiterung der Regterungsgrundlage zu
gelangen, müssen wir als gescheitert betrachten. Um freie
Bahn zur Bildung einer Regierung zu schassen,
treten unsere Minister aus der jetzigen Regierung aus."
Auf Grund dieser Nachricht hat Ministerpräsident Stegerwali
«ms 4 Uhr nachmittags das preußische Kabinett versammelt. Dieses
hat einstimmig den Rücktritt des Kabinetts beschlossen. Eine
Erklärung der Regierung wird noch im Lause der Nacht ausge-
geben werden.
Zur Neubildung des preußischen Kabinetts.
Berlin, 2. Nov. Wie wir aus parlamentarischen Kreisen er^
fahren, soll zunächst ein U eb erg an gs kab in ett der drei
Parteien, der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Demokra-
ten gebildet werden. Dazu sollen zwei Beamtenminister treten,
die später durch Mitglieder der Deutschen Volkspartei Ersetzt wer-
den sollen. Maßgebend für den Beschluß der Demokraten, ihr?
Minister zurückzuziehen, war der Wunsch, die Bildung eines Kabi-
netts der großen Koalition rascher vorwärts zu bringen.
Die Vorgeschichte des Rücktritts.
Berlin, 2. Nov. Der „Berliner Lokalanzeiger" be-
richtet: Fast täglich hatten bis in die letzten Tage hinein im
Landtage interfraktionelle Besprechungen zwischen den Führern
der deutschen Volkspartei, des Zentrums und der Mehrheits-
sozialisten stattgefunden, die die Schaffung der breiten Basis zum
Ziele hatten. In den letzten Sitzungen waren die Parteiführer
ohne Stegerwald und Leinert zusammen, und es schien,
als sei die breite Koalition in Preußen zu erreichen. Die Mehr-
heitssozialisten, in den letzten Sitzungen durch Siering, Lim-
bertz und Bartels vertreten, nahmen in der letzten Sitzung
am Donnerstag eine veränderte Haltung ein. Schon Mitte der
vorigen Woche harten sie an die anderen Verhandlungsparteien
eine Art Ultimatum gestellt: Wenn nicht in zwei Tagen ein Ka-
binett mit ihrer Beteiligung auf die Beine gebracht würde, zögen
sie sich zurück. Diese Haltung der Mehrheitssozialdemokraten ver-
schärfte sich im Lause des gestrigen und des vorgestrigen Tages.
Sowohl am Montag Nachmittag wie auch gestern Vormittag er-
klärten ihre Führer den demokratischen Führern: Würde das
Kabinett nicht sofort umgebildet, und die Mehrheitssozialdemo-
kratie in wichtige Stellungen innerhalb der Regierung ausgenom-
men, so würden sie gegen das Kabinett und die parlamentarischen
Verhandlungen Obstruktion machen.

Sine neue Note der Entente.
Paris, 1. Nov. Dem deutschen Botschafter in Paris wurde
gestern folgende Note der Botschafterkonserenz übermittelt: Die
Aufmerksamkeit der Botschafterkonserenz ist aus die Gefahren hin-
gelenkt worden, die der Eintritt landfremder Personen
nach Oberschlesien sür die Aufrechterhaltung der Ordnung in die-
sem Lande haben könnte. Die Konferenz ist überzeugt, daß die
Ruhe, die augenblicklich im Abstimmungsgebiet herrscht und deren
Fortdauer von so großem Wert ist, nicht gestört werden wird, wenn
keine von außen hereingetragene Aufreizung die Bevölkerung dazu
trevt, von ihrer Haltung abzugehen. Die Botschafterkonserenz
glaubt, daß es die Pflicht Ihrer Regierung ist, aus ihrem Gebiet
und ganz besonders in jenen Teilen, die an das Abstimmungs-
gebiet angrenzen, sür eine ständige Ueberwachung zu sorgen und
das Eindringen von Elementen nach Oberschlesien zu verhindern,
die die Ruhe stören könnten. Unter diesen Umständen würde die
Botschafterkonserenz Ihre Regierung als in hohem Matze verant-
wortlich betrachten, wenn Unruhen in Oberschlesien von Leuten,
die aus dem deutschen Gebiete kommen, gefördert würden. Im
Namen der Botschafterkonferenz habe ich die Ehre, Sie zu Litten,
Vorstehendes zur Kenntnis Ihrer Regierung zu bringen. Geneh-
migen Sie usw. Unterschrift.
Rotterdam, 1. Nov. Wie die „TiMe s" aus Paris mel-
det, hat der Botschaftsrat die Besatzungsdauer der alliierten Trup-
pen im oberschlesischen Abstimmungsgebiet bis zum 31. Januar
verlängert, und zwar aus Ersuchen der polnischen Regierung.
Das Reichsgesetz über die religiöse
KindererziehuNg.
Von Stadtrat Heinrich Seliger.
Nach der Reichsversassung haben Männer und Frästen grund-
sätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten, insbe-
sondere auch in der Ehe. Der erst durch die Revolution zur Aner-
kennung gebrachte Grundsatz der Gleichberechtigung der beiden
Geschlechter mutz nun allmählich die gesamte Gesetzgebung durch-
dringen, die bis vor kurzem in den meisten Beziehungen die
männlichen Vorrechte gewahrt hat. Einen Schritt vorwärts auf
diesem Weae bedeutet das Reicksaeketz vom 15 llb-L-dtL
 
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