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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0079

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SIEBENTES KAPITEL.

ÜBER

i

DIE FLÄCH EN VERZIERUNG EN IM ALLGEMEINEN. *)

In §. 32 sind drei verschiedene Verzierungsarten auf Flächen angegeben.

a) Für horizontale Flächen, welche links wie rechts laufen müssen, wie Fig. i5, 16, 17, Tab!. XIII,
(wie auch die Friesverzierungen Fig. 1 — 7, Tab. XV). Fig. i5, Tab. XIII, und Fig. 2, 3, 4, Tab. XV
sind Pflanzenverzierungen §. 5. Fig. 16, Tab. XIII, bezeichnet aus dem Thierreich eine symbolische Vorstel-
lung der Zeit §. 24. Diese Verzierung geht zwar nicht nach dem Hauptgeseiz, links wie rechts, allein sie
bildet eine Kreisform um den Rand einer antiken Sonnenuhr, wo sodann die bildliche Vorstellung den
Cyklus der Monate des Jahrs sehr schon und passend als Wechsel der Zeit ausdrückt.

Dahin gehören auch die allegorischen, mythologischen und historischen Vorstellungen in (Th. Hj.
i.Heft) Tab.V, Fig. 24, Tab. VI. Fig. 35, 37 etc. etc. Tab. VII, Fig. 46, 47 etc. etc. Tab.Vlll, Fig. 61
etc. etc., besonders aber die Schale, Fig. 77, mit dem Streit der Centauren und Lapiden. Fig. 17, Tab. XIII
und Fig. 5 — 7, Tab. XV, sind Verzierungen aus dem Pflanzen-und Thierreich gemischt §.5. (Arabesken),
die entweder als ergötzliches Spiel der Phantasie erscheinen, oder auch manchmal eine höhere symboli-
sche Redeutung annehmen. Pflanzen und Steine werden hier gewissermassen in das Menschliche hinüber
gebildet.

b) Fig. 18, Tab. XIII, und Fig. 4 und 5, Tab. XIX, sind perpendikuläre Verzierungen, die sich links
und rechts, in aulsteigender Gestalt in symmetrischer Ordnung über einander erheben5 sie sind ebenfalls
aus dem Pflanzen- und Thierreich zusammengesetzt, und können als Muster gemahlter Arabesken angese-
hen werden. Eben so sind auch die Verzierungen ganzer Flächen Fig. 1 und 6, Tab. XIX, als perpen-
dikuläre anzusehen. **) Fig. 6, Tab. XIX, welche aus den Rädern des Titus genommen, kann beson-

*) Um die Gesetze dieser verschiedenen Verzierungsarten anschaulich zu erkennen, möchte dienlich seyn, auf die in der»
vorhergehenden Heft gezeichneten Urnen, Vasen etc, etc. einen Rückblick zu werfen, indem dort eine jede Verzierungs-
art auf eine sehr gefällige und maasgebende Weise angegeben ist.

*•) In dergleichen Arabesken hat sich Raphaels heiterer Geist besonders in seinen Logen und Tapeten mit sichtbarer Liebe
ausgesprochen. So hat er z. B. auf einzelnen Pilastern das ganze menschliche Leben vorgestellt, in den Parzen und an-
muthigen Knaben, von denen einige der ersten Parze den Spinnrocken halten, andere um die zweite, während sie den Fa-
den aufrollt, auf Blumen tanzen; die dritte Vorstellung zeigt die Parze, wie sie, aus der Thüre tretend, den Faden de»
Lebens abschneidet.
 
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