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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0108

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ERSTES KAPITEL.

ÜEBER

DIE EINTHEILUNG DER SPULEN UND BENENNUNG

IHRER THEILE IM GANZEN.

Bekanntlich kann das Holz in jeder horizontalen inclinirenden und perpendikularen Richtung bei Gebäuden
gebraucht werden , der Stein aber grösstenteils nur in perpendikularer und gewölbartiger Lage. Das Holz
ist darum für jede Art Gebäude viel bequemer und tauglicher als der Stein, darum scheint es auch, dassdie
Griechen den Holzbau als Vorbild bei dem Steinbau vorzüglich annahmen. Da das Holz durch Luft und
Wasser zerstört wird, so setzten sie es da, wo es diesen Elementen ausgesetzt und vermöge der Construction
angewendet werden musste , künstlich von Stein fort, wodurch denn das Ganze den übereinstimmenden
Charakter der Holzconstruktion erhielt, und alle Disharmonie vermieden wurde, welche sonst bei der
Zusammensetzung solcher verschiedenen Materien, wie Holz und Stein, entstanden wäre. Die Säulenordnungen
sind auf diese Weise von dem Holzbau abstrahirt worden, der überhaupt manches schöne Verhältniss für
die Architektur hergab.

Da sich die Bauarten

1) in eine einfache und starke,

2) in eine etwas reichhaltigere und minder starke, und

3) in eine ganz reichhaltige von eleganter Form eintheilen lassen , so bedienten sich die Griechen auch nur
cler dorischen, als der stärksten und einfachsten, der jonischen, als der etwas verzierteren und der corinthischen,
als der reichsten Ordnung. Die Römer, welche in der Hauptsache die griechische Bauart beibehielten, setzten
zu diesen Ordnungen erst später eine toskanische unter die dorische, und eine römische über die corinthische,
welche sich jedoch auch nach jenen Begeln bemessen lassen und daher als kleine Abweichungen *) oder
vielmehr als architektonische Freiheiten zu betrachten sind.

Da die sogenannte toskanische Säulenordnung der Neuern vorzüglich nur darin von der dorischen abweicht,

*) In einer 1809 in der Cottaischen Buchhandlung in Tübingen erschienenen Schrift über die -wesentlichen Theile der Säulen Ordnungen
etc. habe ich schon mehrere solcher architektonischer Abweichungen angegeben.
 
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