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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0110

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ZWEITES KAPITEL.

VON DEN SPULEN-VERHÄLTNISSEN.*)

iE Tab. XXII. Fig. 1—6 anzeigen, so nahmen wahrscheinlich die Griechen und nach ihnen auch die
Römer, wie schon bemerkt, die untere Säulendicke als Maasstab für die übrigen Theile der Säulen-
Ordnungen an , und theilien dieselbe in zwei Theile , wovon sie dann für die gehörigen Verhältnisse des'
Ganzen einen solchen Theil als maasgebende Einheit annahmen {siehe Vitruv : 5.s Buch. 9/ Cap); die neueren
Baumeister theilten sodann diesen halben Diameter in zwölf bis achtzehn und oft auch in noch mehrere
Theile oder Partes. **) Hiernächst gaben die alten Baumeister dem dorischen Säulenstamme 5—7 Fig. 1
und 2 , dem jonischen 7—9 Fig. 3 und 4 , dem corinthischen 9—11 Fig. 5 und 6 solcher Diameterhöhen,
dem Hauplgesims als dem Architrav a , Fries h , und Deckelgesims c, einem jeden einen, oder allen
dreien zusammen drei solcher Theile, wie solches Fig. 1—6 Tab. XXII angibt.

Desgleichen erhielt auch der Sockel oder Fuss (Piedestal) des Hauses, wenn das Gebäude einen erhalten
sollte , zwei, drei und noch mehrere solcher Diameterhöhen ; übrigens hängt die Höhe des Sockels oder
Fusses hauptsächlich von der Localität oder von der Würde des Gebäudes selbst ab , nachdem sich solches
mehr oder weniger vor andern erhöhen oder auszeichnen soll.

Bei jeder Absicht auf Proportionirung des Hauptgesimses ist jedoch besonders zu bemerken, dass bei
vielen alten Monumenten für die Theile des Hauptgesimses auch oft nur die obere Säulendicke als Höhe ,
oder auch nur die kleine Quadratgrösse, welche sich innerhalb des Cirkels in die untere oder obere runde
Säulenfläche hineinzeichnen lässt , angenommen war , wodurch sich dann ergibt , dass, wenn man die Säule
als einen runden Baumstamm betrachtet, für Architrav , Fries und Deckelgesims die gleichen Baumstämme
viereckig bearbeitet, zu diesen Theilen verwendet werden konnten.

•) Ich verfolge hier zuerst das Wesentlichste der Säulenordnungen, nämlich den Säulenstamm anzugehen, indem der Säulenstuhl,
nach meinem Dafürhalten , nur bedingungsweise zur Säule zu rechnen ist.

*°) Damit durch eine solche Eintheilung eines zweiten Maasstabs , welcher neben dem landüblichen gebraucht werden soll , bei der
Ausführung eines Hauses nicht ein Versehen entstehe, habe ich schon Seite ij des 2.n Heftes dieses Tbeils über die Verhältnisse
architektonischer Glieder das Nöthige bemerkt, und ich will hier bloss wiederholen, dass man für die Säulenordnungen eben so gut
das landübliche Maas, wo der Schuh als Einheit dient und in 10 oder 12 Zoll, der Zoll in 10 oder 12 Linien und dann wieder
in Scrupel u. s. w. getheilt ist, brauchen könne. v
 
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