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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0115

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DIE

In dem 2." Hefte dieses Theils über die architektonischen Verzierungen ist schon Seite 32 über die Verzie-
rung der Säulenstämme im Allgemeinen und besonders über die verschiedenen Cannelirungen bemerkt wor-
den , dass man bei den Alten zum Theil 20 bis 24 Cannelirungen um die Peripherie der Säulenoberfläche
antreffe , und dass diese, wie die Grundrisse von Fig. 7' 8' und 9' Tab. XXII zeigen, entweder spitz wie
Fig. 7' unmittelbar an einander hängen oder auch wie Fig. 8' durch einen schmalen Streifen , welcher nach
der obern Rundung der Säule gebildet ist, von einander getrennt sind. Die erste Cannelirung, welche vor-
züglich der dorischen, die zweite aber der jonischen und corinthischen Säule angehört, sind gewöhnlich
nach der obern Cannelirungsbreite ein Viertel tief und unten in gleicher Tiefe ausgearbeitet, damit sie sich
gegen oben durch Licht und Schatten besser ausnehmen (s. Fig. 72 ). Bei der andern Cannelirung, welche,
wie schon gesagt, vorzüglich in der jonischen und corinthischen Säulenordnung angewendet wird , ist die
obere Cannelirung so viel weniger , als die Rundung der Säule auf eine Cannelirungsbreite Biegung aus-
macht , halbcirkelförmig , und sodann unten in der gleichen obern Tiefe ausgehöhlt , wie solches beide
Cannelirungsarten Fig. f und 82 anzeigen. Hatte der Säulenstamm keinen Säulenfuss , so Hessen die Alten
die Cannelirungen bis unten auf den Sockel oder die Basis gehen , wie Fig. 7. Oben bei dem Capitäl endig-
ten sie dieselben oft auf gleiche Art , oder auch etwas von dem Capitäl entfernt, in der gleichen
Cirkelform ihrer Tiefe , wie bei a und c Fig. 8 und 9 zu sehen.

Die jonische und corintliische Cannelirung mit Rippen , welche gewöhnlich ein Viertel der Cannelirungs-
breite haben , endigten sich entweder unten gerade, wie in Fig. 8bh , oder auch unten wie oben , wie bei
Fig. gne in einem Halbcirkel. Die ganz sonderbare Cannelirung, wie sie bei Piranesi in seiner 31agnificenza
e d'Architettura de Roinani und in andern Werken mehr zu sehen, übergehe ich, als Ausartung des guten
Geschmacks , und bemerke nur noch , dass man auch Säulen findet, welche nur zwei Drittel von oben
cannelirt sind , was jedoch nicht nachzuahmen ist, weil hierdurch der Säulenstamm in zwei Theile getheilt
und dadurch unansehnlich wird. Geschieht es , dass etwa das untere Drittel wegen der Beschaffenheit des
Steins und der Passage nicht wohl cannelirt werden kann , so ist es besser, sie ganz wegzulassen.

III. 5.' Heft. 5

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