Betracht zu ziehen wäre. Wohl mag Vitruv der Erste seyn, der, in seinem für uns classischen Werke, den
Säulcnordnungen zu abschliessend huldigte ; aber ihm konnte schwerlich einfallen, seine Ansicht für jeden
Himmel , jedes Bedürfniss und jede Construction als bindende Norm aufzustellen.
Erwägt man das Wesentliche der Baukunst , und sieht nicht blos auf die Oberfläche oder das Gewand
derselben, so erscheint es sogar als Irrthum, wenn wir einem Volke, wie z: B. den Aegyptiern, Griechen,
Römern, Byzantinern und Gothen, ausser ihrem Geschmack, eine besondere Bauart in technischer Hinsicht
zuschreiben, oder von ihren Gebäuden besondere Gesetze desshalb abstrahiren wollen, da sie in den Haupt-
Principien des Bauens mit den unserigen übereinstimmten, indem sie, wie wir, einen von verschiedenen Materialien
nach statisch - artistischen Gesetzen zusammengesetzten conventionellen, ihren Bedürfnissen in allen Theilen
entsprechenden, Bauraum zu erhalten suchten. Die abweichenden Gestalten ihrer noch vorhandenen Bauwerke
sind darum grösstenteils nur von Sitten, Klima, Material und andern conventionellen Umstanden herzuleiten.
Wie die Aegyptier und Gothen den Steinbau in allen Theilen ihrer Gebäude auszudrücken suchten, und nur
darin von einander abweichen, dass die Gothen ihren Bedürfnissraum gegen Regen und Schnee schützen mussten,
während die Aegyptier, deren Klima keine solcher Rücksichten gebot, denselben aus grossen Massen formten
und dabei ihren Gebäuden den eigenthümlichen Charakter der Unzerstörbarkeit ertheilten, so suchten Griechen
und Römer das Bild der innern Holzconstruction auf der Oberfläche ihrer Bauwerke, gleichfalls als Rechen-
schaft einer wohlgeordneten, sichern , anschaulichen und soliden Verbindung anzudeuten.
In so fern nun diese oder jene Gebäude ihren eigenthümlichen Charakter in Uebereinstimmung mit ihrem
Zweck ausdrücken, sind sie vollkommen , in der Hauptsache aber , in der Kunst zu bauen , immer nach
einem Grundprincip ihrer Structur nach zu beurtheilen.
In technischer Hinsicht baute der Indianer gar nicht, sondern bildete nur und suchte sich seine Häuser und
Tempel aus grossen Felsen auszuarbeiten, brachte nur Raum in schon vorhandene Massen und entfernte das
Ueberflüssige; dahingegen die Aegyptier, Griechen, Gothen u. s. w. ihre Gebäude aus portativen Materialien,
Stein , Holz u. s. w. nach den Gesetzen der Schwere, nach der innern Beschaffenheit der Materialien und in
Uebereinstimmung mit ihrem Klima und ihren Bedürfnissen zusammensetzten.
Für die Vervollkommnung dieser Bauarten mögen inzwischen die Indianer an Aushöhlung ihrer Steine und
Grotten, so wie die Aegyptier und Gothen an ihrem Steinbau und die Griechen und Römer an Verbindung ihrer
Stein- und Holzconstruction lange versucht haben, bevor sie das ganze Geheimniss und den bestimmten Charakter
des Stein- und Holzbaues systematisch zu ordnen verstanden ; wie solcher noch in den vorzüglichsten Werken,
die aus den besten Zeiten von jenen Völkern auf uns gekommen , zu entnehmen ist. Vergleicht man die
beiden Steinbauarten der Architektur, in Hinsicht ihrer ganz verschiedenen Entstehung, wovon die eine, schon
Säulcnordnungen zu abschliessend huldigte ; aber ihm konnte schwerlich einfallen, seine Ansicht für jeden
Himmel , jedes Bedürfniss und jede Construction als bindende Norm aufzustellen.
Erwägt man das Wesentliche der Baukunst , und sieht nicht blos auf die Oberfläche oder das Gewand
derselben, so erscheint es sogar als Irrthum, wenn wir einem Volke, wie z: B. den Aegyptiern, Griechen,
Römern, Byzantinern und Gothen, ausser ihrem Geschmack, eine besondere Bauart in technischer Hinsicht
zuschreiben, oder von ihren Gebäuden besondere Gesetze desshalb abstrahiren wollen, da sie in den Haupt-
Principien des Bauens mit den unserigen übereinstimmten, indem sie, wie wir, einen von verschiedenen Materialien
nach statisch - artistischen Gesetzen zusammengesetzten conventionellen, ihren Bedürfnissen in allen Theilen
entsprechenden, Bauraum zu erhalten suchten. Die abweichenden Gestalten ihrer noch vorhandenen Bauwerke
sind darum grösstenteils nur von Sitten, Klima, Material und andern conventionellen Umstanden herzuleiten.
Wie die Aegyptier und Gothen den Steinbau in allen Theilen ihrer Gebäude auszudrücken suchten, und nur
darin von einander abweichen, dass die Gothen ihren Bedürfnissraum gegen Regen und Schnee schützen mussten,
während die Aegyptier, deren Klima keine solcher Rücksichten gebot, denselben aus grossen Massen formten
und dabei ihren Gebäuden den eigenthümlichen Charakter der Unzerstörbarkeit ertheilten, so suchten Griechen
und Römer das Bild der innern Holzconstruction auf der Oberfläche ihrer Bauwerke, gleichfalls als Rechen-
schaft einer wohlgeordneten, sichern , anschaulichen und soliden Verbindung anzudeuten.
In so fern nun diese oder jene Gebäude ihren eigenthümlichen Charakter in Uebereinstimmung mit ihrem
Zweck ausdrücken, sind sie vollkommen , in der Hauptsache aber , in der Kunst zu bauen , immer nach
einem Grundprincip ihrer Structur nach zu beurtheilen.
In technischer Hinsicht baute der Indianer gar nicht, sondern bildete nur und suchte sich seine Häuser und
Tempel aus grossen Felsen auszuarbeiten, brachte nur Raum in schon vorhandene Massen und entfernte das
Ueberflüssige; dahingegen die Aegyptier, Griechen, Gothen u. s. w. ihre Gebäude aus portativen Materialien,
Stein , Holz u. s. w. nach den Gesetzen der Schwere, nach der innern Beschaffenheit der Materialien und in
Uebereinstimmung mit ihrem Klima und ihren Bedürfnissen zusammensetzten.
Für die Vervollkommnung dieser Bauarten mögen inzwischen die Indianer an Aushöhlung ihrer Steine und
Grotten, so wie die Aegyptier und Gothen an ihrem Steinbau und die Griechen und Römer an Verbindung ihrer
Stein- und Holzconstruction lange versucht haben, bevor sie das ganze Geheimniss und den bestimmten Charakter
des Stein- und Holzbaues systematisch zu ordnen verstanden ; wie solcher noch in den vorzüglichsten Werken,
die aus den besten Zeiten von jenen Völkern auf uns gekommen , zu entnehmen ist. Vergleicht man die
beiden Steinbauarten der Architektur, in Hinsicht ihrer ganz verschiedenen Entstehung, wovon die eine, schon