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Weinbrenner, Friedrich
Architektonisches Lehrbuch (Band 3): Über die höhere Baukunst — Tübingen, 1819

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https://doi.org/10.11588/diglit.6994#0159

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In so fern die Thüre breit wird , ist dieses Verhältniss wohl anwendbar, allein im Allgemeinen scheint es
mir unvollkommen und jenes Verhältniss von den Säulenproportionen weit zweckmässiger für die Abtragung
der Stärke der Thüren- und Fensteröffnung zu seyn, in so fern dem Thoren- und Fenstersturz keine
grössere Last wegen einer allzubreiten Oeffnung dadurch gegeben wird, und der Sturz zur Oeffhungshöhe
wie die Arehitravlänge zur Säulenhöhe in den Ordnungen proporlionirt bleibt.

Ueber Form und Verzierung dieser Einfassung ist jedoch zu bemerken , dass

1) die Begrenzungssteine des Fensters , wie Fig. 17 zusammengestellt und wie Fig. 18 gleich einem Rah-
men rings herum gleichförmig mit Gliedern verziert werden können, oder dass die Fensterbank a , wie bei
Fig. 19 dicker seyn kann, und zwar eben so viel als die Säule unten dicker ist, als oben, damit die Gewände
b b und der Sturz c auf derselben wie auf einer Basis ruhen. Im ersten Fall , wo die Fenstereinfassung
einen vollkommenen Rahmen bildet , soll jedoch die Höhe der Fenster nicht viel mehr als die
Breite betragen. Im zweiten Fall müssen Gewände und Sturz nach obiger Angabe, die Fensterbänke
jedoch für sich , wie in Fig 20 a mit Gliedern verziert werden , wenn sie nicht etwa, wie bei Fig. ig,
glatt bleiben sollen.

Da die äussere Ecke c Fig. 20, wo die Gewände auf der Bank sitzen und bei b der Sturz auf dem Ge-
wände ruht, leicht wegspringt, so Hessen die Alten, wie z. B. an dem Sybillentempel in Tivoli, Bank und
Sturz etwas Weniges um die Gewände hervorspringen und gliederten sodann nach obiger Vorschrift die
Fensterbank und den Sturz nach den äussern Conturen, wodurch eine schöne Mannich faltigkeit entsteht. Diese
Verzierung weicht von der in Fig. 19 gezeigten in so fern ab, dass solche einer hölzernen Bekleidung gleicht ,
welche nach der Gehrung n n zusammen gefügt ist, da hingegen die von Fig. 20 die Conturen natürlich f ür die
Form des Fensters zusammengelegter Steine nach der Linie b d andeutet. In dem XVII. und XVIII. Jährhundert
haben mehrere Baumeister diese einfache und natürliche Verzierung bei steinernen Einfassungen nicht immer
verstanden , indem sie dieselbe oft, wie bei y oder gar wie bei z angegeben ist , auf den Ecken der Bank
und dem Sturz verunstalteten. Da bei Thüren und Fenstern die Gewänder und der Sturz den Dienst
wie die Architrave in den Säulenordnungen zu leisten haben , so erhalten sie auch nach ihnen die gleichen
Glieder, und zwar mit der Berücksichtigung, dass wenn das Gebäude den Charakter der dorischen Ord-
nung erhält, so werden die Gewänder /und der Sturz einfach, wie die Prohlirungen Fig. i3 und ily
Tab. XXXVII, wenn das Gebäude den jonischen Charakter bezeichnen soll, so erhalten sie die Gestalt
wie Fig. i5 oder 16 und bei dem corinthischen wie Fig. 17 oder 18, so wie die Form jener Architrave
selbst. Die Fensterbank, in so fern sie nicht wie bei Fig. 18 Tab. XXXVI als Fensterrahmen beabsichtiget
werden soll, igt bei Fenstern, wie Fig. 19 Tab. XXXVI, glatt zu lassen, oder, wie Fig. 20 a,
mit Gliedern zu verzieren 5 im Grund muss aber das Gewände, wie in Fig. 20' , auf die Bank zu
stehen kommen.
 
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