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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 1/2
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Witte, Fritz: Unsere Aufgaben: Ein offenes Wort über die kirchliche Kunst an Klerus und Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0025

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1913. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1/2.

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sogleich der Begriff des absolut Überirdischen,
des Unendlichen, der unendlich hehren Auf-
gabe also auch des Altares, so läuft die Forde-
rung auch nebenher: Höchste Steigerung
aller Kunstmöglichkeiten zur Ausstattung.
Ein schlechter, unverständiger Pfarrer ist der,
welcher dem Altarbau nicht sein erstes und
ganzes Interesse
zuwendet. Er
sollte, bevor er
an die Beant-
wortung seiner
Altarfrage heran-
tritt, den bedeut-
samen Schritt
wohl erwägen,
den er zu tun
gedenkt, sollte,
wo immer er
kann, forschen
und suchen und
fragen, wo er tief-
gründigen Auf-
schluß bekommt
über die hehre
Bedeutung des
Altares, was auf
dem Altar ge-
schehen soll,
welche Bedeu-
tung er hat als
Gottes Opfer-
stätte für ihn,den
Priester selbst,
wie für seine
Gemeinde. Der
Brennpunkt der
Schönheit sollte
der Altar sein,
wie er der Brenn-
punkt des Glau-
bens ist, in der
Domkirche wie
im schlichten
Dorf kirchlein. Es
mutet uns wie ein Märchen an, was wir im
Papstbuche und in der Geschichte der Mero-
winger lesen über die Altarbauten. Hunderte
Pfund edlen Goldes und Silbers, tausend Edel-
steine und kostbare Webereien umkleideten
den Altartisch, ein aus Silber oder gar aus mit
Goldblech verkleidetem Holz hergestellter
Baldachin wölbt sich über dem Tische, ,,es

Abb. 10. Madonna von Alex Iven, Köln

funkeln die Kelche von edlem Gestein und
vom Golde, es ragen die Türme (Tabernakel),
die Kronen glänzen und es leuchten die
Kandelaber; über diesem allem funkelt, mit
Edelsteinen übersät, das goldene Kreuz, das
hoch oben am Triumphbogen hängt;" so
berichtet die Vita des Desiderius in der Ge-
schichte der Me-
rowinger. Welche
Feierstimmung
muß eine solche
Kirche erfüllt
haben, wenn das
Licht der tau-
send Flammen
stillbrennender
Kerzen mit den
Edelsteinen und
dem Glänze des
Goldes spielte
und die heilige
Handlung vor
sich ging am
Altartische ,
der als Nach-
bildung dessel-
ben Tisches
galt, auf dem
Christus erst-
mals den Apo-
steln seinen hl.
Leib und sein
Blut als Speise
reichte! Ein Ge-
fühl der schlimm-
sten Ernüchte-
rung beschleicht
uns, wenn wir
uns aus dem
Banne lösen, der
sich um uns ge-
legt hat bei der
Rekonstruktion
eines frühmittel-
alterlichen Altar-
dienstes, und hineintreten in unsere
Kirchen. Gehen wir von einer zur anderen,
eine erdrückende Menge von schablonen-
haften Wiederholungen tritt uns entgegen.
Und doch wäre der eine Gedanke: ,,A 11 a r"
machtvoll und inhaltreich und packend
genug, um unsere Künstler jede neue Auf-
gabe auch in neuer Form lösen zu lassen.
 
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