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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 6
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Habicht, Victor Curt: Eine Miniatur vom Meister der Georgslegende (?)
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0095

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Abhandlungen.

Eine Miniatur vom Meister der
Georgslegende. (?)

(Mit Abbildung, Tafel IV.)

(ie Miniatur befindet sich auf
einem 27,4 cm hohen und
17,9') cm breiten Pergament-
blatt, das aus dem Besitze
des Senators Culemann, den
zahlreiche Beziehungen mit Köln verbanden,
stammt und jetzt im Kupferstichkabinett
des Kestnermuseums zu Hannover aufbe-
wahrt wird. Die Darstellung, wie der Text
der Vorderseite des Blattes lassen mit Recht
darauf schließen, daß wir es bei ihm mit
dem Titelblatte zu einem Buche zu tun
haben. Die Rückseite enthält von späterer
Hand — vermutlich aus dem XVII. Jahrh.
— ein Inhaltsverzeichnis des Codex, aus
dem hervorgeht, daß es sich um ein Brevier
gehandelt hat. Abgesehen von der Mög-
lichkeit des Schlusses auf den Charakter
des Buches ist dieser spätere Eintrag zu
bedauern, da die Schriftzüge der Rückseite
auf dem dünnen Pergamentblatte durch-
scheinen und dadurch die Wirkung der
Miniatur etwas beeinträchtigen.

Durch die über der Miniatur angebrachte
Inschrift sind wir über den Stifter der Hand-
schrift, wie auch einigermaßen zuverlässig
über die Entstehungszeit derselben unter-
richtet. Die Inschrift selbst lautet: ,,Hunc
librum fecit conscribi suis experitus pie memotie
venerabilis quondam Dominus magister henri-
cus de Bemel de Xanlis Sanclae theologiae
Professor, Canonicus et scholasticus huius eccle-
siae . . . Quique anno Domini millesimo qua-
dringentesimo quivquagesimo quarto die XI. Sep-
tem bris obiit." Es ergibt sich aus diesen
Tatsachen eine Reihe wichtiger Anhalts-
punkte. Zunächst für die chronologische
Einreihung der Miniatur wphl als der wich-
tigste der, daß die Miniatur vor dem Tode

') Die Maße sind vielleicht geeignet, den Verbleib
des ehemaligen, vermutlich mit einer Reihe weiterer
Miniaturen geschmückten Codex festzustellen, den
man gewiß bereits beachtet hätte, wenn er noch mit
dem Titelblatte und der Inschrift versehen einen so
zuverlässigen Anhalt für seine Datierung darböte.

Bemels2) angefertigt wurde. Die Abfassung
der Inschrift läßt ja keinen Zweifel darüber,
daß sie später zu ehrendem Gedächtnisse
des Stifters und zur bleibenden Erinnerung
an seine Spende aufgesetzt wurde. Durch
den präzisierten Ausdruck scholasticus huius
ecclesiae lassen sich aber noch weitere, die
Entstehungszeit enger umgrenzende Schlüsse
ziehen, zum mindesten aber ein terminus
post quem gewinnen. Scholasticus, und zwar
von S. Andreae, ist Bemel von dem Jahre
1436 ab gewesen. Für die Kirche S. Andreae,
und zwar in den Jahren 1436 - 1454, dem
Todesjahre Bemels, muß demnach der Codex
hergestellt sein. Die individualistische Wieder-
gabe des mit einem — doch wohl mit seinem
gestifteten — Buche3) in den Händen Dar-
gestellten läßt überdies keinen Zweifel, daß
der Miniaturist nach dem Leben selbst ge-
arbeitet hat.

Gehen wir von hier aus gleich zu einer
Würdigung der Miniatur selbst über, so ist
zunächst zu bemerken, daß der Künstler
Wasserfarben verwandt und nur zur Bele-
bung einige Lichter in Pastellfarben aufge-
setzt hat. Namentlich mit den letzteren
hat er außerordentliche Feinheiten erzielt,
wie man sie in der Zeit sonst nicht zu finden
gewöhnt ist. So hat er das in einem braun-
roten Tone gemalte Gesicht neben dem un-
gewöhnlich scharf beobachteten und durch
feine schwarze Schatten gegebenen Falten-
spiele dadurch belebt, daß er die Nase und
die Wangen mit ganz leichtem Auftrage
von weiß und rot mit Pastellfarben gehöht
hat. Haare und Augen sind schwarz. Die
ersteren sind in eigentümlich strichelnder
Manier wiedergeben. Bei letzteren fällt die
prononzierte Betonung des Augapfels mit
scharfen weißen Lichtern sehr auf. Die
Gewandung besteht aus einem schwarz-
grauen Untergewande, einem gleichfalls
schwarzen Gürtel mit goldenen Knöpfen.
Der Kragen ist gelblichrot, der Mantel weiß-

2) Einige Nachrichten über den Stifter Henricus
de Bemel finden sich in H. Keussen: »Die Ma-
trikel der Universität Köln« 1389—1559. Bonn 1882,
p. 70.

3) Selbst der naturalistisch wiedergegebene Einband
könnte mit dazu dienen den Codex zu eruieren.


 
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