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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0108

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187

1913. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.

188

zeichnet: Kulturzustände politischer und kirchlicher
Natur, Landesbeschaffenheit und vorhandernes Material
usf. In einem umfangreicheren Abschnitte wird die
Konstruktion der Gebäude wiederum aufgeteilt in ihre
Einzelheiten und diese gesondert behandelt. Das
bringt einige langatmige Wiederholungen mit sich, die
bei Zusammenziehung mehrerer Details sich ohne
Schaden hätten vermeiden lassen. Zumal eine Kon-
fundierung von immerhin nebensächlicheren Dingen,
wie Fenstern usf. mit der Architektur unmittelbar, ist
nicht ratsam, empfiehlt sich vielmehr für die reine
Denkmälerinventarisation. Allerdings ist das Buch in
diese Kategorie zu bringen, aber es holt so weit aus
und erstrebt eine Abrundung und Vollständigkeit so
sehr an, daß man es als eine Inventarisatiün als solche
nicht mehr ansprechen mag. Interessant und durch
seine Resultate bedeutsam ist vornehmlich ein Kapitel
über befestigte Kirchen, von denen ganz vereinzelt
bereits früher in Handbüchern die Rede war. Die
Kirchen der Gironde geben mancherlei Rätsel auf, und
bisweilen will es scheinen, als seien ihre Baumeister
400 Jahre zurückgewesen, streng romanische Turm-
anlagen aus dem XVI. und XVII. Jahrh. treten vor
uns, nicht einfachhin in ein romanisches Gewand ge-
kleidet, sondern vielmehr aus einem beispiellosen Kon-
servatismus heraus urecht romanisch empfunden. Der
Verfasser bringt zum Schluß die charakterischen Eigen-
arten der einzelnen Bauten in Parallele und sucht aus
den Kongruenzen heraus mehrere Lokalschulen und
Gruppen zu formieren, indem er zunächst die bislang
vielfach behauptete Zusammengehörigkeit seines Unter-
suchungsgebietes mit der Schule von Poitou in Abrede
gestellt hat. Die Zuteilung zu den Einzelgruppen
scheint mir bisweilen auf Grund unbedeutender Eigen-
arten zu erfolgen. Für die deutsche Architektur-
geschichte spielen die Kirchen der Gironde keine be-
sondere Rolle.

Die fleißige und das Thema scheinbar völlig er-
schöpfende Arbeit verdient die Beachtung der Architektur-
forschung. Witte.

Handbuch der Kunstwissenschaft. Heraus-
gegeben von Dr. Fritz Burger, unter Mitwirkung
von Curtius (Erlangen), Herrn. Egger (Graz), Hart-
mann (Straßburgl, Herzfeld (Berlin), G. Leidinger
(München), Neuwirth (Wien), Pinder (Darmstadt),
H. W. Singer (Dresden), Graf Vitzthum v. Eckstädt
(Kiel), M. Wackernagel (Leipzig), Arth. Weese
(Bern), Willich (München), O. Wulff (Berlin). Mit
ca. 2000 Abbildungen. Lief. 1 -7. Preis ä 1,50 M.
Dieses ausschließlich von Fachgelehrten heraus-
gegebene Handbuch läßt in seiner Ausstattung alle bislang
erschienenen weit hinter sich zurück und verspricht ein
mustergültiges Kompendium der Kunstgeschichte zu
werden. Sowohl die Farbentafeln wie die übrigen
Abbildungen stehen auf der höchsten Stufe der Vollen-
dung und sind mit ganz seltener Sorgfalt ausgewählt
und dem Texte angepaßt. Was dieses Handbuch vor
anderen auszerchnet und besonders wertvoll macht, das
ist die Art der Behandlung, die den Kunstobjekten
zuteil wird. Ohne aufdringlich zu werden und in
ästhetisierende Floskeln zu verfallen, treten die Bearbeiter
als Kunstgenießer und Kunstlehrer an die Objekte
heran und ermöglichen dem Leser durch geschickte
Nebeneinanderstellung von Kunstwerken gleichen In-

haltes ein Herauslesen des Gewollten, ein Verstehen
der seelichen Verfassung des Künstlers. Durchweg
ist die Art und Weise eine sehr geschickte. Kurze,
klare Einleitungen bereiten für die einzelnen Epochen
dazu den Boden durch Zeichnung eines scharf um.
rissenen Kulturbildes, das den Malgrund abgibt für
die Kunstgeschichte der jeweiligen Zeit.

Sieben Lieferungen liegen mir vor. Burger be-
handelt die deutsche Malerei vom ausgehenden Mittel-
alter bis zum Ende der Renaissance. Die Form ist
eine fließende, anziehende. Die Einführung in das
Verständnis der Kunst des XVI. Jahrh. geschieht un-
gemein glücklich, wenn auch hier und da etwas zu
stark philosophisch eingekleidet und darum für manche
Leser eines Handbuches etwas umständlich und müh-
sam. Einzelne Abschnitte sind sogar vorbildlich für
eine restlose Erklärung künstlerischer Produkte. O. Wulff
behandelt die altchristliche und byzantinische Kunst.
Daß er als der unbestritten beste Kenner der Periode
hier zu Worte kommt, ist besonders freudig zu be-
grüßen. Seine unlängst im Repertorium für Kunst-
wissenschaft erschienenen Abhandlungen geben bereits
ein Bild von seinem umfassenden Wissen, seiner ab-
solut erschöpfenden Literaturkenntnis, und — was
gerade hier von durchschlagender Bedeutung ist — von
seinem feinfühligen Takt in der Behandlung von Fragen,
die leicht zwei oder mehr Parteien aufrufen. Das darf
hier bei aller Qualität des neuen Handbuches nicht ver-
schwiegen werden: Während Wulff wie selbstverständ-
lich etwa möglichen Schwierigkeiten aus dem Wege
zu gehen und jedwedem Empfinden durch sachliche
Objektivität gerecht.zu werden weiß, rechnet Burger
augenscheinlich nur mit den Lesern, die nicht der
„Reaktion", soll heißen dem „Katholizimus" anhängen.
Oder verstehe ich folgenden Satz bei ihm (S. 24) falsch:
„Luther hat sich mit: Zwingli nicht über eine einigende
Formel verständigen und zu einem Defensivbündnis
gegenüber der besser organisierten romanischen (!)
Kirche entschließen können und so ist Deutschland der
Reaktion anheimgefallen, die es um die Früchte seiner
Taten beinahe ganz gebracht hat". Ich kann aus dem
Zusammenhang des Textes die Notwendigkeit dieser
religionsgeschichtlichen Spintisiererei gar nicht ersehen.

Übrigens wird auch Wulff mit seinem Satze (S. 6)
weniger Zustimmung finden: „Der Glaube einer mit
griechischen Proselyten vermischten, früh zerstreuten
Sekte des entnationalisierten Judentums der Diaspora,
— nichts mehr ist das Christentum der ersten beiden
Generationen". Das Bild der Veneranda bei Wulff
S. 86 befindet sich nicht in Pietro e Marcellino,
sondern in Domitilla. Es wäre wirklich schade, wollte
das neue Handbuch sich in katholischen Abnehmer-
kreisen von vorneherein das Wasser unn ö tig abgraben.
Man muß dem Unternehmen, was Methodik, Form,
Ausstattung und wissenschaftliche Qualität angeht,
weiteste Unterstützung und Absatz erbitten.

Witt e.

Jugendpflege und Heimatschutz. Ein Beitrag
zur Förderung ihrer gemeinsamen Aufgaben von
Prof. Dr. jur. F. W. Bredt. Schwann in Düssel-
dorf. Pr. 1 M.
Dem um die Inventarisation der Kunstdenkmäler
des Niederrheins durch die verschiedenen Beschreibungen
hochverdienten, sehr rührigen Verfasser sind Denkmal-
 
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