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Zeitschrift für christliche Kunst — 26.1913

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Heft 9/10
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Witte, Fritz: Von unserer Paramentik einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4358#0156

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1913. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9/10.

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nähme von Seidenfäden hergestellt werden
kann.

Das Mittelalter hat auch Seidenstoffe
zum Schmuck der Albe verwertet, aber nicht
in der Weise, daß es den Seidenschmuck
bordürenartig, wie wir es heute belieben,
a n die Albe, sondern in quadratischer oder
rechteckiger Form auf die Albe setzte als
sogenannte Parura (Abb.
5). Der Wiedereinfüh-
rung dieses wirkungs-
vollen Schmuckes ist
an dieser Stelle vielfach
das Wort geredet worden,
leider mit wenig nach-
haltigem Erfolg, und
doch würde die zur Farbe
des Meßgewandes pas-
sende Parure die Wir-
kung haben, daß in der
ganzen Kleidung des
Priesters von Kopf bis
zu Füßen eine einheit-
liche Farbenstimmung
läge. Das frühe Mittel-
alter legte auf die Aus-
schmückung der Albe
größten Wert, das be-
weisen die vielgestaltigen
Ausstattungsarten, in-
dem die vertikal lau-
fenden Nähte, der Hals-
ausschnitt, und selbst,
wie Abb. 5 a zeigt, die
Brust- und Schulter-
partie oft mit reichen
Stickereien versehen
wurden.

Vorläufig werden wir
uns in den meisten
Fällen mit einer Kreuz-
stichstickerei auf Kane-
vas oder Leinen, sowie mit Leinendurchbruch-
arbeiten und kräftigen nicht zu breiten
Leinenspitzen bescheiden müssen. Die viel-
fach übliche Seidenstickerei auf Leinen-
grund, die naturalistische Ranken sowie
kompliziert verschlungene Inschriftbänder in
magerer Zeichnung ewig wiederholt, ist wegen
ihrer Wirkungslosigkeit und materialwidrigen
Verfassung durchaus zu verwerfen. Für die
Herstellung von Kreuzsticharbeiten bieten die
alten Schätze und die trefflichen Muster-

bücher des XVI. Jahrh. reichste Anhalts-
punkte; eine fertige Stickerin, die nicht
gerade ideenarm ist, wird hier auch leicht
Neues komponieren unter stetiger Berück-
sichtigung klarer Wirkung und gleichmäßiger
Raumfüllung. Auch die derbere, heute so be-
liebte „Bulgarenstickerei" würde brauchbare
Winke in Menge für den Albenschmuck geben.

Abb.

12. Kasel des XVIII. Jahrh. (Gegenbeispiel.)

Die größte Bedeutung messen wir dem
vornehmsten kirchlichen Kleidungsstücke,
dem Meßgewande bei. Gerade hier kann man
die Benennung Gewand nie genügend
unterstreichen. Mag man nun streiten über
die oft recht willkürlich benannten Kasel-
formen in romanischem, in gotischem usw.
Schnitt, erste Forderung ist und bleibt die:
Die Kasel ist ein Meß k 1 e i d und nichts
anderes. Damit fallen alle die Formen, die
diese Aufgabe nicht erfüllen, sei es infolge
 
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